Die Märkte warten auf den EZB-Zinsentscheid
05. Dezember 2002 Der Dax hat sich am Mittwoch vermutlich in Vorfreude auf eine EZB-Zinssenkung in erstaunlich robuster Verfassung präsentiert. Auch am Donnerstag wird das Geschehen von der am frühen Machmittag erwarteten Zinsentscheidung geprägt werden. Händlerangaben zufolge wird die Kursreaktion darauf wichtige Hinweise dafür liefern, welche Richtung die Märkte bis Jahresende nehmen werden. Ansonsten warten die Marktteilnehmer auf neue Ergebnisse von ThyssenKrupp und von Siemens.
Renten profitieren von Zinshoffnung
Als Stütze für den Rentenmarkt erwies sich zuletzt die Hoffnung auf eine EZB-Zinsentscheidung. Ähnlich wie am Aktienmarkt glauben Marktteilnehmer auch hier, aus der Reaktion auf die tatsächliche Entscheidung wichtige Erkenntnisse auf die mittelfristige Kursrichtung ableiten zu können. Es werde spannend sein zu beobachten, ob es nach Bekanntgabe der Entscheidung zu Gewinnmitnahmen kommen wird oder nicht.
Euro wieder knapp unter der Parität
Der Euro notiert nach einem zaghaften Ausbruchsversuch am Mittwoch am Donnerstagmorgen wieder knapp unterhalb der Parität: Gegen 7.25 Uhr kostet ein Euro 0,9992 Dollar nach 1,0002 Dollar am Mittwochabend in New York. Zum Yen notiert die US-Währung mit 125,16 Yen nach 124,64 Yen und baut damit ihre Gewinne weiter aus. Entscheidend für die Tagestendenz im Verhältnis Euro/Dollar wird die Aufnahme des EZB-Zinsentscheids sein. Der Yen wird kurzfristig weiter unter Druck gesehen, zumal auch die japanische Regierung keinen Hehl aus ihrer Vorliebe für einen schwachen Yen macht.
Börse Japan schließt schwächer
Der Tokioter Aktienmarkt hat am Donnerstag schwächer geschlossen. Der 225 Werte umfassende Nikkei-Index verlor 1,0 Prozent auf 8.917 Yen. Der breiter gefasste Topix-Index gab um 0,9 Prozent auf 867 Zähler nach. Der Markt habe sich an den Minuszeichen an der Wall Street orientiert und sei zudem durch die Unklarheit über die weitere Wirtschaftspolitik der Regierung verunsichert.
Aktien Hongkong mittags knapp behauptet
Mit knapp behaupteter Tendenz zeigt sich der Aktienmarkt in Hongkong am Donnerstagmittag (Ortszeit). Der Hang-Seng-Index gibt in der ersten Sitzungshälfte um 0,1 Prozent auf 9.987 Punkte nach. Händler sprechen von einer “lethargischen“ Sitzung. Die Verkäufe hielten sich aber in Grenzen, da der Markt noch von der Hoffnung auf einen guten Intel-Bericht zehre. Unter den einzelnen Branchen zeigen sich insbesondere Immobilienwerte befestigt.
Neuigkeiten und Kursbewegungen nach US-Börsenschluss
Nach der Schlussglocke zeigten sich die Notierungen am Mittwoch insgesamt wenig verändert. Der Nasdaq-100 After Hours Indicator gewann 0,13 Prozent auf 1.070,85 Punkte.Im Mittelpunkt des nachbörslichen Handels am Mittwoch standen die Aktien von IBM. Der Titel verbesserte sich um 0,5 Prozent auf 84,15 Dollar, nachdem den regulären Handel mit einem Minus von 2,0 Prozent beendet hatte. Das Unternehmen teilte nach Sitzungsende mit, dass es den US-Pensionsplan noch in diesem Jahr vollständig wiederherstellen wolle. Dies geschehe unter der Annahme, dass der Kapitalmarkt bis zum Jahresende nicht weiter fallen wird. Es bestehe zwar ein Fehlbetrag von 3,0 Milliarden Dollar zwischen dem eingeplanten Betrag und den Verpflichtungen, dies werde aber nicht die weiteren Schätzungen beeinflussen.
Die Aktien von Duke Energy zeigten sich nachbörslich ebenfalls mit einem Plus, nachdem das Unternehmen eine Restrukturierung des Energie-Bereichs angekündigt hatte. Die Aktien erhöhten sich um ein Prozent auf 19,93 Dollar. Einen Kurssprung auf Island ICN von 13 Prozent auf 12,24 Dollar verzeichneten die Titel von Millenium Pharmaceuticals. Hintergrund war die Meldung, dass der derzeitige Finanzvorstand das Unternehmen verlassen wird. Pacific Health Systems profitierten von der nachbörslichen Bestätigung ihres Ausblicks für 2002 und stiegen um ein Prozent auf 29,63 Dollar.
Trübe Prognosen und Herabstufungen belasten US-Börsen
Die trübe Geschäftsprognose des Computerherstellers Hewlett-Packard (HP) und pessimistische Analysteneinschätzungen haben vor allem die Technologiewerte an den US-Börsen am Mittwoch belastet. Das Interesse der Investoren an Industrie- und Konsumaktien habe die Standardwerte vor größeren Verlusten bewahrt, sagten Händler.
Der Dow-Jones-Index schloss mit Minus 0,06 wenig verändert auf rund 8.738,85 Punkten, der Nasdaq-Index sank stärker um 1,3 Prozent auf 1.430,35 Zähler. Der S&P-500-Index gab 0,35 Prozent auf 917,58 Punkte nach.
„Die Anleger orientieren sich immer noch am Ausblick und sehen noch keine Belebung der Investitionen, also verhalten sie sich konservativ", sagte Keith Janecek von Legg Mason Wood Walker. Stephen Kolano, Händler bei Mellon Growth Advisors in Boston, fügte hinzu: „Die Nachrichten vom Vortag von Hewlett-Packard und AOL haben Sorgen geweckt, dass der Technologie- und Telekomsektor nicht auf so soliden Füßen steht wie erwartet. Die Anleger kehren zu den Blue Chips zurück.“
Die Aktien von Hewlett-Packard gaben rund 4,5 Prozent auf 18,37 Dollar nach. HP-Chefin Carly Fiorina hatte am Vortag gesagt, sie werde die Geschäftsprognosen des Unternehmens wegen der unsicheren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht anheben. Die Aktien des weltgrößten Medienkonzerns AOL Time Warner verloren 2,6 Prozent auf 13,84 Dollar und waren der umsatzstärkste Wert an der New York Stock Exchange. Die Investmentbank Morgan Stanley hatte ihre Bewertung der Aktien des Konzerns auf „equal weight“ von „overweight“ gesenkt.
Belastend für die Standardwerte seien nach Händlerangaben auch die Kursverluste der Titel des Unterhaltungskonzerns Walt Disney, die gut 4,6 Prozent auf 17,68 Dollar einbüßten. Wegen des unerwartet schwachen Kinostarts der 140-Millionen-Dollar-Produktion „Treasure Planet“ hatte der Konzern die Ergebnisse für das abgelaufene Geschäftsjahr 2001/2002 nachträglich nach unten korrigiert. Außerdem hatte das Unternehmen am Vortag nach US-Börsenschluss bekannt gegeben, dass die US-Börsenaufsicht SEC Untersuchungen im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit des Walt-Disney-Boards anstelle.
Bei den Technologiewerten hätten einige negative Analysteneinschätzungen die Kurse belastet, sagten Händler. Die Deutsche Bank hatte ihre Bewertung einiger Chipaktien auf „sell“ von „hold“ gesenkt. Darunter waren auch die Aktien von Analog Devices, die rund 6,5 Prozent auf 27,64 Dollar fielen sowie die Titel der National Semiconductor, die rund 8,8 Prozent auf 17,50 Dollar einbrachen.
Die Investmentbank Morgan Stanley senkte ihrerseits unter anderem ihre Einschätzung für die Chipbranche und für Chipausrüster auf „in-line“ von „attractive". Die Titel des weltgrößten Chipherstellers Intel verloren rund 2,9 Prozent auf 19,73 Dollar. Die Titel des Chipausrüsters Applied Materials gaben rund 5,4 Prozent auf 15,11 Dollar nach.
US-Anleihen schließen trotz positivem ISM-Index fester
Mit einer festeren Tendenz haben sich die US-Anleihen am Mittwoch im späten Geschäft gezeigt. Zehnjährige Papiere mit einem Kupon von 4,0 Prozent stiegen um 14/32 auf 98-24/32. Die Rendite fiel von 4,203 auf 4,153 Prozent. Der Longbond mit einer Zinsausstattung von 5,375 Prozent verbesserte sich um 19/32 auf 105-18/32. Die Rendite fiel von 5,030 Prozent auf 5,004 Prozent. Trotz des deutlich besser als erwartet ausgefallenen ISM-Index Nicht-Verarbeitendes Gewerbe und der Erholung der Aktienmärkte im späten Handel konnten die Anleihen ihre Aufschläge verteidigen. Teilnehmer machten dafür vor allem technische Käufe verantwortlich. Insgesamt sei der Handel allerdings ruhig verlaufen, fügte ein Beobachter hinzu.
Der ISM-Index ist überraschend stark auf 57,4 gestiegen. Analysten hatten im Durchschnitt einen Stand von 53,8 erwartet, nachdem der Index im Vormonat noch bei 53,1 gelegen hatte. Auch hätte sich das Short-Covering vom Vortag fortgesetzt. Insgeamt sei der Anleihemarkt derzeit etwas richtungslos und orientiere sich ausschließlich an Konjunkturdaten und der Entwicklung an den Aktienmärkten, hieß es weiter.
Quellen: FAZ.NET, vwd, dpa, AP, AFP, Bloomberg, Reuters.
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Text: @la