Christian Wüthrich
Redaktion emagazine
Wetten, dass wetten Zukunft hat?
05.092005
Im Vorfeld der Fussball-WM in Deutschland tut sich auf dem Wettmarkt einiges. Man bereitet sich auf eine europaweite Liberalisierung vor und hofft von der Grossveranstaltung Schwung fürs künftige Geschäft mitnehmen zu können. Glaubt man den Prognosen, so wird bald gewettet was das Zeug hält. Es lohnt sich, ein spezielles Augenmerk auf die börsenkotierten Wettanbieter zu richten.
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Internetbasierte Firmen aus dem Umfeld der sogenannten "New Economy" waren bis anfangs 2001 die Highflyer an den internationalen Börsen. Die Träume sind jäh geplatzt und die Anleger wurden sehr bescheiden im Umgang mit solchen Titeln. Soweit kennt man die Geschichte.
Heute, wenige Jahre später, erwartet man keine so grossen Zuwachsraten mehr, Zurückhaltung dominiert den Anlagemarkt. Aber trotzdem gibt es sie, die Aktienperlen mit beachtlichem Potential. Die Hoffnungsträger etwa heissen Fluxx und Betandwin.com (beide Start-ups), sowie Unibet und William Hill (beide etabliert). Allesamt sind sie Sportwettanbieter in einem aufstrebenden Marktumfeld, wie Thomas Rauch, Analyst der Credit Suisse, in seiner Studie erläutert.
Australien ist am Liberalsten
Zum grossen Wachstumsantreiber, so wird erwartet, soll im kommenden Jahr die Fussball-WM in Deutschland werden. Denn "Wetten wird zum Volkssport", wie Rauch schreibt. So öffne die Fussball-WM 2006 der Spiel- und Wettbranche eine ideale Plattform zur weiteren Expansion im Bereich Sportwetten. Dass auf diesem Gebiet noch vieles brach liegt, zeigt der folgende Vergleich. Während in Australiens liberalem Wettmarkt Wettausgaben in der Höhe von zwei Prozent des Bruttosozialprodukts getätigt werden, kommt der US-Markt auf 0,7 Prozent und der bisher noch stark regulierte europäische Markt auf lediglich 0,5 Prozent. Natürlich gilt es auch gesellschaftliche und kulturelle Eigenheiten der Länder zu berücksichtigen. So sind die angelsächsischen Nationen traditionell viel stärker mit dem Wetten verbunden als etwa Deutschland, Frankreich oder die Schweiz. Aber trotzdem kann in den genannten Ländern ein erhebliches Wettpotenzial ausgemacht werden.
Von "reich werden" und "Recht haben"
Im cyberdominierten Zeitalter des Computers werden heute nur mickrige vier Prozent der getätigten Wetteinsätze über die Online-Plattformen abgewickelt. Dazu kommt, dass die Branche in Europa noch immer stark reguliert wird. Das lässt schnell erkennen, was für ein Potenzial in diesem Markt liegt. Denn in absehbarer Zeit soll auf europäischer Ebene die Gesetzgebung bezüglich Sportwetten angeglichen und liberalisiert werden. Als besonders interessanter Markt gilt Deutschland. Ähnlich wie in Österreich und der Schweiz geben die Leute ihr Geld vor allem fürs Lotto aus, wenn sie Glücksspielen frönen. Dahinter steckt die Motivation "reich zu werden", erläutert Rauch. Ganz im Unterschied zum Sportwetten, wo die Grundmotivation "Recht haben" die Menschen animiere mitzuspielen.
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Werden die neuen Märkte mitspielen?
Die Vereinigung "Global Betting and Gambling Consultants" (GBGC) erwartet für dieses Jahr einen Zuwachs im Online-Gambling-Markt von 27 Prozent. Auch in den Jahren 2006 und 2007 wird mit einem Wachstum von 21 und 19 Prozent gerechnet. Solches Marktpotenzial lässt auch die Börse nicht kalt: Die Wertschriften von Fluxx schossen seit Jahresbeginn ums Dreifache, diejenigen von Betandwin.com ums Vierfache nach oben. Auch im operativen Geschäft sind die Weichen auf Expansion gestellt für den österreichischen Online-Wettanbieter Betandwin.com. Rechtzeitig zur Fussball-WM im nächsten Jahr wird man auch die Märkte in Spanien, der Türkei und Polen aufgebaut haben. Gleichzeitig soll die Zusammenarbeit mit TV-Stationen abgeklärt werden, wie Thomas Rauch weiss. Hinter einem Online-Wettportal steht aber viel IT-Aufwand. Über 100 Informatiker und Techniker bei Betandwin.com zeugen von einer hohen Komplexität des Geschäftsmodells. Daraus lässt sich schliessen, dass es für mögliche Nachahmer äusserst schwer wird, überhaupt in diesen Markt eingreifen zu können. Dabei sind die Österreicher selber noch Newcomer im Geschäft. Während man im ersten Geschäftsjahr vor fünf Jahren Einnahmen von 17 Millionen Euro ausweisen konnte, schnellte diese Zahl bis 2004 auf 856 Millionen hoch. Dreiviertel davon spült der Sportwetten-Sektor in die Kassen.
Auch mit "Recht haben" kann man reich werden
Die besten Aussichten werden den beiden "Recht haben"-Vermarktern Unibet und Fluxx zugeschrieben. Während Unibet auch ein reiner Online-Anbieter ist und in Skandinavien ein sehr gutes Image pflegt, gehört Fluxx zu den traditionellen Anbietern. Die deutsche Firma ist vor allem Vertriebs- und Dienstleistungspartner der staatlichen Lotteriebetreiber, will aber sein eigenes Netz mit Terminals in Tankstellen, Fotoshops und Supermärkten weiter ausbauen. Alles wird davon abhängen, ob sich die Leute auf neue Geldspiel-Einsätze einzulassen bereit sind. Wetten, dass man noch einiges von dieser Branche hören wird?