KGB-Pille gegen den Suff
Es gibt sie schon lange, die «Pille für den Mann», erfunden vom sowjetischen Geheimdienst KGB. Zwar schützt das Mittel nicht vor Nachwuchs - dafür vor dem Brummschädel am Morgen danach. Denn wer die richtige Dosis vor und während des Konsums von Spirituosen schluckt, dem kann der Alkohol nichts anhaben. Entwickelt wurde die Pille im Kalten Krieg. Ausser Agenten hatte nur noch die Nomenklatura Zugriff auf die «obkomowskaja tabletka», die Tablette für das regionale Parteikomitee, wie sie auch scherzhaft genannt wurde. Denn die Genossen waren meist die grössten Schluckspechte.
Inzwischen wird das Mittel als «Antipochmelin» (Gegenkater) in Einkaufszentren und Apotheken vertrieben. Es verkauft sich gut, findet aber keinen reissenden Absatz. Der durchschnittliche Russe hält nicht viel von Prophylaxe und Nüchternheit. Für ihn gehört der Kopf- und Weltschmerz nach einem anständigen Gelage einfach dazu. Ausserdem sagt er sich: Nach dem Gelage ist vor dem Gelage, und greift zu einem kalten Bier gegen den brummenden Schädel. Riesenerfolg hat Antipochmelin in den USA, wo es vor einem Monat unter dem Kürzel RU-21 auf den Markt kam.
Selbstversuche ergaben: Beachtet man die Mengenangaben penibel, lässt sich jede Herausforderung meistern. Mit einer Tablette ist es aber nicht getan, und das ist lästig. Auf 100 ml harten Drink oder einen Viertelliter Bier/ Wein sind ein bis zwei Pillen zu schlucken. Das vergisst man schon mal. Gleichzeitig stellt sich ein Gefühl unbeschreiblicher Nüchternheit ein, das geradezu kühn dazu verleitet, nüchtern Dinge auszusprechen, vor denen man sich angeheitert sonst noch in acht nimmt. Auf die Verarbeitung im Traum wirkt das Mittel verdichtend. Unglaubliche Szenen spielen sich da ab. Innerlich zerschlagen steht man morgens vor dem Spiegel und wundert sich: Woher stammt dieser phantastische Teint? - von der Nebenwirkung des Präparats. Klaus-Helge Donath, Moskau
so 'long' tinti