10 Mai 2001, 17:47
ROUNDUP: EZB senkt Leitzinsen - Stütze für Weltkonjunktur - positives Echo
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) stützt mit einer überraschenden Senkung der Zinsen die gebremste Weltkonjunktur. Der EZB-Rat nahm am Donnerstag in Frankfurt alle drei Leitzinsen um 0,25 Punkte zurück. Es war die erste Zinssenkung seit mehr als zwei Jahren. Der wichtigste Leitzins liegt jetzt bei 4,50 Prozent. Damit folgten EZB-Präsident Wim Duisenberg und seine Mannschaft der US-Notenbank, die wegen des schwindenden Wachstumstempos in der Weltwirtschaft bereits vier Mal in diesem Jahr ihre Zinsen heruntergeschraubt hatte. Die abwartende Geldpolitik der EZB war vehement kritisiert worden. Forderungen nach einer Lockerung - etwa vom Internationalen Währungsfonds (IWF) - hatte die EZB-Spitze mit dem Hinweis auf "anhaltende Inflationsgefahren" abgelehnt. KURSGEWINNE AUF BEIDEN SEITEN DES ATLANTIKS Die Finanzmärkte dies- und jenseits des Atlantiks reagierten mit Kursgewinnen auf die EZB-Entscheidung. Die deutschen Kreditinstitute lobten den Zinsschritt als richtig und vorausschauend. Nach Einschätzung von EZB-Präsident Wim Duisenberg haben "mittelfristig nachlassende Risiken für die Preisstabilität" den nötigen Spielraum für die Zinsentscheidung freigemacht. "Das ist das angemessene Zinsniveau, um die Preisstabilität im Euro-Raum zu gewährleisten und das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren zu unterstützen", sagte der EZB-Präsident. Nach Einschätzung der Währungshüter wird sich die Inflationsrate in der Euro-Zone möglicherweise schon bis Herbst wieder auf die selbst gesteckte Warnschwelle von 2,0 Prozent zurückbewegen. Spätestens 2002 sei sogar mit einer noch niedrigeren Teuerung zu rechnen. AUCH DIE BANK OF ENGLAND SENKTE LEITZINS Auch die Bank von England senkte am Donnerstag den Leitzins um 0,25 Punkte auf 5,25 Prozent. Mit dieser dritten Ermäßigung in diesem Jahr reagierte sie auf die "Verschlechterung der Aussichten für die globale Wirtschaft". Der deutsche Aktienmarkt reagierte mit deutlichen Aufschlägen auf den EZB-Beschluss. Der Deutsche Aktienindex DAX kletterte bis zum frühen Abend auf rund 6200 Punkte. Dies entsprach einem Plus von 2,2 Prozent. Auch die Wall Street quittierte die Entscheidung mit Kursgewinnen. Der Dow-Jones-Index stieg gleich zu Beginn des Handels um rund ein Prozent auf fast 11 000 Punkte. Der Euro konnte dagegen nicht dauerhaft profitieren. Der Kurs der Gemeinschaftswährung kletterte gegen Mittag auf 0,8922 USD, fiel dann aber sofort wieder ab und notierte am frühen Abend wenig oberhalb der Marke von 0,88 USD. Die EZB hatte den Referenzkurs zuvor auf 0,8850 (Vortag: 0,8827) USD festgesetzt. EINHELLIGES LOB FÜR EZB AUS DER KREDITWIRTSCHAFT Einhelliges Lob erntete die EZB unterdessen aus der Kreditwirtschaft. Der Bundesverband deutscher Banken sprach wegen gedämpfter Inflationsgefahren von einer vorausschauenden Entscheidung, warnte aber auch vor zu großen Hoffnungen auf Impulse für die Konjunktur. Vor dem Hintergrund der sich abschwächenden Konjunktur habe die EZB zu Recht Spielräume genutzt, urteilte auch der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) sieht in der Zinsentscheidung dagegen einen "übereilten Vorschuss" auf einen schwächeren Preisauftrieb. Neben dem wichtigsten Satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte der Kreditwirtschaft mit der EZB nahmen die Währungshüter auch den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierung von 5,75 auf 5,50 Prozent zurück. Der Zins für kurzfristige Einlagen bei der EZB verringert sich von 3,75 auf 3,50 Prozent. Die US-Notenbank hat ihren wichtigsten Leitzins seit Jahresbeginn bereits in vier Schritten von 6,50 auf 4,50 Prozent zurückgeschraubt. Entscheidend für den zum gegenwärtigen Zeitpunkt unerwarteten Kurswechsel der EZB war nach den Worten Duisenbergs auch die positive Entwicklung der Geldmenge. Entgegen bisheriger Annahmen wachse diese schon heute "unterhalb" des maximalen EZB-Zielwertes von 4,5 Prozent. "Dies ist etwas Neues." Dämpfend auf die Verbraucherpreise wirke sich auch das abnehmende Prouktionswachstum auf dem Kontinent aus. Positiv wertet die EZB zudem die Zurückhaltung der Tarifparteien bei der Lohn- und Gehaltsentwicklung. Der starke Rückgang der Industrieproduktion im März in Deutschland habe die überraschende EZB-Zinsentscheidung nicht beeinflusst. "Wir schauen nur auf den gesamten Euro-Raum, nicht auf einzelne Länder", sagte Duisenberg. Er bekräftigte die positiven Konjunkturaussichten für Europa. Unsicherheiten berge aber die Entwicklung in den USA./DP/ar
Quelle: DPA
ROUNDUP: EZB senkt Leitzinsen - Stütze für Weltkonjunktur - positives Echo
FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) stützt mit einer überraschenden Senkung der Zinsen die gebremste Weltkonjunktur. Der EZB-Rat nahm am Donnerstag in Frankfurt alle drei Leitzinsen um 0,25 Punkte zurück. Es war die erste Zinssenkung seit mehr als zwei Jahren. Der wichtigste Leitzins liegt jetzt bei 4,50 Prozent. Damit folgten EZB-Präsident Wim Duisenberg und seine Mannschaft der US-Notenbank, die wegen des schwindenden Wachstumstempos in der Weltwirtschaft bereits vier Mal in diesem Jahr ihre Zinsen heruntergeschraubt hatte. Die abwartende Geldpolitik der EZB war vehement kritisiert worden. Forderungen nach einer Lockerung - etwa vom Internationalen Währungsfonds (IWF) - hatte die EZB-Spitze mit dem Hinweis auf "anhaltende Inflationsgefahren" abgelehnt. KURSGEWINNE AUF BEIDEN SEITEN DES ATLANTIKS Die Finanzmärkte dies- und jenseits des Atlantiks reagierten mit Kursgewinnen auf die EZB-Entscheidung. Die deutschen Kreditinstitute lobten den Zinsschritt als richtig und vorausschauend. Nach Einschätzung von EZB-Präsident Wim Duisenberg haben "mittelfristig nachlassende Risiken für die Preisstabilität" den nötigen Spielraum für die Zinsentscheidung freigemacht. "Das ist das angemessene Zinsniveau, um die Preisstabilität im Euro-Raum zu gewährleisten und das Wirtschaftswachstum in den kommenden Jahren zu unterstützen", sagte der EZB-Präsident. Nach Einschätzung der Währungshüter wird sich die Inflationsrate in der Euro-Zone möglicherweise schon bis Herbst wieder auf die selbst gesteckte Warnschwelle von 2,0 Prozent zurückbewegen. Spätestens 2002 sei sogar mit einer noch niedrigeren Teuerung zu rechnen. AUCH DIE BANK OF ENGLAND SENKTE LEITZINS Auch die Bank von England senkte am Donnerstag den Leitzins um 0,25 Punkte auf 5,25 Prozent. Mit dieser dritten Ermäßigung in diesem Jahr reagierte sie auf die "Verschlechterung der Aussichten für die globale Wirtschaft". Der deutsche Aktienmarkt reagierte mit deutlichen Aufschlägen auf den EZB-Beschluss. Der Deutsche Aktienindex DAX kletterte bis zum frühen Abend auf rund 6200 Punkte. Dies entsprach einem Plus von 2,2 Prozent. Auch die Wall Street quittierte die Entscheidung mit Kursgewinnen. Der Dow-Jones-Index stieg gleich zu Beginn des Handels um rund ein Prozent auf fast 11 000 Punkte. Der Euro konnte dagegen nicht dauerhaft profitieren. Der Kurs der Gemeinschaftswährung kletterte gegen Mittag auf 0,8922 USD, fiel dann aber sofort wieder ab und notierte am frühen Abend wenig oberhalb der Marke von 0,88 USD. Die EZB hatte den Referenzkurs zuvor auf 0,8850 (Vortag: 0,8827) USD festgesetzt. EINHELLIGES LOB FÜR EZB AUS DER KREDITWIRTSCHAFT Einhelliges Lob erntete die EZB unterdessen aus der Kreditwirtschaft. Der Bundesverband deutscher Banken sprach wegen gedämpfter Inflationsgefahren von einer vorausschauenden Entscheidung, warnte aber auch vor zu großen Hoffnungen auf Impulse für die Konjunktur. Vor dem Hintergrund der sich abschwächenden Konjunktur habe die EZB zu Recht Spielräume genutzt, urteilte auch der Bundesverband der Deutschen Volks- und Raiffeisenbanken. Der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) sieht in der Zinsentscheidung dagegen einen "übereilten Vorschuss" auf einen schwächeren Preisauftrieb. Neben dem wichtigsten Satz für die Hauptrefinanzierungsgeschäfte der Kreditwirtschaft mit der EZB nahmen die Währungshüter auch den Zinssatz für die Spitzenrefinanzierung von 5,75 auf 5,50 Prozent zurück. Der Zins für kurzfristige Einlagen bei der EZB verringert sich von 3,75 auf 3,50 Prozent. Die US-Notenbank hat ihren wichtigsten Leitzins seit Jahresbeginn bereits in vier Schritten von 6,50 auf 4,50 Prozent zurückgeschraubt. Entscheidend für den zum gegenwärtigen Zeitpunkt unerwarteten Kurswechsel der EZB war nach den Worten Duisenbergs auch die positive Entwicklung der Geldmenge. Entgegen bisheriger Annahmen wachse diese schon heute "unterhalb" des maximalen EZB-Zielwertes von 4,5 Prozent. "Dies ist etwas Neues." Dämpfend auf die Verbraucherpreise wirke sich auch das abnehmende Prouktionswachstum auf dem Kontinent aus. Positiv wertet die EZB zudem die Zurückhaltung der Tarifparteien bei der Lohn- und Gehaltsentwicklung. Der starke Rückgang der Industrieproduktion im März in Deutschland habe die überraschende EZB-Zinsentscheidung nicht beeinflusst. "Wir schauen nur auf den gesamten Euro-Raum, nicht auf einzelne Länder", sagte Duisenberg. Er bekräftigte die positiven Konjunkturaussichten für Europa. Unsicherheiten berge aber die Entwicklung in den USA./DP/ar
Quelle: DPA