Europas stärkste Wachstumswerte

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Europas stärkste Wachstumswerte

 
16.12.00 20:06
A K T I E N  


Europas stärkste Wachstumswerte  


Seit Wochen brechen die Kurse an den Neuen Märkten in Frankfurt, London und Paris ein. An Europas Hightech-Börsen findet eine gnadenlose Auslese statt. Jetzt zeigt sich, welche Unternehmen dauerhaft erfolgreich sein können. manager magazin nennt 15 aussichtsreiche Kandidaten.

Gut zwei Jahre lang galt Thomas Haffa als der Star des Neuen Marktes in Frankfurt: Vom Börsenstart Ende Oktober 1997 bis Ende Februar dieses Jahres legte die EM.TV-Aktie um sagenhafte 30.000 Prozent zu. Anleger machten aus 10.000 Euro drei Millionen; Haffa schuf den weltweit größten Lieferanten für Familien- und Kinderunterhaltung, verfügt über mehr Zeichentrickrechte als die US-Giganten Disney und Time Warner zusammen.  Heute betreibt der EM.TV-Chef Krisenmanagement: Seine Aktie verlor seit Anfang März deutlich über 60 Prozent ­ weit mehr als der Neue-Markt-Index Nemax 50. Anleger, die erst im Frühjahr 10.000 Euro in EM.TV-Papiere steckten, haben heute noch rund 3400 Euro. Nachdem ihm in der Halbjahresbilanz einige Positionen durcheinander geraten waren, verlor Shootingstar Haffa das Vertrauen von Fondsmanagern und Analysten.


Knapp zweieinhalb Jahre lang galt auch ARM-Gründer Robin Saxby als Held der Neuen Wirtschaft: Der Kurs des britischen Chipdesigners legte um 2300 Prozent zu; Anleger, die beim Börsenstart im April 1998 mit 10.000 Euro dabei waren, hatten im März fast eine Viertel Million Euro im Depot; über die Hälfte der weltweit ausgelieferten Handys wird heute mit Chipbausteinen ausgeliefert, die ARM konstruiert hat.

Im Unterschied zu dem von Haffa strahlt der Stern von Saxby allerdings noch heute: Trotz drastischer Einbrüche am britischen Techmark, dem Londoner Neuen Markt, notiert das ARM-Papier heute knapp ein Drittel unter den Rekordkursen; selbst wer Anfang März einstieg, hat heute noch immer 70 Prozent seines Einsatzes. Die Anleger glauben Saxby weiterhin, dass er sein Tempo durchhalten kann.

Viele alte Helden der europäischen New Economy mussten heftige Kurseinbrüche hinnehmen.
Die Neue Wirtschaft steht in Europa dennoch erst am Anfang. Experten prophezeien einzelnen Branchen hohe Zuwachsraten.

Ihre Strategie sollten Anleger deshalb auf ausgesuchte Telekom-Ausrüster, Internet-Spezialisten, und Biotech-Aktien ausrichten.

Was ist los an den europäischen Wachstumsbörsen? Seit einem guten halben Jahr gaben der Londoner Techmark und der Pariser Nouveau Marché gut ein Drittel ab, der Neue Markt in Frankfurt rauschte um 45 Prozent nach unten, und der Nuovo Mercato in Mailand büßte über 60 Prozent seines Werts ein.

Ist die Spekulationsblase vom Jahreswechsel, als sich die Notierungen der wichtigsten Hightech-Börsen innerhalb weniger Wochen mehr als verdoppelten, endgültig geplatzt? Oder sind die Kurse von heute Kaufgelegenheiten, weil die Wachstumsstars der vergangenen Jahre zu Unrecht abgestraft wurden?

Fest steht: Auf den europäischen Neuen Märkten findet derzeit eine gnadenlose Auslese statt. Jetzt kristallisiert sich heraus, welche Wachstumsunternehmen dauerhaft erfolgreich sein können. Denn trotz des Kurseinbruchs sind viele Aktien, gemessen an ihren tatsächlich erwirtschafteten Umsätzen und Gewinnen, immer noch extrem teuer. "Erreichen diese Unternehmen ihre hoch gesteckten Ziele nicht, werden die Kurse etlicher Aktien noch mal um 50 Prozent oder mehr fallen", ist sich Hendrik Leber, Chef der Frankfurter Vermögensverwaltung Acatis, sicher.

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Geniale Entwickler: Die von ARM konstruierten Chips sind hoch leistungsfähig und kommen mit extrem wenig Strom aus - unverzichtbare Bausteine für die Mobiltelefon-
industrie.

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Begnadete Handwerker: Laborwerkzeuge für die Genforschung sind das Metiers von Qiagen. Mit diesen Produkten profitiert die Firma wie kein anderer vom Boom der Biotech-Branche.

Und dass die Hightech-Märkte insgesamt ein schnelles Comeback feiern, daran mag derzeit so recht kaum einer glauben. "Es wird mindestens zwei Jahre dauern, bis wir die Höchstkurse von Anfang März wieder erreichen", prophezeit Klaus Hagedorn, der für das Frankfurter Bankhaus Metzler die europäischen Wachstumsfonds betreut.

Der Pessimismus hat fundamentale Ursachen: Seit die Wachstumsraten von US-Technologiekonzernen wie dem Computerriesen IBM, dem Chipgiganten Intel oder dem weltgrößten Telekommunikationszulieferer, Lucent Technologies, sinken, befürchten Analysten ein Abflauen des weltweiten Hightech-Booms.

Weil sich damit auch die Aussichten der europäischen Wachstumswerte verschlechtern, reduzierten in den vergangenen Wochen viele Investmentbanken ihre Kursziele für die Hightech-Börsen in London, Frankfurt, Paris und Mailand.

Hinzu kommt, dass die Unternehmen der europäischen New Economy in den vergangenen Monaten einiges von ihrem Vertrauensvorschuss verspielt haben. Hochfliegende Businesspläne und Geschäftsideen entpuppten sich als Luftnummern. Viele Neulinge korrigierten bereits wenige Wochen nach dem Börsenstart ihre Umsatz- und Gewinnprognosen kräftig, und zwar nach unten.

Unternehmen wie das am Neuen Markt gelistete Augsburger Softwarehaus Infomatec oder der am Mailänder Nuovo Mercato notierte Internet-TV-Anbieter Freedomland gerieten ins Visier von Staatsanwälten und der Börsenaufsicht. Sie sollen Kunden- und Auftragszahlen manipuliert haben, um ihren Börsenkurs anzutreiben. Mit der Schweizer Softwarefirma Miracle, dem Frankfurter Internet-Provider Gigabell und dem Paderborner Software-Produzenten Teamwork Information Management drohen den Hightech-Börsen Europas gar die ersten Konkurse.

Die Folge: Zwischenzeitlich laufen die europäischen Wachstumsbörsen deutlich schlechter als der US-Hightech-Markt Nasdaq. Derzeit bewerten die Analysten vor allem die Papiere zweier Branchen neu: der Telekommunikation und der Online-Dienste. Die einstigen Highflyer haben in der Gunst deutlich verloren.

Telekommunikation. Die Experten der Banken prophezeien Mobilcom-Chef Gerhard Schmid, dass sein Unternehmen in den kommenden Jahren deutlich langsamer wachsen wird. Der mit allen Mitteln geführte Preiskampf der Telekom-Konzerne und die hohen Kosten der UMTS-Mobilfunklizenz schränken das Kurspotenzial des Mobilcom-Papiers ein. Die Folge der Analystenwarnung: Das Unternehmen verlor von Ende März bis Anfang November rund zwei Drittel seines Wertes.
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Geschlagener Telekom-Rebell: UMTS-Kosten und ein harter Preiskrieg verdüstern die Aussichten für Mobilcom-Chef Gerhard Schmid.


Online-Dienste. Auch der italienische Internet-Provider Tiscali, vor wenigen Monaten höher bewertet als der altehrwürdige Fiat-Konzern, brach regelrecht ein. Seit Mitte März verlor die Aktie über 60 Prozent. Daran würde auch die Fusion mit dem niederländischen Internet-Dienst World Online nichts ändern.

Tiscali-Chef Renato Soru ist seinem Ziel, zu Europas Nummer eins aufzusteigen, mit dem Zusammenschluss zwar einen großen Schritt näher gerückt. An den beiden Grundproblemen seines Unternehmens ändert sich damit freilich wenig.


Erstens konkurriert Tiscali in Europa mit den kapitalkräftigen Töchtern der großen Telekom-Konzerne. Die können es sich im Zweifel leisten, einen unerbittlichen Preiskrieg gegen den Emporkömmling zu führen. Und zweitens arbeiten US-Unternehmen wie AOL deutlich profitabler als die europäischen Online-Dienste.

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Gestrauchelte Internet-Gurus: Tiscali hat die Gunst der Börse verloren.

In den Portfolios der erfolgreichsten europäischen Wachstumsfonds spielen viele der einstigen Börsenlieblinge deshalb längst eine untergeordnete Rolle. Die Fondsmanager setzen auf andere aussichtsreiche Unternehmen in ausgewählten Wachstumsfeldern:

Technologie: Mobilfunk und neue Internet-Dienste werden innovative Chipspezialisten in den nächsten Jahren hohe Zuwächse bringen.

Internet-Infrastruktur: Die klassischen Konzerne beginnen erst jetzt damit, sich neben ihren traditionellen Vertriebsstrukturen Online-Kanäle aufzubauen. Von diesem Trend sollten gut positionierte Softwarehäuser und Internet-Agenturen profitieren.

Biotechnologie: Nirgendwo sonst in der Pharmaindustrie stehen so viele Präparate vor der Markteinführung wie in den jungen Biotech-Start-ups. Innovative Newcomer könnten deshalb mit hohen Zuwächsen glänzen.

Eines aber haben die Turbulenzen deutlich gezeigt: Die Gefahr, mit jungen Hightech-Aktien Geld zu verlieren, ist deutlich größer als bei den Blue Chips der Alten Wirtschaft. Wo statt der Substanz eines Unternehmens die Wachstumsraten als Bewertungsmaßstab zählen, fallen die Kursverluste deutlich höher aus, wenn sich euphorische Prognosen als Illusion herausstellen.

Anleger, die nur wenig Kapital einsetzen können, um ein Portefeuille aufzubauen, sind daher mit Investmentfonds sicher am besten bedient (siehe "Profitable Portefeuilles").

Nur bei größeren Vermögen ist die Auswahl von Einzeltiteln sinnvoll, nur dann steigt die Chance, dass die Verluste einzelner Papiere durch die Gewinne anderer Aktien wettgemacht werden. Für diese Anleger hat manager magazin aus den aktuellen Empfehlungen der Fondsprofis 15 Einzeltitel zusammengestellt.

Dietmar Palan

gruß
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