Euroland ist abgebrannt,

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EURO-Hasser:

Euroland ist abgebrannt,

 
16.01.04 10:19
Euroland ist abgebrannt, und die Tage der Euro-Hausse sind gezählt

Deutschland wird mit der EZB und der Gemeinschaftswährung doppelt
bestraft

von Der Autor ist Wirtschaftswissenschaftler und bekannt als
Euro-Gegner

Dass es mit der Euro-Aufwertung so knüppeldick kommen würde, hatten
nicht einmal die Warner vor seiner Einführung vorausgesehen. Von
Anfang an war klar, dass es mit der Gemeinschaftswährung zu einem
Lastenausgleich zwischen reichen und armen EU-Staaten kommen würde,
jenseits und zusätzlich zu den vereinbarten Subventionen. In den durch
den Euro von Währungsrisiko, Kapitalarmut und hohen Zinsen befreiten
ärmeren EU-Volkswirtschaften würde zwangsläufig ein Wirtschaftswunder
ausbrechen - nur leider ein hochgradig inflatorisch finanziertes; denn
sie konnten jetzt ihnen fehlendes Kapital über billige Euro-Kredite
und Kapitalimporte ausgleichen. Doch der Vater dieses "Wunders" an der
europäischen Peripherie, das Land mit der härtesten Währung und
stärksten Kapitalbildung, nämlich Deutschland, würde davon nichts
haben. Es blieb nämlich auf seinen alten Zinsen und niedrigen
Inflationsraten sitzen und bekäme so - trotz seiner hohen Ersparnisse
- das höchste Realzinsniveau in ganz Euroland! Erst mit Deutschlands
Verzicht auf die Deutsche Mark wurde es möglich, die Abwertungsprämien
der europäischen Schwachwährungen, von Lira, Peseta, Peso, Drachme,
Punt und so weiter auf den Euro abzuwälzen und zu vergemeinschaften.
Deutschland hat diesen Ländern "sein" Zinsniveau geschenkt. Allein das
über die Halskrause (staats)verschuldete Italien "spart" seitdem
alljährlich 50 Milliarden Euro und mehr an Zinsen auf seine
Staatsschuld! Und was hat Deutschland, der edle Spender, dafür

bekommen? Jetzt, da es bitter notwendig wäre, die Zinsen endlich auch
hier zu Lande investitionsgerecht abzusenken, zwingt die Inflation der
alten Schwachwährungsländer die EZB zum zinspolitischen Nichtstun.
Auch mit dem zweiten Geschenk an Europa, dem Stabilitätspakt, hat sich
der deutsche Wohltäter sein eigenes Bein gestellt. Entgegen Etikett
und Zielsetzung belohnt der Pakt nämlich jene Stabilitätssünder, denen
die Inflation zu Hause die Steuerkassen bis zum Rande füllt, während
die Musterknaben in Sachen Stabilität - seit langem Frankreich und
Deutschland - dafür bestraft werden sollen, dass ihnen
stabilitätsbedingt die Steuereinnahmen wegbrechen - mit der grotesken
Folge, dass jetzt ein EU-Organ das andere verklagt. Was veranlasst die
internationalen Finanzmärkte, die Währung dieser nicht nur
wirtschaftlich knirschenden Gemeinschaft höher zu bewerten als die
unangefochtene Weltwährung Dollar? Reiner Antiamerikanismus kann es
nicht sein, und auch nicht das chronische Doppeldefizit der
US-Volkswirtschaft. Denn das Budgetdefizit befeuert die US-Konjunktur,
wie man sieht: mit wachsendem Erfolg. Und das
US-Leistungsbilanzdefizit stützt die Weltwirtschaft, die ohne die
Importüberschüsse der USA (die Exportüberschüsse der anderen Nationen,
auch Deutschlands) schon längst abgestürzt wäre. Und der schwache
US-Dollar? Ist er nicht gewollt, um die Exportkonjunktur auf noch
höhere Touren zu bringen? Wohl kaum. Die einfachste Erklärung für die
Dollar-Baisse ist die am wenigsten erkannte: Der Dollar leidet nicht
an Präsident Bushs Steuersenkungen und Ankurbelungsprogrammen, sondern
an seinem Notenbankchef Alan Greenspan. So wie die Börsenblase der
90er-Jahre allenfalls marginal etwas mit den realen
Produktivitätssprüngen der IT-Branche zu tun hatte, sondern damit,
dass es zu viel und zu billiges Geld zum berufsmäßigen Spekulieren mit
Aktien gab, so hat auch die gegenwärtige Baisse ihren eigentlichen
Grund in der Politik der US-Zentralbank. Deren Zinsen sind konjunktur-
und nicht leistungsbilanzorientiert, also international gesehen zu
niedrig. Deswegen fließt kurzfristiges Geld in den Euro. Doch
spätestens dann, wenn sich die US-Konjunktur als wesentlich robuster
erweist als die zerrissene in Europa und blockierte in Deutschland,
wird sich das ändern, zumal dann das US-Fed-System nicht mehr zögern
wird, seine US-Zinsen für in- und ausländische Dollaranleger
attraktiver zu machen. Die Tage der Euro-Hausse sind also gezählt.
Doch sie war überflüssig und hinterlässt Spuren. Währungen sollten
nicht nur intern, sondern auch extern stabil und spekulationssicher
sein. Seit es kein Weltwährungssystem mehr gibt, das die Zinspolitiken
der Zentralbanken koordiniert und auf diese Weise Währungsrelationen
und Wechselkurse stabilisiert, müssen Zentralbanken dieses in eigener
Regie und Verantwortung tun - und genau da verweigern sie sich. Die
großen Zentralbanken der Welt (USA, England, Japan, EU) agieren
"nationaler", als sie es im Zeitalter von Globalisierung und akuter
Crash-Gefahren der internationalen Finanzmärkte dürften. Deswegen
brechen immer wieder Spekulationshaussen und -baissen aus an den
Aktienbörsen, wo der kleine Sparer zu Schaden kommt und zunehmend
stärker an den Währungsmärkten, worunter die Exportwirtschaft leidet
und die von ihr abhängigen Arbeitsplätze verloren gehen. Deutschland
als investitions- wie exportabhängige Volkswirtschaft ist mit EZB und
Euro doppelt "bestraft". Die EZB kann (und darf) angesichts der
Binneninflationsgefahr ihre Zinsen nicht senken, zumal diese Gefahr
mit der EU-Osterweiterung noch an Dramatik gewinnen wird. Und ob der
Euro wie nach seiner Einführung abwertet oder wie jetzt aufwertet, ist
zwar für die Wettbewerbsfähigkeit einer Exportnation wie Deutschland
lebenswichtig, passt aber nicht in das binnenmarktorientierte Konzept
der EZB. Wie auch immer Deutschland seine Strukturaufgaben meistert,
der Euro ist dabei nicht hilfreich. Es war ein Irrtum zu glauben, er
sei eine "Reformpeitsche" (Wolfgang Schäuble). Er belastet
Deutschlands Investitionen und Exporte und blockiert über den
Stabilitätspakt den Einsatz des konjunkturpolitischen
Instrumentariums, ein Problem, das die glücklichen USA nicht kennen.
Auch wenn es derzeit nicht zu ändern ist, man muss es wissen und die
Euro-Partner und EU- ihre Kommissare in Brüssel wissen lassen.
Deutschland tut mehr für Europa, als es auf absehbare Zeit
wirtschaftlich von ihm hat. Nur: Ein Europa ohne ein dynamisches
Deutschland verliert selber an Attraktivität, Zusammenhalt und am
Glanz seiner Währung.

Artikel erschienen am 11. Jan 2004

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