Der Euro soll Europa stärken. Denn Währung ist Macht - aber nur, wenn hinter dem Geld ein politischer Wille steht
Was wirklich zählt, ist die Stärke der Währung." Diese Erkenntnis stammt nicht etwa von Wim Duisenberg, Alan Greenspan oder einem anderen einflussreichen Zentralbanker, sondern von John F. Kennedy. Wie für den ermordeten US-Präsidenten gilt für Generationen von Königen und Staatsmännern: Eine weltweit akzeptierte Währung ist Gradmesser politischer Macht, der Wechselkurs ein Statussymbol. Mit starkem Geld lassen sich die eigenen Interessen auf der politischen Weltbühne leichter durchsetzen.
Der Vorteil für die private Wirtschaft liegt auf der Hand. Die US-Unternehmen profitieren, wenn sie ihre Rechnungen in eigener Währung bezahlen können und damit von Wechselkursschwankungen verschont bleiben. Hingegen tragen die europäischen Firmen bei längerfristigen Verträgen in Dollar - beispielsweise auf dem Rohstoffmarkt - das Währungsrisiko und müssen sich dagegen absichern. Diese Kosten bleiben ihren Kollegen in den Vereinigten Staaten erspart. Ähnliche Vorteile hat auch die Politik: Wird die heimische Währung zur Reservewährung, erweitert sich der finanzielle Spielraum. Das Land kann selbst Geld drucken, während andere Staaten sich die begehrten Noten mit Waren und Dienstleistungen erkaufen müssen. "Das exorbitante Privileg des US-Dollar" nannte Charles de Gaulle diesen Vorteil einer Leitwährung. Ein Land wie Argentinien muss auf dem internationalen Finanzmarkt mühsam Geld aufnehmen, die USA hingegen verfügen über uneingeschränkten Kredit in der Welt.
Kein Wunder, dass die Väter des Euro Interesse an einer starken Währung haben - im besten Fall an einer, die dem Dollar die Stellung als Leitwährung abläuft. Denn der gewaltige politische und wirtschaftliche Einfluss des starken Dollar hatte in Europa oft für Unmut gesorgt: Als die Amerikaner 1972/73 die Goldeinlösungspflicht des Dollar und die Paritäten zwischen den Währungen im System von Bretton Woods aufhoben, musste sich Europa einmal mehr der Macht der Amerikaner beugen. Also ebneten Altbundeskanzler Helmut Schmidt und der französische Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing Ende der siebziger Jahre den Weg für eine europäische Einheitswährung - als Gegengewicht zu den USA.
"Schon jetzt reicht der Einfluss des Euro in viele andere Regionen", jubelt Altbundeskanzler Helmut Kohl. Währung ist Macht, und bisher konnten Staaten dank einer starken Währung ihre Vormachtstellung ausbauen. Kann aber die Währung das Fundament politischer Macht sein? Anders als frühere Leitwährungen existiert der Euro ohne eigenen Staat. Und bisher stand hinter einem starken Zahlungsmittel nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Stärke.
Wie bei Alexander dem Großen. Im 4. Jahrhundert vor Christus sicherte er mit seinen Eroberungszügen in Persien, Syrien und Ägypten die griechische Herrschaft. Der politischen Macht folgte die wirtschaftliche, die Silber-Drachme wurde gängiges Zahlungsmittel im Warenhandel und sogar in Indien und Nordeuropa akzeptiert. Später, als der Mittelmeerraum von Konstantinopel - dem heutigen Istanbul - aus beherrscht wurde, löste der byzantinische Gold-Solidus die griechische Drachme ab. "Dollar des Mittelalters" taufte Wirtschaftshistoriker Robert Lopez das Geld des Oströmischen Reiches. Über sechs Jahrhunderte bestimmte diese Währung das wirtschaftliche Leben am Mittelmeer. Erst mit dem politischen Niedergang von Byzanz im 11. Jahrhundert endete die Ära des Gold-Solidus.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde London zum finanziellen Dreh- und Angelpunkt des Außenhandels; das festigte die Rolle des britischen Pfundes. Aus dem Krieg gegen die USA (1812 bis 1814) ging Großbritannien gestärkt hervor: Das Land konnte nicht nur seine Stellung als Kolonialmacht ausweiten, auch die Bedeutung des Pfundes wuchs. Als England 1821 - sechs Jahre nach Ende des Befreiungskrieges gegen Frankreich - als erstes europäisches Land die Einlösbarkeit des Pfund Sterling in Gold garantierte, schöpfte die Finanzwelt zusätzliches Vertrauen. Die Erfolge der Außenpolitik und im Handel mit den Kolonien legten den Grundstein für die industrielle Revolution, mit der Großbritannien die globale Führungsrolle in Politik und Wirtschaft übernahm. Da zwischen den Kolonien des britischen Empire und dem Mutterland reger Handel und Kapitalverkehr bestanden, stabilisierten diese Länder ihren Wechselkurs gegenüber dem Pfund Sterling und mussten hohe Pfund-Reserven halten, um den Wechselkurs gegebenenfalls zu stützen. Das Pfund blieb weit verbreitet, selbst als die britische Vormachtstellung allmählich an Glanz verloren hatte. Der Einfluss des Pfundes reichte sogar bis in den Zweiten Weltkrieg hinein, als die Briten den Krieg auf Kosten der Kolonien in Indien und Ägypten finanzieren konnten: Da der Sterling dort gesetzliches Zahlungsmittel war, konnten die Briten ihre Militärausgaben mit Pfund begleichen und verfügten so über uneingeschränkten Kredit.
Europa tut sich noch schwer
Außerhalb des Kolonialreichs kratzten die USA jedoch schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts am Glanz der Briten. Sie überholten die britische Industrieproduktion, und während des Ersten Weltkrieges flüchtete das Kapital aus Europa nach New York. Fortan übernahmen die Amerikaner die Rolle des Weltbankiers. Als die USA 1917 in den Krieg eintraten, hatte sich das weltpolitische Gewicht endgültig auf die andere Atlantikseite verlagert. Die Briten versuchten noch mit allen Mitteln, ihr Gesicht zu wahren: 1925 wurde das Pfund zum Vorkriegskurs aufgewertet, ein Schritt, "der weniger auf geldpolitischen Überlegungen als auf Nostalgie beruhte", so der US-Ökonom Charles Kindleberger.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nutzten die USA die einmalige Möglichkeit, maßgeblich an einer neuen Weltfinanzordnung mitzuwirken. Zusammen mit den Briten entwarf man ein Konzept zur Stabilisierung des internationalen Währungssystems, festgelegt im Abkommen von Bretton Woods. Jetzt gaben die USA nicht nur in der Weltpolitik, sondern auch in der globalen Finanzpolitik den Ton an. Die Mitgliedsländer des Internationalen Währungsfonds (IWF) koppelten ihre Währung an den Dollar, der zur internationalen Reservewährung avancierte und so den USA größeren finanziellen Spielraum gewährte. Zudem wurden die Vereinigten Staaten größtes Geberland innerhalb des Fonds - eine Position, die es den USA auch heute noch ermöglicht, ihre außenpolitischen Ziele durchzusetzen.
"Große Nationen haben große Währungen", schrieb der kanadische Nobelpreisträger Robert Mundell - und hätte die Rolle der USA damit kaum besser treffen können. Das imposanteste Beispiel dafür ist die Sueskrise 1956. Als im Sommer des Jahres der ägyptische Staatspräsident Gamal Abdel Nasser den Sueskanal für sich beanspruchte, traf die Enteignung die Briten hart, denn 44 Prozent der Sueskanal-Gesellschaft lagen in ihrer Hand. Zusammen mit den Franzosen und Israelis führten sie einen Militärschlag gegen Ägypten. Die USA hatten allerdings kein Interesse an einer europäischen Vormacht in dem ölreichen Gebiet und versuchten mithilfe einer UN-Resolution, den Waffenstillstand zu erzwingen.
Die Briten weigerten sich - und bekamen prompt die Rechnung. Tags darauf verkaufte die amerikanische Notenbank Pfund in rauen Mengen, der Wechselkurs geriet unter Druck. Als die Briten die US-Regierung um Hilfe baten, hieß es lapidar: "Der Präsident kann nur helfen, wenn Sie die UN-Resolution unterzeichnen." Gleichzeitig spielten die USA ihre starke Rolle im IWF aus und blockierten den Zugriff auf die britischen Währungsreserven. Um den Finanzkollaps zu vermeiden, blieb den Briten nichts anderes übrig, als der Waffenruhe zuzustimmen.
Auch in Mittelamerika ließen die Amerikaner ihre Dollar-Muskeln spielen. Um den ungeliebten Präsident Manuel Noriega 1988 aus dem Amt zu hebeln, verhinderte US-Präsident Ronald Reagan weitere Kredite des IWF, fror die panamaischen Konten in den USA ein und unterband alle Dollar-Transfers in das mittelamerikanische Land. Damit hatten die USA sprichwörtlich den Geldhahn zugedreht. Präsident Noriega war stark angeschlagen; ein Jahr später hatten die USA leichtes Spiel, mit militärischer Hilfe eine neue Regierung an die Macht zu bringen.
Heute gilt der IWF als verlängerter Arm der US-Außenpolitik. "Solange es keine Alternative zum Dollar gibt, können die USA andere Länder unter Druck setzen, indem sie ihre Dollars - beispielsweise die des IWF - zurückhalten", sagt US-Ökonom Benjamin Cohen, der an der University of California über Währung und Macht forscht. Zuletzt profitierte die Türkei von der Macht des Dollar: Nach den Terroranschlägen vom 11. September sicherten sich die USA die Gunst des Nato-Bündnispartners mit einem weiteren Milliardenkredit des IWF.
Bislang ist das Währungsmonopol der USA unangetastet, der finanzielle Spielraum immens. Währung und politische Macht lagen bisher immer dicht beieinander. "Geld hat die Macht, zum Symbol nationaler Identität zu werden", sagt Benjamin Cohen. Was aber wird aus der Hoffnung vom größeren weltpolitischen Gewicht dank des Euro? "Wenn - und das ist die große Frage! - der Euro die Monopolstellung einer Leitwährung erreicht, dann könnte die Einheitswährung auch zu diplomatischen Zwecken oder gar als Druckmittel verwendet werden, etwa indem Euro zurückgehalten oder angeboten werden", zeigt sich Cohen skeptisch. In Osteuropa wäre dies schon möglich - hier ist der Euro Leitwährung. Wie jedoch sollen politische Interessen verfolgt werden, wenn es keine gemeinsame Außenpolitik gibt? Um die Vorteile einer Leitwährung voll auszuschöpfen, braucht es einen starken politischen Konsens. Und damit tut sich Europa noch gewaltig schwer.
Was wirklich zählt, ist die Stärke der Währung." Diese Erkenntnis stammt nicht etwa von Wim Duisenberg, Alan Greenspan oder einem anderen einflussreichen Zentralbanker, sondern von John F. Kennedy. Wie für den ermordeten US-Präsidenten gilt für Generationen von Königen und Staatsmännern: Eine weltweit akzeptierte Währung ist Gradmesser politischer Macht, der Wechselkurs ein Statussymbol. Mit starkem Geld lassen sich die eigenen Interessen auf der politischen Weltbühne leichter durchsetzen.
Der Vorteil für die private Wirtschaft liegt auf der Hand. Die US-Unternehmen profitieren, wenn sie ihre Rechnungen in eigener Währung bezahlen können und damit von Wechselkursschwankungen verschont bleiben. Hingegen tragen die europäischen Firmen bei längerfristigen Verträgen in Dollar - beispielsweise auf dem Rohstoffmarkt - das Währungsrisiko und müssen sich dagegen absichern. Diese Kosten bleiben ihren Kollegen in den Vereinigten Staaten erspart. Ähnliche Vorteile hat auch die Politik: Wird die heimische Währung zur Reservewährung, erweitert sich der finanzielle Spielraum. Das Land kann selbst Geld drucken, während andere Staaten sich die begehrten Noten mit Waren und Dienstleistungen erkaufen müssen. "Das exorbitante Privileg des US-Dollar" nannte Charles de Gaulle diesen Vorteil einer Leitwährung. Ein Land wie Argentinien muss auf dem internationalen Finanzmarkt mühsam Geld aufnehmen, die USA hingegen verfügen über uneingeschränkten Kredit in der Welt.
Kein Wunder, dass die Väter des Euro Interesse an einer starken Währung haben - im besten Fall an einer, die dem Dollar die Stellung als Leitwährung abläuft. Denn der gewaltige politische und wirtschaftliche Einfluss des starken Dollar hatte in Europa oft für Unmut gesorgt: Als die Amerikaner 1972/73 die Goldeinlösungspflicht des Dollar und die Paritäten zwischen den Währungen im System von Bretton Woods aufhoben, musste sich Europa einmal mehr der Macht der Amerikaner beugen. Also ebneten Altbundeskanzler Helmut Schmidt und der französische Staatspräsident Valéry Giscard d'Estaing Ende der siebziger Jahre den Weg für eine europäische Einheitswährung - als Gegengewicht zu den USA.
"Schon jetzt reicht der Einfluss des Euro in viele andere Regionen", jubelt Altbundeskanzler Helmut Kohl. Währung ist Macht, und bisher konnten Staaten dank einer starken Währung ihre Vormachtstellung ausbauen. Kann aber die Währung das Fundament politischer Macht sein? Anders als frühere Leitwährungen existiert der Euro ohne eigenen Staat. Und bisher stand hinter einem starken Zahlungsmittel nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische Stärke.
Wie bei Alexander dem Großen. Im 4. Jahrhundert vor Christus sicherte er mit seinen Eroberungszügen in Persien, Syrien und Ägypten die griechische Herrschaft. Der politischen Macht folgte die wirtschaftliche, die Silber-Drachme wurde gängiges Zahlungsmittel im Warenhandel und sogar in Indien und Nordeuropa akzeptiert. Später, als der Mittelmeerraum von Konstantinopel - dem heutigen Istanbul - aus beherrscht wurde, löste der byzantinische Gold-Solidus die griechische Drachme ab. "Dollar des Mittelalters" taufte Wirtschaftshistoriker Robert Lopez das Geld des Oströmischen Reiches. Über sechs Jahrhunderte bestimmte diese Währung das wirtschaftliche Leben am Mittelmeer. Erst mit dem politischen Niedergang von Byzanz im 11. Jahrhundert endete die Ära des Gold-Solidus.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts wurde London zum finanziellen Dreh- und Angelpunkt des Außenhandels; das festigte die Rolle des britischen Pfundes. Aus dem Krieg gegen die USA (1812 bis 1814) ging Großbritannien gestärkt hervor: Das Land konnte nicht nur seine Stellung als Kolonialmacht ausweiten, auch die Bedeutung des Pfundes wuchs. Als England 1821 - sechs Jahre nach Ende des Befreiungskrieges gegen Frankreich - als erstes europäisches Land die Einlösbarkeit des Pfund Sterling in Gold garantierte, schöpfte die Finanzwelt zusätzliches Vertrauen. Die Erfolge der Außenpolitik und im Handel mit den Kolonien legten den Grundstein für die industrielle Revolution, mit der Großbritannien die globale Führungsrolle in Politik und Wirtschaft übernahm. Da zwischen den Kolonien des britischen Empire und dem Mutterland reger Handel und Kapitalverkehr bestanden, stabilisierten diese Länder ihren Wechselkurs gegenüber dem Pfund Sterling und mussten hohe Pfund-Reserven halten, um den Wechselkurs gegebenenfalls zu stützen. Das Pfund blieb weit verbreitet, selbst als die britische Vormachtstellung allmählich an Glanz verloren hatte. Der Einfluss des Pfundes reichte sogar bis in den Zweiten Weltkrieg hinein, als die Briten den Krieg auf Kosten der Kolonien in Indien und Ägypten finanzieren konnten: Da der Sterling dort gesetzliches Zahlungsmittel war, konnten die Briten ihre Militärausgaben mit Pfund begleichen und verfügten so über uneingeschränkten Kredit.
Europa tut sich noch schwer
Außerhalb des Kolonialreichs kratzten die USA jedoch schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts am Glanz der Briten. Sie überholten die britische Industrieproduktion, und während des Ersten Weltkrieges flüchtete das Kapital aus Europa nach New York. Fortan übernahmen die Amerikaner die Rolle des Weltbankiers. Als die USA 1917 in den Krieg eintraten, hatte sich das weltpolitische Gewicht endgültig auf die andere Atlantikseite verlagert. Die Briten versuchten noch mit allen Mitteln, ihr Gesicht zu wahren: 1925 wurde das Pfund zum Vorkriegskurs aufgewertet, ein Schritt, "der weniger auf geldpolitischen Überlegungen als auf Nostalgie beruhte", so der US-Ökonom Charles Kindleberger.
Gegen Ende des Zweiten Weltkrieges nutzten die USA die einmalige Möglichkeit, maßgeblich an einer neuen Weltfinanzordnung mitzuwirken. Zusammen mit den Briten entwarf man ein Konzept zur Stabilisierung des internationalen Währungssystems, festgelegt im Abkommen von Bretton Woods. Jetzt gaben die USA nicht nur in der Weltpolitik, sondern auch in der globalen Finanzpolitik den Ton an. Die Mitgliedsländer des Internationalen Währungsfonds (IWF) koppelten ihre Währung an den Dollar, der zur internationalen Reservewährung avancierte und so den USA größeren finanziellen Spielraum gewährte. Zudem wurden die Vereinigten Staaten größtes Geberland innerhalb des Fonds - eine Position, die es den USA auch heute noch ermöglicht, ihre außenpolitischen Ziele durchzusetzen.
"Große Nationen haben große Währungen", schrieb der kanadische Nobelpreisträger Robert Mundell - und hätte die Rolle der USA damit kaum besser treffen können. Das imposanteste Beispiel dafür ist die Sueskrise 1956. Als im Sommer des Jahres der ägyptische Staatspräsident Gamal Abdel Nasser den Sueskanal für sich beanspruchte, traf die Enteignung die Briten hart, denn 44 Prozent der Sueskanal-Gesellschaft lagen in ihrer Hand. Zusammen mit den Franzosen und Israelis führten sie einen Militärschlag gegen Ägypten. Die USA hatten allerdings kein Interesse an einer europäischen Vormacht in dem ölreichen Gebiet und versuchten mithilfe einer UN-Resolution, den Waffenstillstand zu erzwingen.
Die Briten weigerten sich - und bekamen prompt die Rechnung. Tags darauf verkaufte die amerikanische Notenbank Pfund in rauen Mengen, der Wechselkurs geriet unter Druck. Als die Briten die US-Regierung um Hilfe baten, hieß es lapidar: "Der Präsident kann nur helfen, wenn Sie die UN-Resolution unterzeichnen." Gleichzeitig spielten die USA ihre starke Rolle im IWF aus und blockierten den Zugriff auf die britischen Währungsreserven. Um den Finanzkollaps zu vermeiden, blieb den Briten nichts anderes übrig, als der Waffenruhe zuzustimmen.
Auch in Mittelamerika ließen die Amerikaner ihre Dollar-Muskeln spielen. Um den ungeliebten Präsident Manuel Noriega 1988 aus dem Amt zu hebeln, verhinderte US-Präsident Ronald Reagan weitere Kredite des IWF, fror die panamaischen Konten in den USA ein und unterband alle Dollar-Transfers in das mittelamerikanische Land. Damit hatten die USA sprichwörtlich den Geldhahn zugedreht. Präsident Noriega war stark angeschlagen; ein Jahr später hatten die USA leichtes Spiel, mit militärischer Hilfe eine neue Regierung an die Macht zu bringen.
Heute gilt der IWF als verlängerter Arm der US-Außenpolitik. "Solange es keine Alternative zum Dollar gibt, können die USA andere Länder unter Druck setzen, indem sie ihre Dollars - beispielsweise die des IWF - zurückhalten", sagt US-Ökonom Benjamin Cohen, der an der University of California über Währung und Macht forscht. Zuletzt profitierte die Türkei von der Macht des Dollar: Nach den Terroranschlägen vom 11. September sicherten sich die USA die Gunst des Nato-Bündnispartners mit einem weiteren Milliardenkredit des IWF.
Bislang ist das Währungsmonopol der USA unangetastet, der finanzielle Spielraum immens. Währung und politische Macht lagen bisher immer dicht beieinander. "Geld hat die Macht, zum Symbol nationaler Identität zu werden", sagt Benjamin Cohen. Was aber wird aus der Hoffnung vom größeren weltpolitischen Gewicht dank des Euro? "Wenn - und das ist die große Frage! - der Euro die Monopolstellung einer Leitwährung erreicht, dann könnte die Einheitswährung auch zu diplomatischen Zwecken oder gar als Druckmittel verwendet werden, etwa indem Euro zurückgehalten oder angeboten werden", zeigt sich Cohen skeptisch. In Osteuropa wäre dies schon möglich - hier ist der Euro Leitwährung. Wie jedoch sollen politische Interessen verfolgt werden, wenn es keine gemeinsame Außenpolitik gibt? Um die Vorteile einer Leitwährung voll auszuschöpfen, braucht es einen starken politischen Konsens. Und damit tut sich Europa noch gewaltig schwer.