Dem Markt für IT-Sicherheitslösungen wird in den kommenden Jahren ein enormes Wachstum zugetraut. Die Biodata AG notiert im Nemax 50, gehört zu den deutschen Anbietern in diesem Segment und hat jetzt Quartalszahlen vorgelegt.
Lichtenfels - Ihren Firmensitz auf einer Burg in Nordhessen versteht die Biodata Information Technology AG als Sinnbild ihrer Tätigkeit. In Analogie zur mittelalterlichen Schutzfunktion der Burgen für Handel und Bewohner bietet Biodata moderne Schutzmauern gegen Angriffe von Hackern oder Lauschattacken auf Computernetzwerke. Ein lukrativer Markt, dessen Volumen sich von fünf Mrd. USD letztes Jahr auf 20 Mrd. USD Mitte des Jahrzehnts vervierfachen soll. Es scheint so, als könne Biodata von diesem Trend profitieren, denn der Umsatz kletterte im ersten Halbjahr 2001 um über 150 Prozent auf 17,2 Mio. EUR. Trotzdem brach der Aktienkurs in den vergangenen drei Tagen um über 20 Prozent ein und ist weit entfernt von den 120 EUR, die vor einem Jahr für die Aktie gezahlt wurden. Analyst Corner sprach mit Oana Floares vom Research der Helaba Trust über die Gründe.
AC: Frau Floares, ein Umsatzplus von 154 Prozent im ersten Halbjahr ist doch ein schöner Erfolg, trotzdem brach der Aktienkurs von Biodata nach den Quartalszahlen ein. Waren die Zahlen denn so schlecht?
Oana Floares: Auf den ersten Blick sicher nicht, die Umsatzsteigerung von 4,72 auf 11,1 Mio. EUR vom zweiten Quartal 2000 zum zweiten Quartal 2001 ist beachtlich. Auch das EBIT hat sich verbessert und die Bruttomarge ist von 67 auf über 70 Prozent gestiegen. Diese Steigerungen sind positiv zu bewerten. Aber: Das Unternehmen hat während des ersten Quartals gesagt, die Umsatzverteilung werde wie im Vorjahr sein. Demnach hätte im zweiten Quartal ein Umsatz von 14 Mio. EUR erzielt werden müssen - sie haben also die eigenen Ziele verfehlt. Und in der Telefonkonferenz mit Analysten wurden die Umsatzerwartungen 2001 auf 60 bis 62 Mio. EUR gesenkt. Vorher waren die Prognosen bei 62 bis 68 Mio. EUR. Als zweiter Punkt machen mir ausstehende Forderungen in Höhe von rund 40 Mio. EUR Sorgen.
AC: Wie stark ist das operative Geschäft des Unternehmens vom Abschwung der IT-Branche betroffen?
Floares: Das Geschäft mit der IT-Sicherheit steht in direkter Abhängigkeit zum Verlauf der Konjunktur in der IT-Branche insgesamt. Die Umsätze des Unternehmens werden jeweils zur Hälfte etwa in Amerika und Europa erzielt. Ob und wann sich die Konjunktur in den USA erholt ist noch nicht klar und wenn der wirtschaftliche Abschwung auf Europa übergreift, wird auch das hiesige Geschäft unter Druck geraten.
AC: Und wie sind die Produkte von Biodata im Vergleich zu denen der Konkurrenz zu betrachten? Zuletzt gab es ja schlechte Presse für die Firewall "Sphinx".
Floares: Ja, die Zeitung "Computerbild" hat acht Firewall-Produkte getestet und sechs als "mangelhaft" bezeichnet, darunter das von Biodata. Die Gesellschaft zieht den Test natürlich in Zweifel. Ich möchte hier auf die erwähnten Forderungen zurückkommen. Das Unternehmen sagt, 90 Prozent seiner Kunden seien Blue Chips und die Verträge sehen eine Bezahlung bei Lieferung der Produkte vor. Von Blue Chips ist zu erwarten, dass sie zahlen können. Also liegt der Verdacht nahe, dass die Kunden vielleicht nicht zahlen wollen, weil es Probleme mit den Produkten gibt oder die erwartete Leistung nicht gebracht wird.
AC: Wie reagiert Biodata darauf?
Floares: Seit Dezember sind Maßnahmen im Zusammenhang mit den Außenständen angekündigt, ich warte bereits auf die Abschreibung dieser Forderungen. Denn die sind teilweise älter als ein halbes Jahr und müssen irgendwann abgeschrieben werden. Aber die Quartalsberichte sind nicht von Wirtschaftsprüfern testiert und die Gesellschaft kann diese negative Überraschung auch noch bis zum Jahresende herauszögern.
AC: Große Namen wie etwa McAfee, Verisign oder Symantec sind auch im Bereich IT-Sicherheit tätig. Wie steht das Unternehmen im Peer group-Vergleich da?
Floares: Ich betrachte Biodata wegen der vom Unternehmen selbst angestrebten dreistelligen Wachstumsraten nicht zusammen mit den von Ihnen genannten Unternehmen, die eine ganz anderer Größenordnung haben. Ich habe eine Peer Group gebildet, in der Gesellschaften wie Articon aus Deutschland oder Internet Security Systems und Watchguard aus den USA sind, die ähnliche Wachstumsziele haben. Das durchschnittliche erwartete KGV 2002 dieser Gruppe liegt bei 39, das von Biodata aber bei 82. Wenn große Konzerne wie Symantec einbezogen werden, sink das KGV auf 30 - Biodata ist also immer noch hoch bewertet.
AC: Die Aktie hat eine sehr geringe Liquidität, von den 30 Prozent Aktien im Free Float halten nach Unternehmensangaben etwa die Hälfte institutionelle Anleger. Wie soll sich der Kleinanleger verhalten?
AC: Es könnte in den nächsten Monaten weiteren Kursdruck geben, denn im September, Oktober und November laufen verschiedene Lock up-Fristen aus. Dadurch könnten weitere Aktien in Höhe von etwa acht Prozent des Free Float auf den Markt kommen und für Abgabedruck sorgen. Aber selbst danach glaube ich, dass keine Eile besteht. Ich habe die Aktie als Reaktion auf die Quartalszahlen von "Neutral" auf "Untergewichten" herabgestuft, kurzfristig sehe ich noch Spielraum nach unten. Mein Kursziel lautet sechs EUR auf Sicht von sechs Monaten. Biodata hat zuletzt eine Wandelschuldverschreibung ausgegeben, aber die langfristige Liquidität ist momentan noch nicht sicher. 2001 rechne ich mit einem Verlust von 0,5 Mio. EUR und erst im nächsten Jahr mit einem Gewinn von 2,3 Mio. EUR. Anleger sollten die dauerhafte Stabilisierung der Liquidität und stabile Gewinne abwarten, bevor sie investieren.
AC: Ich bedanke mich für die Informationen, Frau Floares!
Das Gespräch führte Martin Brust.
Lichtenfels - Ihren Firmensitz auf einer Burg in Nordhessen versteht die Biodata Information Technology AG als Sinnbild ihrer Tätigkeit. In Analogie zur mittelalterlichen Schutzfunktion der Burgen für Handel und Bewohner bietet Biodata moderne Schutzmauern gegen Angriffe von Hackern oder Lauschattacken auf Computernetzwerke. Ein lukrativer Markt, dessen Volumen sich von fünf Mrd. USD letztes Jahr auf 20 Mrd. USD Mitte des Jahrzehnts vervierfachen soll. Es scheint so, als könne Biodata von diesem Trend profitieren, denn der Umsatz kletterte im ersten Halbjahr 2001 um über 150 Prozent auf 17,2 Mio. EUR. Trotzdem brach der Aktienkurs in den vergangenen drei Tagen um über 20 Prozent ein und ist weit entfernt von den 120 EUR, die vor einem Jahr für die Aktie gezahlt wurden. Analyst Corner sprach mit Oana Floares vom Research der Helaba Trust über die Gründe.
AC: Frau Floares, ein Umsatzplus von 154 Prozent im ersten Halbjahr ist doch ein schöner Erfolg, trotzdem brach der Aktienkurs von Biodata nach den Quartalszahlen ein. Waren die Zahlen denn so schlecht?
Oana Floares: Auf den ersten Blick sicher nicht, die Umsatzsteigerung von 4,72 auf 11,1 Mio. EUR vom zweiten Quartal 2000 zum zweiten Quartal 2001 ist beachtlich. Auch das EBIT hat sich verbessert und die Bruttomarge ist von 67 auf über 70 Prozent gestiegen. Diese Steigerungen sind positiv zu bewerten. Aber: Das Unternehmen hat während des ersten Quartals gesagt, die Umsatzverteilung werde wie im Vorjahr sein. Demnach hätte im zweiten Quartal ein Umsatz von 14 Mio. EUR erzielt werden müssen - sie haben also die eigenen Ziele verfehlt. Und in der Telefonkonferenz mit Analysten wurden die Umsatzerwartungen 2001 auf 60 bis 62 Mio. EUR gesenkt. Vorher waren die Prognosen bei 62 bis 68 Mio. EUR. Als zweiter Punkt machen mir ausstehende Forderungen in Höhe von rund 40 Mio. EUR Sorgen.
AC: Wie stark ist das operative Geschäft des Unternehmens vom Abschwung der IT-Branche betroffen?
Floares: Das Geschäft mit der IT-Sicherheit steht in direkter Abhängigkeit zum Verlauf der Konjunktur in der IT-Branche insgesamt. Die Umsätze des Unternehmens werden jeweils zur Hälfte etwa in Amerika und Europa erzielt. Ob und wann sich die Konjunktur in den USA erholt ist noch nicht klar und wenn der wirtschaftliche Abschwung auf Europa übergreift, wird auch das hiesige Geschäft unter Druck geraten.
AC: Und wie sind die Produkte von Biodata im Vergleich zu denen der Konkurrenz zu betrachten? Zuletzt gab es ja schlechte Presse für die Firewall "Sphinx".
Floares: Ja, die Zeitung "Computerbild" hat acht Firewall-Produkte getestet und sechs als "mangelhaft" bezeichnet, darunter das von Biodata. Die Gesellschaft zieht den Test natürlich in Zweifel. Ich möchte hier auf die erwähnten Forderungen zurückkommen. Das Unternehmen sagt, 90 Prozent seiner Kunden seien Blue Chips und die Verträge sehen eine Bezahlung bei Lieferung der Produkte vor. Von Blue Chips ist zu erwarten, dass sie zahlen können. Also liegt der Verdacht nahe, dass die Kunden vielleicht nicht zahlen wollen, weil es Probleme mit den Produkten gibt oder die erwartete Leistung nicht gebracht wird.
AC: Wie reagiert Biodata darauf?
Floares: Seit Dezember sind Maßnahmen im Zusammenhang mit den Außenständen angekündigt, ich warte bereits auf die Abschreibung dieser Forderungen. Denn die sind teilweise älter als ein halbes Jahr und müssen irgendwann abgeschrieben werden. Aber die Quartalsberichte sind nicht von Wirtschaftsprüfern testiert und die Gesellschaft kann diese negative Überraschung auch noch bis zum Jahresende herauszögern.
AC: Große Namen wie etwa McAfee, Verisign oder Symantec sind auch im Bereich IT-Sicherheit tätig. Wie steht das Unternehmen im Peer group-Vergleich da?
Floares: Ich betrachte Biodata wegen der vom Unternehmen selbst angestrebten dreistelligen Wachstumsraten nicht zusammen mit den von Ihnen genannten Unternehmen, die eine ganz anderer Größenordnung haben. Ich habe eine Peer Group gebildet, in der Gesellschaften wie Articon aus Deutschland oder Internet Security Systems und Watchguard aus den USA sind, die ähnliche Wachstumsziele haben. Das durchschnittliche erwartete KGV 2002 dieser Gruppe liegt bei 39, das von Biodata aber bei 82. Wenn große Konzerne wie Symantec einbezogen werden, sink das KGV auf 30 - Biodata ist also immer noch hoch bewertet.
AC: Die Aktie hat eine sehr geringe Liquidität, von den 30 Prozent Aktien im Free Float halten nach Unternehmensangaben etwa die Hälfte institutionelle Anleger. Wie soll sich der Kleinanleger verhalten?
AC: Es könnte in den nächsten Monaten weiteren Kursdruck geben, denn im September, Oktober und November laufen verschiedene Lock up-Fristen aus. Dadurch könnten weitere Aktien in Höhe von etwa acht Prozent des Free Float auf den Markt kommen und für Abgabedruck sorgen. Aber selbst danach glaube ich, dass keine Eile besteht. Ich habe die Aktie als Reaktion auf die Quartalszahlen von "Neutral" auf "Untergewichten" herabgestuft, kurzfristig sehe ich noch Spielraum nach unten. Mein Kursziel lautet sechs EUR auf Sicht von sechs Monaten. Biodata hat zuletzt eine Wandelschuldverschreibung ausgegeben, aber die langfristige Liquidität ist momentan noch nicht sicher. 2001 rechne ich mit einem Verlust von 0,5 Mio. EUR und erst im nächsten Jahr mit einem Gewinn von 2,3 Mio. EUR. Anleger sollten die dauerhafte Stabilisierung der Liquidität und stabile Gewinne abwarten, bevor sie investieren.
AC: Ich bedanke mich für die Informationen, Frau Floares!
Das Gespräch führte Martin Brust.
