Erstmals Milzbrand-Proben in Deutschland positiv
In einem Brief an das Arbeitsamt Rudolstadt/Thüringen und in Paketen in Neumünster/Schleswig-Holstein wurden in ersten Tests Anthrax-Bakterien nachgewiesen. Informationen über weitere Untersuchungen in Berlin noch am Freitagabend
Erfurt - Erstmals ist in Deutschland ein Milzbrand-Test bei einem verdächtigen Brief positiv ausgefallen. Das Thüringer Gesundheitsministerium teilte am Freitag in Erfurt mit, bei zwei Proben seien Anthrax-Bakterien nachgewiesen worden. Es handle sich um einen „dringenden Verdacht“, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag.
Wenige Stunden später wurde Milzbrand-Verdacht aus Schleswig-Holstein gemeldet. Auch dort fiel ein erster Test positiv aus.
Der Brief wurde aus Thüringen mit einem Hubschrauber nach Berlin geflogen und unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen im Robert-Koch-Institut zu weiteren Untersuchungen entgegengenommen. Sie sollen etwa drei bis vier Stunden dauern, sagte eine Sprecherin. Zuvor hatte es Tests zweier Proben in einem Labor in Jena gegeben, die einen positiven Befund ergaben.
Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt und der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Reinhardt Kurth, werden am Freitagabend um 20.00 Uhr in Berlin über den Milzbrandfall in Thüringen informieren. Das teilte die Bundespressekonferenz mit.
Der Brief war an das Arbeitsamt in Rudolstadt-Volkstedt geschickt worden. Das 25. Oktober gefundene Schreiben habe einen pakistanischen Absender, aber eine deutsche Briefmarke sowie den Stempel eines deutschen Briefverteilzentrums getragen.
Gesundheitsminister Frank-Michael Pietzsch erläuterte, einer Mitarbeiterin der Poststelle sei der Brief aufgefallen. Daraufhin sei die Polizei informiert worden. Der Umschlag habe dem Augenschein nach ein Tütchen mit Pulver enthalten. Er sei - mit mehreren Behältern isoliert - in das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin in Jena gebracht worden. Dort sei sowohl die mikroskopische als auch die serologische Untersuchung positiv ausgefallen.
Für die Öffentlichkeit bestehe keine Gefahr, betonte der Minister. Der verdächtige Umschlag sei mit Tesafilm verklebt gewesen und nicht geöffnet worden. Die Poststelle des Arbeitsamts habe man desinfiziert. Insgesamt seien sieben Personen in dem Raum gewesen, in dem der Brief angekommen sei. Drei hätten Kontakt mit ihm gehabt. Medizinische Untersuchungen hätten bislang aber keine Krankheitssymptome zu Tage gefördert.
Ministerpräsident Bernhard Vogel rief zu Besonnenheit und Wachsamkeit auf. Offensichtlich bestätige sich die Vermutung, dass es nicht nur in den USA, sondern auch in Deutschland zu Milzbrand-Anschlägen kommen könne. Es gebe aber keinen Grund zur Panik.
Verdächtige Postsendungen sollten jedoch nicht geöffnet, geschüttelt oder ausgeleert werden. Wer einen solchen Fund mache, solle in jedem Fall die Polizei benachrichtigen.
Inzwischen wurden das Briefzentrum im thüringischen Gera und der Zustellstützpunkt Rudolstadt geschlossen. Dies sagte eine Sprecherin der Deutschen Post in Bonn. Die Post sei auch darauf vorbereitet, den bislang nicht bekannten Absendeort des Briefes zu schließen. Über weitere mögliche strengere Sicherheitsmaßnahmen auch bundesweit werde noch diskutiert.
Der in Schleswig-Holstein aufgetretene Fall geht auf unbeschrifteter Pakete in Neumünster zurück, erklärte Gesundheitsministerin Heide Moser. Bereits am Montag seien 21 Kartons mit verschiedenen Inhaltsstoffen unter anderem vor dem Rathaus und im Stadtwald gefunden worden. Vermutungen, dass in zwei Paketen Milzbranderreger waren, seien durch das staatliche Referenzlabor in Jena bestätigt worden. Von dort seien die Proben an der Robert Koch-Institut weitergeleitet worden.