Viel Respekt vor Wetter und Gegner
Spieler fordern für Achtelfinale einen Systemwechsel/Glänzende Bilanz gegen Südamerikaner
Vom 14.06.2002
SEOGWIPO/SÜDKOREA (dpa) – Rudi Völler ziert sich noch – doch das einmütige Votum seiner Spieler für die Viererkette treibt den Teamchef zum Systemwechsel. Vor dem ersten K.o.-Spiel im Achtelfinale der Weltmeisterschaft bestimmten die neu entflammte Abwehr-Debatte, der personelle Ersatz für die drei Gesperrten sowie die Sorge um die extremen klimatischen Bedingungen am Spielort Seogwipo den zweiten Tag im neuen deutschen WM-Quartier in Südkorea.
„Die Spieler sind alle einig, dass die Viererkette ein sehr, sehr gutes System ist“, brachte Jens Jeremies den Wunsch des WM-Personals nach einer taktischen Korrektur für die Partie am Samstag (8.30 MESZ/ARD und Premiere live) gegen Paraguay zum Ausdruck.
Völler ließ im geheimen Training, bei dem sich die deutsche Elf mit den Kräfte zehrenden Wetterverhältnissen vertraut machen konnte, noch einmal verschiedene taktische Varianten proben. „Wir wollen uns die Option offen halten“, bestätigte Bundestrainer Michael Skibbe die gleiche taktische Ausrichtung wie in der zweiten Halbzeit gegen Kamerun (2:0) noch nicht. Doch Marco Bode zeigte bereits den klaren Trend auf: „Es spricht vieles dafür, dass aus dem 4-4-1-System gegen Kamerun nun ein 4-4-2 wird.“ Auch Kapitän Oliver Kahn hatte sich für diese Umstellung ausgesprochen.
Assistent Skibbe sah sich zwei Tage vor der Partie dazu veranlasst, auf die alleinige Entscheidungs-Gewalt der Trainer hinzuweisen: „Wir nehmen das alles auf, was von den Spielern kommt. Aber letztlich wird es an ganz anderer Stelle entschieden.“
Bode, dazu Jens Jeremies und höchstwahrscheinlich auch Marko Rehmer, der seit mehr als drei Monaten auf dieses Comeback wartet, werden für das gesperrte Trio Dietmar Hamann, Christian Ziege und Carsten Ramelow in die Achtelfinal-Mannschaft rücken. Völler sieht darin keine Gefahr: „Die Spieler sind so gut dran geblieben, weil wir ihnen immer das Gefühl gegeben haben, dass sie noch gebraucht werden. Jetzt wird der eine oder andere gebraucht.“ Jeremies erkennt in den Umstellungen sogar einen Vorteil: „Vielleicht ist das gar nicht so schlecht, wenn drei, vier, fünf Spieler neu ins Team kommen“, hieß der Kämpfer die Frischzellenkur gut.
Nach der enormen Willensleistung von Paraguay in Unterzahl gegen Slowenien (3:1) sind die Deutschen besonders gewarnt. „Man muss jeden Gegner ernst nehmen. Nur wenn man das hundertprozentig tut, hat man eine Chance“, erklärte der DFB-Teamchef, der den Sieg von Paraguay live im Stadion von Seogwipo verfolgt hatte. Auf jeden Fall sorgt die glänzende WM-Bilanz gegen südamerikanische Mannschaften für Optimismus: Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat bei WM-Turnieren nur eins von 13 Spielen gegen Südamerikaner verloren; 2:3 mit dem Spieler Völler gegen Argentinien im Finale 1986. Zu einem zusätzlichen Gegner könnte für das DFB-Team das schwüle Wetter werden. „Es drückt unheimlich“, beschrieb Ballack die enorme Belastung, die der Gegner dagegen aus seiner Heimat gewohnt ist. Mehr als 25 Grad und vor allem 79 Prozent Luftfeuchtigkeit sagen die Meteorologen für Samstag voraus.
Für das erste Länderspiel gegen Paraguay überhaupt stehen der sportlichen Leitung alle noch 22 verbliebenen Profis zur Verfügung. „Alle sind gesund und fit“, bestätigte Skibbe. Heute wird das Team sein Abschlusstraining bestreiten. „Wir sind auf gutem Wege. Sicher sind wir nicht in der Lage, irgend einen Gegner brutal an die Wand zu spielen. Aber wenn jeder Topleistungen abruft, können wir sicher noch einige Runden überstehen“, betone Völler, der im Teamhotel „Paradise“ wenige hundert Meter entfernt vom Quartier der Paraguayer kräftig grübelte, „was man besser machen kann“. Für den dreimaligen Weltmeister spricht vor allem der von Völler wiederbelebte Teamspirit. „Es sind abends beim Bier nicht nur drei, vier, fünf Mann zusammen, sondern 15“, erzählte Jeremies über die Harmonie im Lagerleben.
Die voraussichtliche Mannschaftsaufstellung: Kahn – Rehmer, Linke, Metzelder, Bode – Schneider, Frings, Jeremies, Ballack – Jancker, Klose.
Quelle: www.rhein-mainer.de/sport/objekt.php3?artikel_id=715524