Erklärung für dIe kaffesaufenden Projektherden

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Erklärung für dIe kaffesaufenden Projektherden

 
15.08.02 08:55
Die meisten Entwickler können nicht programmieren

Von Harry Sneed*

Die Mehrzahl der Programmierer ist überflüssig. Sie fahren im Windschatten der wenigen echten Entwickler. Nicht das Team erbringt die Leistung, sondern ein oder zwei Mitglieder.


In der Regel werden 75 Prozent der Teamleistung von 25 Prozent der Mitglieder erbracht. So gesehen kann man die Forderung nach mehr Softwareentwicklern nicht ernst nehmen. Das Problem ist nicht eines der Quantität, sondern der Qualität. Nur wenige Menschen können wirklich programmieren. Die meisten, die in der Entwicklung tätig sind, werden von den wenigen, die es wirklich können, mitgeschleppt. Es gehört eben mehr dazu, als eine Programmiersprache zu beherrschen.

Echte Entwickler müssen Probleme verstehen und sich dafür mehrere abstrakte Lösungen ausdenken. Aus den möglichen Alternativen wählen sie die aus, die am besten zu der jeweiligen Situation passt. Schließlich müssen Entwickler die Beharrlichkeit haben, das Ergebnis in aller Ausführlichkeit auszutesten. Dazu gehören neben Kreativität und Disziplin auch Ausdauer, Entschlossenheit und Aufmerksamkeit für Details. Dass nur wenige Spezialisten diese Eigenschaften besitzen, belegen zahlreiche Studien und die Programmierpraxis.


Harry Sneed in Aktion.
Dem einen fehlt es an Abstraktionsvermögen, dem anderen an Entschlusskraft, dem dritten an Kreativität, dem vierten an Disziplin und an der nötigen Konzentration auf Details. Hier spielen nicht nur geistige, sondern auch psychische und gar physische Faktoren eine Rolle.

Nach 35 Jahren Berufserfahrung in der Softwareentwicklung als Programmierer und in leitenden Funktionen in den USA, Deutschland, Ungarn und Österreich stelle ich fest, dass in allen Projekten, an denen ich beteiligt war, immer nur eine oder zwei Personen die Hauptlast der Entwicklung getragen haben. Die anderen haben zum Endergebnis kaum etwas beigesteuert, und es wäre oft besser gewesen, sie gar nicht dabeigehabt zu haben.

Was machen die vielen IT-Experten, die in der Softwareentwicklung tätig sind? Einige wenige geben zu, dass sie die Techniken nicht beherrschen, und versuchen die, die es wirklich können, zu unterstützen. Das sind die Ehrlichen. Die Unehrlichen, und das ist leider die Mehrheit, bemühen sich, ihr Nichtkönnen hinter allerlei Taktiken zu verbergen. Manche verstecken ihr Unvermögen hinter Bergen von Dokumenten. Sie schaffen Unmengen an Diagrammen und Texten mit Scheinlösungen, die sich nicht realisieren lassen, aber sie beeindrucken damit ihre Vorgesetzten, die sowieso keine Ahnung haben. Andere warten, bis der echte Entwickler fertig ist. Dann kopieren sie seine Ergebnisse und passen sie ihrer Aufgabe an. Anschließend tun sie so, als ob sie sich das alles selber ausgedacht hätten.

Am schlimmsten sind die, die Politik machen. Wenn sie erkannt haben, dass sie es selber nicht auf die Reihe bringen, machen sie sich zum selbst ernannten Sprecher für den, der es kann. Sie hängen sich an ihn ran, gewinnen sein Vertrauen und verkaufen seine Lösung nach außen als gemeinsame Arbeit. Da der echte Leistungsträger mit der Lösung beschäftigt ist und keine Zeit hat, sie nach außen zu vertreten, tut das der andere gerne für ihn. Der arbeitet sich nur so weit in die Lösung hinein, dass es reicht, sie den Vorgesetzten beziehungsweise den Kunden zu erklären. Darin liegt seine Stärke. Solche Leute sind meistens wortgewandt und geschickt im Umgang mit den Führungskräften, die Details der Lösung gar nicht wissen wollen. Wenn es ihnen gelingt, das Vertrauen der Benutzer und Führungskräfte zu gewinnen, steigen sie ins Management auf und leiten später etwas, was sie selbst nie beherrscht haben.

*Harry Sneed ist Chief Technology Scientist bei der Case Consult GmbH in Wiesbaden.

quelle Computerwoche

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