7. Dez. 2001 Im Aktienboom Ende der Neunzigerjahre und Anfang 2000 war Michael Farr, der Vorsitzende und Chef der Investitionsabteilung von Farr, Miller & Washington, so düster gestimmt wie nur irgend möglich. Seiner Auffassung nach kauften Neuanleger Aktien aus den falschen Beweggründen heraus. „Meines Erachtens beruhten die Investitionsentscheidungen vor allem bei Day Traders auf Emotionen - wie Gier und Überschwang“, sagt er. „Bei Hunderten von Aktien sind die Kursanstiege nicht rational zu erklären. Die Anleger schwammen glücklich auf einer kurzfristigen Welle mit.“
Heute ist allgemein bekannt, dass die Anleger dafür teuer bezahlt haben. Seines Erachtens kann man nur dann wirklich von Aktieninvestitionen profitieren, wenn man genug Disziplin für ein langfristiges Engagement mitbringt. Emotionen - laut Farr der größte Feind der Anleger - spielten sicherlich nicht nur bei dem Boom, sondern auch bei dem darauf folgenden Einbruch der Aktienkurse eine Rolle.
Warum verhalten sich die Anleger so irrational, wenn die Wirtschaft in eine Krise gerät?
In einer Krise glaubt man, irgend etwas tun zu müssen, zum Beispiel seine Anlagestrategie ändern. Es ist beinahe immer falsch, wenn man etwas aus emotionalen Gründen tut. Man muss ganz rational bleiben. Als Anleger sollte man nach folgender Regel handeln: Wenn du kein gutes Gefühl dabei hast, dann mach es. Im Februar 2000 riet einem das Gefühl nicht, Technologiewerte zu verkaufen, weil zu befürchten stand, dass dies ein Verlustgeschäft sei - aber gerade da hätte man es tun sollen. Nach dem 11. September schien es gar nicht gut zu sein, an seinen Investments festzuhalten. Und jetzt erscheint es immer noch nicht als gute Idee, langfristig zu investieren - dabei ist das vielleicht das Ermutigendste, was ich Anlegern derzeit raten kann.
Welche Taktik sollten Anleger während einer Krise verfolgen?
Man sollte bereits für sich Anlageregeln auf der Grundlage des Kursniveaus, des Managements, der Branche und der Vorteile des Engagements für das eigene Portfolio ausgearbeitet haben und daran festhalten. Bei einer Wirtschaftskrise sollte man als Anleger seine Engagements der vergangenen fünf Jahre überprüfen und sich fragen, ob der Anlagehorizont und die Anlageziele gleich geblieben sind. Wenn das der Fall ist, sollte man genauso investieren wie immer. In diesen Zeiten werden langfristige Investoren für ihr Durchhaltevermögen belohnt. Ich versuche, Engagements in guten Unternehmen nie zu verkaufen.
Für mich verfügt ein gutes Unternehmen über folgende Charakteristika: steigende Gewinne, ein starkes Management, ein verständliches Geschäftsmodell, einen wachsenden Marktanteil und eine gesunde Bilanz. Unternehmen, die all diese Kriterien erfüllen, entwickeln sich langfristig sehr gut.
Wie sehen Sie den Markt zur Zeit?
Emotionale Anleger steigen ein und wieder aus. Langfristig machen sie damit Verlust. Meines Erachtens dürfte Frustration der nächste Beweggrund der Anleger sein. Angesichts der niedrigen Renditen bei sicheren Anlagen, zum Beispiel Anleihen, wird das Geld ohne Ansehen des Kursniveaus wieder in den Aktienmarkt fließen.
Zu welchem Ergebnis kommt Ihre rationale Anlagestrategie in einem Fall wie Enron?
Wir haben die Aktie den Sommer über verfolgt und fanden den Kurs zu hoch. Natürlich fanden wir die Performance faszinierend. Aber die Zahlen standen nicht im Einklang mit den Kriterien, nach denen wir Aktien kaufen und nach denen wir ein Unternehmen für gut halten. Es muss ein gewisser Wert da sein, und das Papier war zu teuer. Daher haben wir die Aktie nicht gekauft.
Als dann gemeldet wurde, dass das Unternehmen eventuell Probleme hat, fiel der Kurs sowohl für Aktien als auch für Anleihen, und wir haben unsere Anleihe-Position sofort verkauft. Die ersten Anzeichen für eine Veränderung der fundamentalen Situation lösten bei uns Verärgerung, Konsternation und Besorgnis aus, dass wir etwas verpassen würden. Aber trotz dieser emotionalen Reaktion haben wir mit Verlust verkauft. Man ist zwar versucht, zu glauben, dass sich die Lage bessert. Meine Disziplin sagt mir jedoch, dass ich ein Unternehmen mit starken Fundamentaldaten brauche, und ich kann es mir nicht leisten, dass es auch nur so scheint, als schwächten diese sich ab.
Was halten Sie davon, dass wichtige Indizes am 5. Dezember innerhalb eines Tages beträchtlich angestiegen sind - der Dow Jones um über zwei Prozent und der Nasdaq um vier Prozent?
Meines Erachtens haben verschiedene Emotionen diesen Anstieg beflügelt. Aufregung. Triumph. Und die Angst, etwas zu verpassen. Diese dramatischen Tage sind nicht gut, weil sie stärkere Emotionen auslösen - sowohl im Positiven als auch im Negativen. Ein plötzlicher Anstieg kann manche Anleger zum Kaufen und zum Abweichen von der Disziplin veranlassen. Große Marktbewegungen sind gefährlich. Meiner Überzeugung nach ist dies eine kurzfristige Reaktion, und auf kurze Sicht ist der Markt immer irrational und emotional geprägt.
Das Gespräch führte Amy Tsao.
Heute ist allgemein bekannt, dass die Anleger dafür teuer bezahlt haben. Seines Erachtens kann man nur dann wirklich von Aktieninvestitionen profitieren, wenn man genug Disziplin für ein langfristiges Engagement mitbringt. Emotionen - laut Farr der größte Feind der Anleger - spielten sicherlich nicht nur bei dem Boom, sondern auch bei dem darauf folgenden Einbruch der Aktienkurse eine Rolle.
Warum verhalten sich die Anleger so irrational, wenn die Wirtschaft in eine Krise gerät?
In einer Krise glaubt man, irgend etwas tun zu müssen, zum Beispiel seine Anlagestrategie ändern. Es ist beinahe immer falsch, wenn man etwas aus emotionalen Gründen tut. Man muss ganz rational bleiben. Als Anleger sollte man nach folgender Regel handeln: Wenn du kein gutes Gefühl dabei hast, dann mach es. Im Februar 2000 riet einem das Gefühl nicht, Technologiewerte zu verkaufen, weil zu befürchten stand, dass dies ein Verlustgeschäft sei - aber gerade da hätte man es tun sollen. Nach dem 11. September schien es gar nicht gut zu sein, an seinen Investments festzuhalten. Und jetzt erscheint es immer noch nicht als gute Idee, langfristig zu investieren - dabei ist das vielleicht das Ermutigendste, was ich Anlegern derzeit raten kann.
Welche Taktik sollten Anleger während einer Krise verfolgen?
Man sollte bereits für sich Anlageregeln auf der Grundlage des Kursniveaus, des Managements, der Branche und der Vorteile des Engagements für das eigene Portfolio ausgearbeitet haben und daran festhalten. Bei einer Wirtschaftskrise sollte man als Anleger seine Engagements der vergangenen fünf Jahre überprüfen und sich fragen, ob der Anlagehorizont und die Anlageziele gleich geblieben sind. Wenn das der Fall ist, sollte man genauso investieren wie immer. In diesen Zeiten werden langfristige Investoren für ihr Durchhaltevermögen belohnt. Ich versuche, Engagements in guten Unternehmen nie zu verkaufen.
Für mich verfügt ein gutes Unternehmen über folgende Charakteristika: steigende Gewinne, ein starkes Management, ein verständliches Geschäftsmodell, einen wachsenden Marktanteil und eine gesunde Bilanz. Unternehmen, die all diese Kriterien erfüllen, entwickeln sich langfristig sehr gut.
Wie sehen Sie den Markt zur Zeit?
Emotionale Anleger steigen ein und wieder aus. Langfristig machen sie damit Verlust. Meines Erachtens dürfte Frustration der nächste Beweggrund der Anleger sein. Angesichts der niedrigen Renditen bei sicheren Anlagen, zum Beispiel Anleihen, wird das Geld ohne Ansehen des Kursniveaus wieder in den Aktienmarkt fließen.
Zu welchem Ergebnis kommt Ihre rationale Anlagestrategie in einem Fall wie Enron?
Wir haben die Aktie den Sommer über verfolgt und fanden den Kurs zu hoch. Natürlich fanden wir die Performance faszinierend. Aber die Zahlen standen nicht im Einklang mit den Kriterien, nach denen wir Aktien kaufen und nach denen wir ein Unternehmen für gut halten. Es muss ein gewisser Wert da sein, und das Papier war zu teuer. Daher haben wir die Aktie nicht gekauft.
Als dann gemeldet wurde, dass das Unternehmen eventuell Probleme hat, fiel der Kurs sowohl für Aktien als auch für Anleihen, und wir haben unsere Anleihe-Position sofort verkauft. Die ersten Anzeichen für eine Veränderung der fundamentalen Situation lösten bei uns Verärgerung, Konsternation und Besorgnis aus, dass wir etwas verpassen würden. Aber trotz dieser emotionalen Reaktion haben wir mit Verlust verkauft. Man ist zwar versucht, zu glauben, dass sich die Lage bessert. Meine Disziplin sagt mir jedoch, dass ich ein Unternehmen mit starken Fundamentaldaten brauche, und ich kann es mir nicht leisten, dass es auch nur so scheint, als schwächten diese sich ab.
Was halten Sie davon, dass wichtige Indizes am 5. Dezember innerhalb eines Tages beträchtlich angestiegen sind - der Dow Jones um über zwei Prozent und der Nasdaq um vier Prozent?
Meines Erachtens haben verschiedene Emotionen diesen Anstieg beflügelt. Aufregung. Triumph. Und die Angst, etwas zu verpassen. Diese dramatischen Tage sind nicht gut, weil sie stärkere Emotionen auslösen - sowohl im Positiven als auch im Negativen. Ein plötzlicher Anstieg kann manche Anleger zum Kaufen und zum Abweichen von der Disziplin veranlassen. Große Marktbewegungen sind gefährlich. Meiner Überzeugung nach ist dies eine kurzfristige Reaktion, und auf kurze Sicht ist der Markt immer irrational und emotional geprägt.
Das Gespräch führte Amy Tsao.