Kapitän über Bord Beschuss auf rauher See
VON FRANK MARKOWSKI
Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Eine alte Seemannsweisheit, der nun auch Thomas Haffa zu folgen scheint. Der Vorstandsvorsitzende von EM.TV ist mit sofortiger Wirkung von seinem Posten zurückgetreten. Er verkauft 25,1 Prozent der EM.TV-Aktien an Werner Klatten. Der Spiegel-Manager soll den maroden Kahn wieder flott machen. Und Haffa macht blau.
Irgendwie kann man ihn ja verstehen, den Kapitän des einstigen Flaggschiffs des Neuen Marktes. Seit der Beteiligung an der Formel 1 und der Übernahme der Henson Company war das Leben auf der Kommando-Brücke nicht mehr so einfach. 2,6 Milliarden Mark Verlust hat die EM.TV-Linie im vergangenen Jahr eingefahren. Der stolze Dampfer war schlicht überladen worden, stellte sich heraus. In der rauhen See der Marktwirtschaft drohte er gar unterzugehen. Der Börsenkurs der EM.TV-Aktie fiel von 115 Euro im Februar 2000 auf 1,88 Euro im Juli 2001.
Der Kapitän und seine Crew gerieten unter Beschuss. Großmannssucht, Fahrlässigkeit und Management-Defizite warf man den Steuermännern vor. Als Zahlmeister gehörte lange Zeit auch Haffa-Bruder Florian dazu. Ein Familienunternehmen war's - bis Florian über Bord ging. Und es kam schlimmer: Erboste Anteilseigner, die ihre Verluste nicht einfach hinnehmen wollten, zogen vors See-Gericht. Sie verlangen Schadensersatz. Vorwürfe: Falsche Angaben im Verkaufprospekt, falsche Angaben in Ad-hoc-Meldungen, Verstoß gegen die Haltefrist. Beide Haffa-Brüder sollen entgegen der eigenen Verpflichtung EM.TV-Aktien aus ihrem Bestand verkauft haben.
Kapitän über Bord Riesen-Reibach Die plötzlich turmhohen Wellen haben den smarten Kapitän offensichtlich überfordert. Er, der sich lieber in sonnigen Gewässern tummelte, gibt nun sein Patent ab. Das ist einerseits richtig so. Der erste Mann an Bord ist veranwortlich für den Kurs des Schiffes. Mit seinem Rücktritt steht er ein für die Beinah-Havarie und zieht die Konsequenzen. Andererseits verkauft er auch einen Gutteil seiner Anteile. Das macht die Sache schon etwas prekärer.
Natürlich, ein Kapitän adé, der nichts mehr zu sagen hat, aber noch 43 Prozent an seinem ehemaligen Schiff hält - das geht schlecht zusammen. Der neue Mann auf der Brücke hätte einen schweren Stand. Dass Klatten als künftiger Vorstandschef also 25,1 Prozent der EM.TV-Aktien von Haffa kauft, leuchtet ein. Das Unschöne ist nur: Haffa läßt sich seinen Abschied millionenschwer versilbern. Das ist für ihn süß, für die anderen Aktionäre bitter. Ob sie an Bord bleiben oder nicht - die meisten von ihnen müssen mit dramatischen Verlusten leben.
Rechnet man die Aktiensplitts ein, dürfte Haffa als Gründer für seine EM.TV-Papiere nur ein paar Cents pro Stück bezahlt haben. Selbst wenn er jetzt nur zum Stückpreis von 1,60 Euro verkaufen sollte, hat er seine private Luxusjacht auf Lebenszeit sicher. Im Klartext: Er hat einen Riesen-Reibach gemacht. Dazu noch steuerfrei. Und das, obwohl er das Schiff fast auf Grund gesetzt hat
Kapitän über Bord Kein Zuckerschlecken Die Dummen sind wieder einmal die Kleinaktionäre. Sie haben keine Möglichkeit, sich so lukrativ aus ihrem Engagement in EM.TV zurück zu ziehen. Und sollte es sich eines Tages ergeben, dass der neue Kapitän das Schiff wieder flott gekriegt hat, ist Haffa noch einmal Nutznießer. Nach dem Verkauf an Klatten hält er ja noch 16 Prozent. Wenn EM.TV wieder auf Kurs geht, ist er dabei - irgendwo im Liegestuhl.
Am Rande sei noch an die Hauptversammlung erinnert, die am 1. August bei EM.TV ansteht. Haffa muss sich dort nun nicht mehr als Vorstandsvorsitzender stellen. Vielleicht kann er sich sogar um seine Anwesenheit drücken. Der Kapitän ist von Bord. Ein Zuckerschlecken wird es trotzdem nicht für ihn. Als alter Vorstand muss er noch entlastet werden. Und das dürfte Ärger geben. Steht auf der Tagesordnung doch der Punkt, dem Vorstand just diese Entlastung zu verweigern. Auch die Klagen und damit die Schadensersatzforderungen der Kleinanleger sind noch anhängig. Scheint also, als ob es doch nicht so einfach ist, ein Schiff in Seenot zu verlassen.
VON FRANK MARKOWSKI
Die Ratten verlassen das sinkende Schiff. Eine alte Seemannsweisheit, der nun auch Thomas Haffa zu folgen scheint. Der Vorstandsvorsitzende von EM.TV ist mit sofortiger Wirkung von seinem Posten zurückgetreten. Er verkauft 25,1 Prozent der EM.TV-Aktien an Werner Klatten. Der Spiegel-Manager soll den maroden Kahn wieder flott machen. Und Haffa macht blau.
Irgendwie kann man ihn ja verstehen, den Kapitän des einstigen Flaggschiffs des Neuen Marktes. Seit der Beteiligung an der Formel 1 und der Übernahme der Henson Company war das Leben auf der Kommando-Brücke nicht mehr so einfach. 2,6 Milliarden Mark Verlust hat die EM.TV-Linie im vergangenen Jahr eingefahren. Der stolze Dampfer war schlicht überladen worden, stellte sich heraus. In der rauhen See der Marktwirtschaft drohte er gar unterzugehen. Der Börsenkurs der EM.TV-Aktie fiel von 115 Euro im Februar 2000 auf 1,88 Euro im Juli 2001.
Der Kapitän und seine Crew gerieten unter Beschuss. Großmannssucht, Fahrlässigkeit und Management-Defizite warf man den Steuermännern vor. Als Zahlmeister gehörte lange Zeit auch Haffa-Bruder Florian dazu. Ein Familienunternehmen war's - bis Florian über Bord ging. Und es kam schlimmer: Erboste Anteilseigner, die ihre Verluste nicht einfach hinnehmen wollten, zogen vors See-Gericht. Sie verlangen Schadensersatz. Vorwürfe: Falsche Angaben im Verkaufprospekt, falsche Angaben in Ad-hoc-Meldungen, Verstoß gegen die Haltefrist. Beide Haffa-Brüder sollen entgegen der eigenen Verpflichtung EM.TV-Aktien aus ihrem Bestand verkauft haben.
Kapitän über Bord Riesen-Reibach Die plötzlich turmhohen Wellen haben den smarten Kapitän offensichtlich überfordert. Er, der sich lieber in sonnigen Gewässern tummelte, gibt nun sein Patent ab. Das ist einerseits richtig so. Der erste Mann an Bord ist veranwortlich für den Kurs des Schiffes. Mit seinem Rücktritt steht er ein für die Beinah-Havarie und zieht die Konsequenzen. Andererseits verkauft er auch einen Gutteil seiner Anteile. Das macht die Sache schon etwas prekärer.
Natürlich, ein Kapitän adé, der nichts mehr zu sagen hat, aber noch 43 Prozent an seinem ehemaligen Schiff hält - das geht schlecht zusammen. Der neue Mann auf der Brücke hätte einen schweren Stand. Dass Klatten als künftiger Vorstandschef also 25,1 Prozent der EM.TV-Aktien von Haffa kauft, leuchtet ein. Das Unschöne ist nur: Haffa läßt sich seinen Abschied millionenschwer versilbern. Das ist für ihn süß, für die anderen Aktionäre bitter. Ob sie an Bord bleiben oder nicht - die meisten von ihnen müssen mit dramatischen Verlusten leben.
Rechnet man die Aktiensplitts ein, dürfte Haffa als Gründer für seine EM.TV-Papiere nur ein paar Cents pro Stück bezahlt haben. Selbst wenn er jetzt nur zum Stückpreis von 1,60 Euro verkaufen sollte, hat er seine private Luxusjacht auf Lebenszeit sicher. Im Klartext: Er hat einen Riesen-Reibach gemacht. Dazu noch steuerfrei. Und das, obwohl er das Schiff fast auf Grund gesetzt hat
Kapitän über Bord Kein Zuckerschlecken Die Dummen sind wieder einmal die Kleinaktionäre. Sie haben keine Möglichkeit, sich so lukrativ aus ihrem Engagement in EM.TV zurück zu ziehen. Und sollte es sich eines Tages ergeben, dass der neue Kapitän das Schiff wieder flott gekriegt hat, ist Haffa noch einmal Nutznießer. Nach dem Verkauf an Klatten hält er ja noch 16 Prozent. Wenn EM.TV wieder auf Kurs geht, ist er dabei - irgendwo im Liegestuhl.
Am Rande sei noch an die Hauptversammlung erinnert, die am 1. August bei EM.TV ansteht. Haffa muss sich dort nun nicht mehr als Vorstandsvorsitzender stellen. Vielleicht kann er sich sogar um seine Anwesenheit drücken. Der Kapitän ist von Bord. Ein Zuckerschlecken wird es trotzdem nicht für ihn. Als alter Vorstand muss er noch entlastet werden. Und das dürfte Ärger geben. Steht auf der Tagesordnung doch der Punkt, dem Vorstand just diese Entlastung zu verweigern. Auch die Klagen und damit die Schadensersatzforderungen der Kleinanleger sind noch anhängig. Scheint also, als ob es doch nicht so einfach ist, ein Schiff in Seenot zu verlassen.