Ein Jahr der Ernüchterung an Asiens Börsen

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proxicomi:

Ein Jahr der Ernüchterung an Asiens Börsen

 
27.12.00 13:21
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Ein Jahr der Ernüchterung an Asiens Börsen


Durchschnittliche Kursverluste von einem Drittel
Kurz vor Jahresende notieren die asiatischen Börsen massiv unter dem Niveau vor Jahresfrist, wobei einige wertmässig fast halbiert wurden. Dafür waren sowohl lokale wie auch regionale Faktoren verantwortlich. Die Aussichten für das kommende Jahr werden derweil von den meisten Marktbeobachtern recht zuversichtlich beurteilt.

rt. Singapur, Ende Dezember

Ein Fondsmanager, der in diesem Jahr in Asien Geld verdient hat, verdient eine Auszeichnung. Er hat wohl in erster Linie Glück gehabt. Der Markt (ohne Japan, China und Indien) sackte im Durchschnitt um 35% ab, und wer sich in diesem Umfeld an den traditionellen Indizes orientiert hat,sollte das Jahr 2000 möglichst schnell wieder vergessen. Verdauen ist dann eine andere Sache. Dafür ist im Prinzip 2001 vorgesehen. Die Chancen stehen gar nicht schlecht.

Ein paar Ausnahmen
Stockpicking war zwar - wie immer - möglich, vor allem in der zweiten Jahreshälfte, und am ehesten noch in Hongkong oder Singapur und ganz vereinzelt in Kuala Lumpur. Ein Beispiel ist HSBC, ein Schwergewicht im Hongkonger Hang- Seng-Index, dessen Aktien 4% zulegten. Oder Great Eastern Life, ein Versicherungstitel in Singapur, der nach zwölf Monaten 22% mehr wert ist. In Malaysia schneidet die Maybank mit einem Plus von 5% gut ab. Aber das sind wirklich Ausnahmen.

Um das Bild zu vervollständigen, damit man nicht nur schwarz sieht, muss etwas weiter zurückgeblättert werden: Nach dem Ausbruch derAsien-Krise schlugen zwischen Hongkong, Taipeh, Jakarta und Bangkok die meisten Werte gegen Mitte 1998 relativ hart auf. Der Hang- Seng-Index beispielsweise lag damals zum Tiefstpunkt auf 6660 (heute: 15 000), der Singapurer Straits-Times-Index bei 805 Punkten (heute: 2000). Die Erholung, die danach einsetzte und 1999 anhielt, war von der Hoffnung durchsetzt, dass die Asien-Krise relativ rasch ausgestanden werden könne. Diese Hoffnung war, wie die wirtschaftliche Entwicklung in den meisten Ländern Ostasiens zeigt, nicht unberechtigt. Sie wurde aber überlagert von der Euphorie, die ab 1999 vom US-Markt ausging. Vor allem die technologielastigen Börsen in Taiwan, Südkorea, Hongkong und Singapur (auch Indien) gerieten somit in den Sog der Nasdaq.

Rasante Erholung aus dem Wellental
Es gehört deshalb mit ins Gesamtbild, dass sich die Erholung, die ab Mitte 1998 in Asien einsetzte, schon weniger als zwei Jahre später - nämlich im Frühjahr 2000 - durchs Band in Kursgewinnen zwischen 150% und 200% niederschlug. Anders formuliert: Die Titel in Jakarta, Singapur und Kuala Lumpur waren bald dreimal so schwer wie 20 Monate zuvor, in Hongkong und Bangkok wogen sie das Zweieinhalbfache und in Manila und Taipeh fast das Doppelte. Für die Korrektur in den Technologiewerten, die im vergangenen März in den USA begann, waren die Märkte in Asien mit anderen Worten äusserst empfänglich.

Es war nicht nur die Euphorie gegenüber Technologieaktien, die die hiesigen Werte zuvor immer höher getrieben hatte; es war auch der rasante wirtschaftliche Aufschwung, der sich im Verlauf des zu Ende gehenden Jahres immer deutlicher abzeichnete. Und da auch dieser Aufschwung in erster Linie durch das ungestüme Wachstum der Elektronikexporte getragen war, wiegt der Rückschlag an der Technologiefront gleich doppelt schwer. Er setzt nämlich hier und dort ein Fragezeichen hinter den Schwung der Konjunktur. Stellvertretend für diese Entwicklung und für viele Technologiewerte in Asien steht die in Singapur domizilierte (und auch an der Nasdaq gehandelte) Creative Technology, die Sound- Blaster für PC herstellt: Der Titel stand Ende März bei sing. $ 69.50 und ist gegen Jahresschluss noch etwa einen Viertel davon wert.

Doch mit dem Stimmungsumschwung, dem Zerfall der Technologiewerte und der befürchteten Exportverlangsamung ist der Einbruch in derRegion, der in Korea und Taiwan am ausgeprägtesten ist (vgl. Tabelle), noch nicht restlos erklärt. In drei Ländern haben Technologietitel im Index nämlich relativ weniger Gewicht: in Thailand, in Indonesien und auf den Philippinen. In dieser Gruppe wirkte sich aber die politische Unsicherheit so verheerend auf die Kursentwicklung aus, dass die Jahresendbilanz in Asien noch düsterer ausfällt, zumal der gutgläubige Anleger, der sein Geld in den Rachen dieser Märkte schob, auch noch satte Währungsverluste ertragen muss. In diesem Zusammenhang fällt auf, dass sich ein Markt, der weder technologielastig ist noch durch grosse politische Unsicherheiten oder Währungsschwankungen geprägt ist, relativ gut halten konnte: Kuala Lumpur. Der Index fiel zwar am 19. Dezember erstmals wieder unter die psychologisch wichtige Marke von 700 Punkten, schneidet aber im Jahresvergleich mit einem Minus von «nur» 13% noch relativ gut ab.

So düster sich das Jahr an den ostasiatischen Märkten zum Jahresende auch präsentiert, die meisten Marktbeobachter sind völlig gefasst und wieder optimistisch. So schlecht wie das vergangene wird, so der zurückhaltendste Tenor, dasneue Jahr nicht werden. Im Gegenteil: Die meisten Analytiker erwarten eine gute Kursentwicklung der asiatischen Titel. Stephan Hüsler von der in Asien verankerten HSZ Group beispielsweise sieht im sinkenden Kurs des US-Dollars einen Stimulus für die asiatischen Märkte und verweist auf die entsprechende Aufschwungphase zwischen 1985 und 1995. Von tieferen Zinsen in den USA, die sich auch direkt auf die Kreditkosten in Hongkong auswirken würden, könnten Liquiditätsschübe und Kapitalumschichtungen von denUSA nach Asien ausgelöst werden. Dadurch würden die inzwischen stark verbilligten asiatischenMärkte im kommenden Jahr wieder Unterstützung erhalten.

 
27. Dezember 2000

Diesen Artikel finden Sie auf NZZ Online unter:
http://www.nzz.ch/2000/12/27/bm/page-article72ELW.html

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