Finanzmarkt Dividenden abzugreifen erhöht die Rendite |
12. April 2005 Mit einer kurzfristigen Strategie können Anleger von der Dividende eines Unternehmens profitieren, obwohl die Aktie am Tag nach der Ausschüttung mit einem Abschlag gehandelt wird. Wer die Aktien dividendenstarker Werte bis zu 20 Tage vor der Hauptversammlung erwirbt und einen Tag nach der Dividendenzahlung zum Schlußkurs wieder abstößt, kann sich nach einer Studie der DZ Bank einen deutlichen Vorsprung von bis zu 2,4 Prozent vor den Vergleichsindizes sichern. Erst in den Tagen und Wochen nach der Hauptversammlung kommt es zu einer im Vergleich zum Index negativen Kursentwicklung.
Als Ursache für den Erfolg dieser kurzfristigen Strategie haben die Autoren der Studie zwei Mechanismen ausgemacht: den "Hauptversammlungseffekt", der eine überdurchschnittliche Kursentwicklung in den Tagen vor der Aktionärszusammenkunft besagt, weil der Markt damit rechnet, daß der Vorstand seinen Anteilseignern positive Nachrichten präsentieren wird. Und den "Dividendeneffekt": Damit ist gemeint, daß der Aktienkurs am Tag nach dem Stelldichein der Kapitalgeber ("Ex-Tag") den Dividendenabschlag teilweise wieder aufholt. Danach sinken die Kurse dagegen tendenziell wieder.
Überrendite mit Dividendenstrategie ...
Die Analysten der DZ Bank haben sich insgesamt 719 Dividendenzahlungen im Deutschen Aktienindex Dax, dem M-Dax und dem S-Dax von 1997 bis ins vergangene Jahr angeschaut und dabei die Kursentwicklung 20 Tage vor und 20 Tage nach der Dividendenzahlung unter die Lupe genommen. Selbst wer die Aktie erst fünf bis sieben Tage vor der Hauptversammlung kauft, kann demnach im Schnitt den jeweiligen Index um 1,36 Prozent schlagen und einschließlich der vereinnahmten Dividende eine absolute Rendite von 1,52 Prozent erzielen.
Eine Beispielrechnung: Ein Unternehmen kündigt eine Dividende von 50 Cent an. Am Tag nach der Ausschüttung würde sich der Aktienkurs um diesen Wert verringern, also beispielsweise von 10 Euro auf 9,50 Euro. Weil aber das Kursplus der Vortage und ein Anstieg des Kurses am Tag nach der Auszahlung diesen Abschlag in der Regel überkompensiert, läßt sich trotzdem eine Überrendite erzielen.
Besonders lohnend könnte diese Strategie in diesem Jahr sein, weil allein die Unternehmen des Dax 14,6 Milliarden Euro an ihre Aktionäre ausschütten - so viel wie nie zuvor. Doch die höchsten kurzfristigen Gewinne lassen sich nach der Studie nicht mit Werten des Dax, sondern mit den kleinen Nebenwerten des S-Dax erreichen: Hier werde der Vergleichsindex im Schnitt um 1,7 Prozent überflügelt, während es im Dax und M-Dax nur 1,2 Prozent sind.
... aber nur mit bestimmten Einschränkungen
Oft stürzen sich die Anleger auf die Werte mit der höchsten Dividendenrendite. Bei der geschilderten Strategie scheint dies allerdings nur beim Dax und S-Dax lohnenswert. Im M-Dax dagegen lassen sich laut der Untersuchung sogar mit den niedrigeren Dividendenrenditen die höheren Kursgewinne erzielen.
Für Privatanleger ist diese Strategie freilich nur in Ausnahmefällen lohnend. Denn: Die Studie berücksichtigt weder die anfallenden Kosten noch steuerliche Aspekte. Profitieren könnten lediglich Anleger, die ihre Freibeträge noch nicht ausgeschöpft hätten und überdies in den vergangenen zwölf Monaten Spekulationsgewinne hatten, räumen Christian Kahler und Michael Kopmann, Autoren der Studie, ein. Diese könnten nämlich den Dividendenabschlag mit den Spekulationsgewinnen verrechnen und die Dividende steuerlich nach dem Halbeinkünfteverfahren behandeln lassen.
Daß die von der DZ Bank vorgeschlagenen Strategie aber durchaus kein Patentrezept ist, zeigt der aktuelle Fall Daimler-Chrysler: Wer die Aktien drei Tage vor der Hauptversammlung in der vergangenen Woche zum Preis von 34,20 Euro gekauft hätte, hätte die Papiere für 32,92 Euro wieder abstoßen müssen. Einschließlich der Dividende hätte man derart zwar eine Rendite von 0,7 Prozent erzielt - der Dax hat in dieser Zeit jedoch um 1,1 Prozent zugelegt.
Text: da., F.A.Z., 13.04.2005, Nr. 85 / Seite 23
Bildmaterial: F.A.Z.