Blitzrallye bei deutschen Wachstumswerten - Experten sehen aber immer noch keine Trendwende
Von Holger Zschäpitz
Frankfurt/Main - "Hurra, wir leben noch, Was mussten wir nicht alles überstehen, Und leben noch, Was ließen wir nicht über uns ergehen - Hurra, wir leben noch, nach all dem Dunkeln sehen wir wieder Licht." Manchmal beschreiben Schlager treffender das Börsengeschehen als seitenlange Analystenstudien. Gerade am Neuen Markt werden sich viele Börsianer derzeit an den Milva-Song von 1983 erinnern. Nach einem beispiellosen Niedergang um über 90 Prozent schossen die Kurse in den letzten drei Handelstagen um über 15 Prozent in die Höhe. Damit hängten die deutschen Wachstumswerte nicht nur den Dax um Längen ab, erstmals seit Wochen schnitt der Leitindex Nemax-50 besser als der große US-Bruder Nasdaq ab. "Der Patient lebt noch", sagt Sascha Hirsch, Fondsmanager vom DIT. "Von einer generellen Trendwende kann zwar nicht die Rede sein. Die aktuelle Entwicklung unterstreicht aber die Daseinsberechtigung des Marktsegments."
Auch wenn wie Hirsch keiner der Experten von einer nachhaltigen Wende sprechen will, keimt bei Anlegern auch angesichts der attraktiven Bewertungen wieder Hoffnung auf. So ist der Neue Markt auf Basis der für 2003 geschätzten Ergebnisse gerade einmal mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 20 bewertet. Damit sind die deutschen Wachstumstitel im Schnitt nur halb so teuer wie die US-Konkurrenz an der Nasdaq und kosten nur unwesentlich mehr als die Dax-30-Unternehmen. "Es spricht vieles dafür, dass die 18-monatige Superbaisse am Neuen Markt endlich ausläuft", sagt Werner Lykowski, Fondsmanager bei Helaba Trust. "Im Marktsegment wird durch strengere Regeln aufgeräumt, und auch bei den Unternehmen gibt es ein Großreinemachen. Das schafft wieder erstes Vertrauen."
Namentlich der Vorstandswechsel beim ehemaligen Vorzeigeunternehmen EM.TV könnte einen Fluch vom Neuen Markt genommen haben. Hatte das deutsche Wachstumssegment von März bis September 2000 noch im Gleichklang mit der Nasdaq verloren, begann die hausgemachte Malaise des Neuen Marktes mit der Gewinnwarnung beim Medienkonzern EM.TV im Oktober vergangenen Jahres. Mit dem Rücktritt des EM.TV-Firmengründers Thomas Haffa am vergangenen Mittwoch markierte der Nemax-50 zunächst seinen Tiefpunkt. Vor allem private Anleger trieben EM.TV und starteten am gesamten Neuen Markt die Blitzrallye. "Noch agieren überwiegend spekulative Kleinanleger. Institutionelle warten vor einem Einstieg auf eine Stabilisierung", sagt Lykowski. "Nach den Enttäuschungen ist die Hemmschwelle einfach höher."
Tatsächlich gibt es vielfältige Gründe, um weiter in der Deckung zu bleiben. So ist die Berichtssaison für das zweite Quartal noch im vollen Gange, Enttäuschungen sind da nicht ausgeschlossen. Unternehmen wie Singulus, T-Online oder Steag Hamatech, die heute und in den kommenden Tagen Zeugnis über die Monate April bis Juni abgeben, müssen nicht nur die Erwartungen erfüllen, sondern auch einen positiven Ausblick geben. Genau hier lauern weitere Fangstricke. "Wir erwarten für das zweite und dritte Quartal noch immer mehr negative als positive Nachrichten vom Wachstumssegment", sagt Andreas Hürkamp, Stratege bei der WestLB. Für einen generellen Einstieg sei es da noch zu früh. "Der Kursanstieg muss fundamental unterfüttert werden", sagt auch Wassili Papas, Fondsmanager bei Union Investment. "Ich bleibe weiter an der Seitenlinie, bis ich eindeutige Nachrichten von den Unternehmen höre."
Visibility, Berechenbarkeit, lautet das Gebot der Stunde für institutionelle Investoren. Doch letztendliche Klarheit über die Situation der Wachstumsunternehmen erwarten Experten frühestens in drei bis vier Monaten. Bis dahin könnten die Kurse aber schon kräftig davongelaufen sein. "Mutige Anleger greifen schon jetzt bei Qualitätswerten wie Elmos, Rhein Biotech, Eurofins Scientific oder UMS zu", sagt WestLB-Stratege Hürkamp. Nach unten könnten die Werte zwar noch einmal um zehn bis 20 Prozent fallen, die Chancen nach oben seien aber wesentlich größer. "Wenn die Stimmung dreht, ist ganz schnell eine Kursverdoppelung drin." Auch hierfür hält Milva eine Weisheit parat: "Nach jeder Ebbe kommt auch eine Flut."
Von Holger Zschäpitz
Frankfurt/Main - "Hurra, wir leben noch, Was mussten wir nicht alles überstehen, Und leben noch, Was ließen wir nicht über uns ergehen - Hurra, wir leben noch, nach all dem Dunkeln sehen wir wieder Licht." Manchmal beschreiben Schlager treffender das Börsengeschehen als seitenlange Analystenstudien. Gerade am Neuen Markt werden sich viele Börsianer derzeit an den Milva-Song von 1983 erinnern. Nach einem beispiellosen Niedergang um über 90 Prozent schossen die Kurse in den letzten drei Handelstagen um über 15 Prozent in die Höhe. Damit hängten die deutschen Wachstumswerte nicht nur den Dax um Längen ab, erstmals seit Wochen schnitt der Leitindex Nemax-50 besser als der große US-Bruder Nasdaq ab. "Der Patient lebt noch", sagt Sascha Hirsch, Fondsmanager vom DIT. "Von einer generellen Trendwende kann zwar nicht die Rede sein. Die aktuelle Entwicklung unterstreicht aber die Daseinsberechtigung des Marktsegments."
Auch wenn wie Hirsch keiner der Experten von einer nachhaltigen Wende sprechen will, keimt bei Anlegern auch angesichts der attraktiven Bewertungen wieder Hoffnung auf. So ist der Neue Markt auf Basis der für 2003 geschätzten Ergebnisse gerade einmal mit einem Kurs/Gewinn-Verhältnis von 20 bewertet. Damit sind die deutschen Wachstumstitel im Schnitt nur halb so teuer wie die US-Konkurrenz an der Nasdaq und kosten nur unwesentlich mehr als die Dax-30-Unternehmen. "Es spricht vieles dafür, dass die 18-monatige Superbaisse am Neuen Markt endlich ausläuft", sagt Werner Lykowski, Fondsmanager bei Helaba Trust. "Im Marktsegment wird durch strengere Regeln aufgeräumt, und auch bei den Unternehmen gibt es ein Großreinemachen. Das schafft wieder erstes Vertrauen."
Namentlich der Vorstandswechsel beim ehemaligen Vorzeigeunternehmen EM.TV könnte einen Fluch vom Neuen Markt genommen haben. Hatte das deutsche Wachstumssegment von März bis September 2000 noch im Gleichklang mit der Nasdaq verloren, begann die hausgemachte Malaise des Neuen Marktes mit der Gewinnwarnung beim Medienkonzern EM.TV im Oktober vergangenen Jahres. Mit dem Rücktritt des EM.TV-Firmengründers Thomas Haffa am vergangenen Mittwoch markierte der Nemax-50 zunächst seinen Tiefpunkt. Vor allem private Anleger trieben EM.TV und starteten am gesamten Neuen Markt die Blitzrallye. "Noch agieren überwiegend spekulative Kleinanleger. Institutionelle warten vor einem Einstieg auf eine Stabilisierung", sagt Lykowski. "Nach den Enttäuschungen ist die Hemmschwelle einfach höher."
Tatsächlich gibt es vielfältige Gründe, um weiter in der Deckung zu bleiben. So ist die Berichtssaison für das zweite Quartal noch im vollen Gange, Enttäuschungen sind da nicht ausgeschlossen. Unternehmen wie Singulus, T-Online oder Steag Hamatech, die heute und in den kommenden Tagen Zeugnis über die Monate April bis Juni abgeben, müssen nicht nur die Erwartungen erfüllen, sondern auch einen positiven Ausblick geben. Genau hier lauern weitere Fangstricke. "Wir erwarten für das zweite und dritte Quartal noch immer mehr negative als positive Nachrichten vom Wachstumssegment", sagt Andreas Hürkamp, Stratege bei der WestLB. Für einen generellen Einstieg sei es da noch zu früh. "Der Kursanstieg muss fundamental unterfüttert werden", sagt auch Wassili Papas, Fondsmanager bei Union Investment. "Ich bleibe weiter an der Seitenlinie, bis ich eindeutige Nachrichten von den Unternehmen höre."
Visibility, Berechenbarkeit, lautet das Gebot der Stunde für institutionelle Investoren. Doch letztendliche Klarheit über die Situation der Wachstumsunternehmen erwarten Experten frühestens in drei bis vier Monaten. Bis dahin könnten die Kurse aber schon kräftig davongelaufen sein. "Mutige Anleger greifen schon jetzt bei Qualitätswerten wie Elmos, Rhein Biotech, Eurofins Scientific oder UMS zu", sagt WestLB-Stratege Hürkamp. Nach unten könnten die Werte zwar noch einmal um zehn bis 20 Prozent fallen, die Chancen nach oben seien aber wesentlich größer. "Wenn die Stimmung dreht, ist ganz schnell eine Kursverdoppelung drin." Auch hierfür hält Milva eine Weisheit parat: "Nach jeder Ebbe kommt auch eine Flut."