Der südkoreanische Präsident Kim Dae-jung und der Vorsitzende des nordkoreanischen Verteidigungsrates Kim Jong-il verpflichteten sich bei ihrem Gipfeltreffen am 13.-14. Juni in Pjöngjang gemeinsam dem Ziel, ganz Korea auszusöhnen und wirtschaftlich aufzubauen. "Laßt uns die Straßen öffnen, die ein halbes Jahrhundert lang gesperrt waren. Laßt uns die zerfallenen Bahnstrecken wieder miteinander verbinden. Laßt uns neue Seewege, Kommunikations- und Luftwege eröffnen", sagte Kim Dae-jung am Montag bei einer Tischrede in Nordkorea. "Wenn das geschieht, werden alle Koreaner in der Lage sein, frei zwischen beiden Teilen hin- und herzureisen und für Versöhnung, Zusammenarbeit und letztendlich Wiedervereinigung zu arbeiten", fuhr der Präsident fort. "Ich wünsche mir, daß die 70 Millionen Koreaner durch diesen Besuch von der Kriegsangst befreit werden."
Eine solche Renaissance auf der Grundlage von Infrastrukturentwicklung ist für jeden koreanischen Patrioten der selbstverständliche Weg. Sie stimmt aber auch völlig mit Lyndon LaRouches Konzept der Eurasischen Landbrücke überein, das seit 1997 in Korea viel Aufmerksamkeit gefunden hat. Unter der Überschrift "Gipfel will Projekte in Nordkorea" meldete die Korea Times am 13. Juni: "Die südkoreanische Regierung will ein umfassendes Hochgeschwindigkeits-Bahnnetz bauen, um Großstädte auf der ganzen koreanischen Halbinsel miteinander zu verbinden." Detailliert werden dann die Pläne u.a. für eine Verbindung zwischen Pusan am südlichsten Ende der Halbinsel über die Hauptstädte Seoul und Pjöngjang bis hinauf nach Shinuiju ganz im Norden an der chinesischen Grenze beschrieben. "Die Regierung in Seoul strebt ein ehrgeiziges Bahnnetz an, das an die großen Strecken in China und Rußland angebunden ist", heißt es weiter. Bei einem Arbeitsessen am Dienstag unterzeichneten die Vertreter beider Koreas ein Abkommen über die Wiedervereinigung der Eisenbahn und der Straßen und für offene See- und Luftwege.
Diese hochgesteckten Ziele lassen sich nur im Rahmen eines neuen internationalen Währungssystems verwirklichen. Nicht nur Korea, die asiatischen Staaten allgemein unternehmen bereits sichtbare Schritte dazu. Der wesentlichste war die Initiative für asiatische Kooperation in Währungsfragen, die Korea, Japan, China und die ASEAN-Nationen am 6. Mai im thailändischen Chiang Mai gegründet haben. Die Länder hoffen, daß aus dieser Initiative ein finanziell gut ausgestatteter Asiatischer Währungsfonds wird, der Milliardensummen in langfristige Entwicklungskredite für Industrie und Infrastruktur investieren kann.
"Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt für eine Auflehnung Asiens günstig", sagte am 14. Juni ein Beamter des südkoreanischen Finanzministeriums. Im Kern der Entwicklung stehe eine neue Ebene der Zusammenarbeit zwischen den beiden koreanischen Staaten sowie mit China und Japan, erläuterte er und fuhr fort: "Es ist eine historische Chance." Die koreanische Wirtschaft, die ebenso wie Indonesien, Thailand und sogar China und Japan unter der "Asienkrise" von 1997 stark gelitten habe, könne unter dem heutigen Weltfinanzsystem nicht wieder aufgebaut werden. Denn in dem heutigen System, das von der IWF-Schocktherapie und instabilen kurzfristigen Geldflüssen beherrscht werde, drohe jeden Augenblick eine neue Krise, die langfristige Investitionen z.B. in Eisenbahnen und grundlegende Industrie unmöglich mache.
"Unter dem gegenwärtigen System können wir nicht einmal unsere eigenen Leute unterstützen, von denen viele arbeitslos sind", sagte er. "Wenn wir versuchen, zusätzlich noch 25 Millionen Nordkoreaner zu ernähren, werden unsere Steuern dadurch nur bis zum Punkt des Staatsbankrotts steigen, wie es in Deutschland geschah." Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen würde der Großteil der Gelder nur in die Bedienung existierender fauler Kredite fließen, und die Investitionen würden nur kurzfristig dem heißen Geld mit seinen schnellen Profiten hinterherrennen.
So sei es in Ostdeutschland und Rußland geschehen, die ihre alten Schulden aus der kommunistischen Zeit mit hochverzinsten Krediten und durch den Ausverkauf der Großteils ihrer Industrie und Infrastruktur bezahlen mußten. Das Resultat seien industrielle Schutthaufen mit Massenarbeitslosigkeit.
Statt dessen müsse Korea möglichst viel in 20-30jährige langfristige Investitionen in Kapitalgüter stecken, wie es LaRouches Bewegung mit dem Plan der Eurasischen Landbrücke vorschlägt: z.B. Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnen, Stromherstellung und -versorgung und andere industrielle Technologien. "Sie haben recht", erklärte der Mann aus dem Ministerium, "wir sollten Schnellzüge von Pusan nach Pjöngjang bauen. Aber dafür brauchen wir ein neues Währungssystem, um die Schulden zu reorganisieren, die kurzfristigen Schulden abzuschreiben und die langfristigen Kapitalinvestitionen zu maximieren."
Eine solche Veränderung des Finanzsystems hat Präsident Kim Dae-jung am 15. Mai gefordert, als er vor einer Konferenz in Washington per Videoschaltung sprach. "Ich glaube, daß wir so bald wie möglich eine neue internationale Finanzarchitektur verbindlich begründen müssen", sagte er. "Auf den internationalen Finanzmärkten, wo täglich mehr als eine Billion Dollar transferiert werden, reichen die Anstrengungen einer einzelnen Nation nicht aus, finanzielle Stabilität zu erhalten. Das haben die Krisen in Asien, Südamerika und Rußland bewiesen."
Kim bekräftige die jüngsten Warnungen des japanischen Finanzministers Kiichi Miyazawa, daß die Blase an der Wall Street eine Gefahr für den Rest der Welt darstelle: "Kürzlich waren wir Zeuge eines auffälliges Phänomens: Die Weltaktienmärkte, eingeschlossen die in Asien, handeln oft in Abstimmung mit der New Yorker Börse." Der Präsident erklärte: "Ich bestehe darauf, daß ein Kanal zur Überwachung von Spekulationsfonds (Hedgefonds) und kurzfristigem Kapital eingerichtet werden muß."
"Wir sind ein Volk"
Die Ereignisse von Pjöngjang berührten die Emotionen der Menschen in Asien ähnlich wie hierzulande der Fall der Berliner Mauer 1989. Als Kim Dae-jung nach dem ersten Direktflug von Seoul nach Pjöngjang seit 45 Jahren auf dem Flughafen von Pjöngjang landete, wurde er dort überraschend Kim Jong-il persönlich begrüßt, der ihm bis zu den Stufen des Flugzeugausstiegs entgegenkam, um ihm die Hand zu reichen.
Kim Dae-jung sagte während der Zeremonie: "Mehr als einmal bin ich schon in tiefe Verzweiflung verfallen, weil ich dachte, ich würde niemals im Leben den Boden des Norden betreten. Auch die 70 Millionen Koreaner im Süden und Norden hoffen inbrünstig, daß ihnen dieser Wunsch in Erfüllung geht. Landsleute im Norden, wir sind ein Volk. Wir teilen dasselbe Schicksal. Reichen wir uns fest die Hände." Millionen Südkoreaner verfolgten diese Szene gebannt vor dem Fernseher, zuhause oder auf den überfüllten Marktplätzen überall im Land. Es war die erste Live-Übertragung aus Pjöngjang überhaupt.
Dann kam die nächste Überraschung, die im Protokoll nicht vorgesehen war. Die beiden Staatsführer bestiegen die Limousine des "Kim des Nordens" und fuhren gemeinsam zum Gästehaus der Regierung. Schätzungsweise 600000 oder mehr Nordkoreaner säumten die Straßen, winkten mit Papierblumen und riefen Parolen für die Wiedervereinigung.
Im Süden hatten am Morgen des 13. vor dem Abflug in Seoul Tausende Menschen den Wagen von Kim Dae-jung auf dem Weg zum Flughafen gegrüßt. Die Straßen waren so überfüllt, daß Kim zweimal anhalten mußte, um Hände zu schütteln. Alte Menschen zeigten ihm mit Tränen in den Augen verblichene Schwarzweiß-Photographien von Verwandten im Norden, die sie seit der Teilung 1945 nicht mehr gesehen haben. Mehr als 1,2 Millionen Südkoreaner über 60 Jahren sind von ihren Familien im Norden getrennt. Wenn man ihre Kinder mitrechnet, sind es 7,7 Millionen Menschen.
Kim Jong-il betonte, er wolle die Familienzusammenführung fördern, was eine völlige Umkehr der Politik Nordkoreas bedeutete. Er sagte seinem Gast aus dem Süden: "Ich habe bis spät in die Nacht südkoreanische Fernsehprogramme angeschaut... Überall hieß es, daß alle Südkoreaner den Gipfel begrüßen und daß vor allem getrennte Familienmitglieder und nordkoreanische Überläufer auf gute Nachrichten warten; sie erwarten, etwas von ihren Verwandten zu hören."
Die Popularität des nordkoreanischen Regierungschefs im Süden stieg sprunghaft an. "Präsident Kims Besuch hat mich von einem Einsiedlerdasein befreit", scherzte Kim Jong-il. Der in den Medien des Südens oft verteufelte Mann wurde plötzlich ganz menschlich; Zeitungen in Seoul nennen es den "Kim Jong-il-Schock". Nachdem sie gesehen hatten, wie respektvoll und jovial er Kim Dae-jung begrüßte und ihm die Fahrt in seinem Wagen anbot, begruben viele Südkoreaner ihren lang genährten Haß.
"Vom Volk für das Volk"
Dieser Gipfel kam "vom Volk für das Volk" zustande, sagte ein Beamter des südkoreanischen Außenministeriums in Anlehnung an das berühmte Wort Abraham Lincolns. "Das Beste daran ist, daß Korea aufgestanden ist - daß wir keinen Dritten brauchen, der uns sagt, wie wir mit unseren koreanischen Brüdern umgehen sollen", fuhr er fort. Das war eine Anspielung auf das Wort "China ist aufgestanden", das für die Beendigung der Fremdherrschaft in China im 19. Jahrhundert stand.
"Wir müssen jetzt nicht mehr am Ohr der US-Geheimdienste hängen, um zu hören, was im Norden geschieht", fuhr der Vertreter des Ministeriums fort, der wie viele seiner Kollegen früher ein großer Feind des Nordens gewesen war.
"Treffen wir uns in Seoul"
"Wir müssen unsere Zukunft selbst gestalten", sagte Kim Dae-jung bei einem Essen in Pjöngjang. "Es hat mich tief bewegt, als ich hörte, daß der Vorsitzende Kim Jong-il bei einem kürzlichen Besuch in China sagte, das koreanische Problem müßten die Koreaner lösen. Wenn wir nicht selbst die Initiative ergreifen, werden wir keine Unterstützung der Nachbarstaaten oder der internationalen Gemeinschaft erhalten. Wir brauchen die glühende Liebe zu den Landsleuten, aber gleichzeitig müssen wir auch pragmatisch versuchen, eine Frage nach der anderen zu lösen, indem wir mit den leichteren beginnen. Um den harten internationalen Wettbewerb zu überleben, müssen Nord und Süd eins werden und ihre Kräfte vereinen... Dann gibt es nichts, was wir nicht erreichen können."
Bewußt wollte Kim Dae-jung auf dem Gipfel keine Themen aufbringen, die der Annäherung im Wege stehen. Amerikanische Kreise wie etwa Außenministerin Albright, die das kleine Nordkorea zum menschheitsbedrohenden "Schurkenstaat" hochstilisieren, hatten Südkorea gedrängt, den Norden in der Raketen- und Nuklearwaffenfrage zu tadeln. Der Vertreter des südkoreanischen Außenministeriums sagte nach dem Gipfel, man werde jetzt nicht immer gleich in Panik geraten, wenn das Pentagon wieder Fotos anbringt, die angeblich auf eine bevorstehende Invasion aus dem Norden deuten.
Zum Abschluß des Treffens unterzeichneten die beiden Staatschefs am 14. Juni ein bahnbrechendes Vier-Punkte-Abkommen, das einen umfassenden Dialog der beiden Regierungen ermöglichen soll (siehe Kasten). Die Hauptpunkte sind Förderung der Versöhnung und Vereinigung, der Abbau von Spannungen, Familienzusammenführung und ein breiter Austausch in Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur usw.
"Endlich geht für nationale Wiedereinigung, Versöhnung und Frieden die Sonne auf", sagte Kim Dae-jung bei einem Staatsbankett, das im Fernsehen übertragen wurde. "Die Gespräche waren erfolgreich. Ich danke dem Vorsitzenden Kim Jong-il, daß er beim Zustandekommen des Abkommens geholfen hat." Dann lud er ihn mit seiner Delegation zu einem Gegenbesuch ein: "Vorsitzender Kim, treffen wir uns in Seoul!"
Eine solche Renaissance auf der Grundlage von Infrastrukturentwicklung ist für jeden koreanischen Patrioten der selbstverständliche Weg. Sie stimmt aber auch völlig mit Lyndon LaRouches Konzept der Eurasischen Landbrücke überein, das seit 1997 in Korea viel Aufmerksamkeit gefunden hat. Unter der Überschrift "Gipfel will Projekte in Nordkorea" meldete die Korea Times am 13. Juni: "Die südkoreanische Regierung will ein umfassendes Hochgeschwindigkeits-Bahnnetz bauen, um Großstädte auf der ganzen koreanischen Halbinsel miteinander zu verbinden." Detailliert werden dann die Pläne u.a. für eine Verbindung zwischen Pusan am südlichsten Ende der Halbinsel über die Hauptstädte Seoul und Pjöngjang bis hinauf nach Shinuiju ganz im Norden an der chinesischen Grenze beschrieben. "Die Regierung in Seoul strebt ein ehrgeiziges Bahnnetz an, das an die großen Strecken in China und Rußland angebunden ist", heißt es weiter. Bei einem Arbeitsessen am Dienstag unterzeichneten die Vertreter beider Koreas ein Abkommen über die Wiedervereinigung der Eisenbahn und der Straßen und für offene See- und Luftwege.
Diese hochgesteckten Ziele lassen sich nur im Rahmen eines neuen internationalen Währungssystems verwirklichen. Nicht nur Korea, die asiatischen Staaten allgemein unternehmen bereits sichtbare Schritte dazu. Der wesentlichste war die Initiative für asiatische Kooperation in Währungsfragen, die Korea, Japan, China und die ASEAN-Nationen am 6. Mai im thailändischen Chiang Mai gegründet haben. Die Länder hoffen, daß aus dieser Initiative ein finanziell gut ausgestatteter Asiatischer Währungsfonds wird, der Milliardensummen in langfristige Entwicklungskredite für Industrie und Infrastruktur investieren kann.
"Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt für eine Auflehnung Asiens günstig", sagte am 14. Juni ein Beamter des südkoreanischen Finanzministeriums. Im Kern der Entwicklung stehe eine neue Ebene der Zusammenarbeit zwischen den beiden koreanischen Staaten sowie mit China und Japan, erläuterte er und fuhr fort: "Es ist eine historische Chance." Die koreanische Wirtschaft, die ebenso wie Indonesien, Thailand und sogar China und Japan unter der "Asienkrise" von 1997 stark gelitten habe, könne unter dem heutigen Weltfinanzsystem nicht wieder aufgebaut werden. Denn in dem heutigen System, das von der IWF-Schocktherapie und instabilen kurzfristigen Geldflüssen beherrscht werde, drohe jeden Augenblick eine neue Krise, die langfristige Investitionen z.B. in Eisenbahnen und grundlegende Industrie unmöglich mache.
"Unter dem gegenwärtigen System können wir nicht einmal unsere eigenen Leute unterstützen, von denen viele arbeitslos sind", sagte er. "Wenn wir versuchen, zusätzlich noch 25 Millionen Nordkoreaner zu ernähren, werden unsere Steuern dadurch nur bis zum Punkt des Staatsbankrotts steigen, wie es in Deutschland geschah." Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen würde der Großteil der Gelder nur in die Bedienung existierender fauler Kredite fließen, und die Investitionen würden nur kurzfristig dem heißen Geld mit seinen schnellen Profiten hinterherrennen.
So sei es in Ostdeutschland und Rußland geschehen, die ihre alten Schulden aus der kommunistischen Zeit mit hochverzinsten Krediten und durch den Ausverkauf der Großteils ihrer Industrie und Infrastruktur bezahlen mußten. Das Resultat seien industrielle Schutthaufen mit Massenarbeitslosigkeit.
Statt dessen müsse Korea möglichst viel in 20-30jährige langfristige Investitionen in Kapitalgüter stecken, wie es LaRouches Bewegung mit dem Plan der Eurasischen Landbrücke vorschlägt: z.B. Hochgeschwindigkeits-Eisenbahnen, Stromherstellung und -versorgung und andere industrielle Technologien. "Sie haben recht", erklärte der Mann aus dem Ministerium, "wir sollten Schnellzüge von Pusan nach Pjöngjang bauen. Aber dafür brauchen wir ein neues Währungssystem, um die Schulden zu reorganisieren, die kurzfristigen Schulden abzuschreiben und die langfristigen Kapitalinvestitionen zu maximieren."
Eine solche Veränderung des Finanzsystems hat Präsident Kim Dae-jung am 15. Mai gefordert, als er vor einer Konferenz in Washington per Videoschaltung sprach. "Ich glaube, daß wir so bald wie möglich eine neue internationale Finanzarchitektur verbindlich begründen müssen", sagte er. "Auf den internationalen Finanzmärkten, wo täglich mehr als eine Billion Dollar transferiert werden, reichen die Anstrengungen einer einzelnen Nation nicht aus, finanzielle Stabilität zu erhalten. Das haben die Krisen in Asien, Südamerika und Rußland bewiesen."
Kim bekräftige die jüngsten Warnungen des japanischen Finanzministers Kiichi Miyazawa, daß die Blase an der Wall Street eine Gefahr für den Rest der Welt darstelle: "Kürzlich waren wir Zeuge eines auffälliges Phänomens: Die Weltaktienmärkte, eingeschlossen die in Asien, handeln oft in Abstimmung mit der New Yorker Börse." Der Präsident erklärte: "Ich bestehe darauf, daß ein Kanal zur Überwachung von Spekulationsfonds (Hedgefonds) und kurzfristigem Kapital eingerichtet werden muß."
"Wir sind ein Volk"
Die Ereignisse von Pjöngjang berührten die Emotionen der Menschen in Asien ähnlich wie hierzulande der Fall der Berliner Mauer 1989. Als Kim Dae-jung nach dem ersten Direktflug von Seoul nach Pjöngjang seit 45 Jahren auf dem Flughafen von Pjöngjang landete, wurde er dort überraschend Kim Jong-il persönlich begrüßt, der ihm bis zu den Stufen des Flugzeugausstiegs entgegenkam, um ihm die Hand zu reichen.
Kim Dae-jung sagte während der Zeremonie: "Mehr als einmal bin ich schon in tiefe Verzweiflung verfallen, weil ich dachte, ich würde niemals im Leben den Boden des Norden betreten. Auch die 70 Millionen Koreaner im Süden und Norden hoffen inbrünstig, daß ihnen dieser Wunsch in Erfüllung geht. Landsleute im Norden, wir sind ein Volk. Wir teilen dasselbe Schicksal. Reichen wir uns fest die Hände." Millionen Südkoreaner verfolgten diese Szene gebannt vor dem Fernseher, zuhause oder auf den überfüllten Marktplätzen überall im Land. Es war die erste Live-Übertragung aus Pjöngjang überhaupt.
Dann kam die nächste Überraschung, die im Protokoll nicht vorgesehen war. Die beiden Staatsführer bestiegen die Limousine des "Kim des Nordens" und fuhren gemeinsam zum Gästehaus der Regierung. Schätzungsweise 600000 oder mehr Nordkoreaner säumten die Straßen, winkten mit Papierblumen und riefen Parolen für die Wiedervereinigung.
Im Süden hatten am Morgen des 13. vor dem Abflug in Seoul Tausende Menschen den Wagen von Kim Dae-jung auf dem Weg zum Flughafen gegrüßt. Die Straßen waren so überfüllt, daß Kim zweimal anhalten mußte, um Hände zu schütteln. Alte Menschen zeigten ihm mit Tränen in den Augen verblichene Schwarzweiß-Photographien von Verwandten im Norden, die sie seit der Teilung 1945 nicht mehr gesehen haben. Mehr als 1,2 Millionen Südkoreaner über 60 Jahren sind von ihren Familien im Norden getrennt. Wenn man ihre Kinder mitrechnet, sind es 7,7 Millionen Menschen.
Kim Jong-il betonte, er wolle die Familienzusammenführung fördern, was eine völlige Umkehr der Politik Nordkoreas bedeutete. Er sagte seinem Gast aus dem Süden: "Ich habe bis spät in die Nacht südkoreanische Fernsehprogramme angeschaut... Überall hieß es, daß alle Südkoreaner den Gipfel begrüßen und daß vor allem getrennte Familienmitglieder und nordkoreanische Überläufer auf gute Nachrichten warten; sie erwarten, etwas von ihren Verwandten zu hören."
Die Popularität des nordkoreanischen Regierungschefs im Süden stieg sprunghaft an. "Präsident Kims Besuch hat mich von einem Einsiedlerdasein befreit", scherzte Kim Jong-il. Der in den Medien des Südens oft verteufelte Mann wurde plötzlich ganz menschlich; Zeitungen in Seoul nennen es den "Kim Jong-il-Schock". Nachdem sie gesehen hatten, wie respektvoll und jovial er Kim Dae-jung begrüßte und ihm die Fahrt in seinem Wagen anbot, begruben viele Südkoreaner ihren lang genährten Haß.
"Vom Volk für das Volk"
Dieser Gipfel kam "vom Volk für das Volk" zustande, sagte ein Beamter des südkoreanischen Außenministeriums in Anlehnung an das berühmte Wort Abraham Lincolns. "Das Beste daran ist, daß Korea aufgestanden ist - daß wir keinen Dritten brauchen, der uns sagt, wie wir mit unseren koreanischen Brüdern umgehen sollen", fuhr er fort. Das war eine Anspielung auf das Wort "China ist aufgestanden", das für die Beendigung der Fremdherrschaft in China im 19. Jahrhundert stand.
"Wir müssen jetzt nicht mehr am Ohr der US-Geheimdienste hängen, um zu hören, was im Norden geschieht", fuhr der Vertreter des Ministeriums fort, der wie viele seiner Kollegen früher ein großer Feind des Nordens gewesen war.
"Treffen wir uns in Seoul"
"Wir müssen unsere Zukunft selbst gestalten", sagte Kim Dae-jung bei einem Essen in Pjöngjang. "Es hat mich tief bewegt, als ich hörte, daß der Vorsitzende Kim Jong-il bei einem kürzlichen Besuch in China sagte, das koreanische Problem müßten die Koreaner lösen. Wenn wir nicht selbst die Initiative ergreifen, werden wir keine Unterstützung der Nachbarstaaten oder der internationalen Gemeinschaft erhalten. Wir brauchen die glühende Liebe zu den Landsleuten, aber gleichzeitig müssen wir auch pragmatisch versuchen, eine Frage nach der anderen zu lösen, indem wir mit den leichteren beginnen. Um den harten internationalen Wettbewerb zu überleben, müssen Nord und Süd eins werden und ihre Kräfte vereinen... Dann gibt es nichts, was wir nicht erreichen können."
Bewußt wollte Kim Dae-jung auf dem Gipfel keine Themen aufbringen, die der Annäherung im Wege stehen. Amerikanische Kreise wie etwa Außenministerin Albright, die das kleine Nordkorea zum menschheitsbedrohenden "Schurkenstaat" hochstilisieren, hatten Südkorea gedrängt, den Norden in der Raketen- und Nuklearwaffenfrage zu tadeln. Der Vertreter des südkoreanischen Außenministeriums sagte nach dem Gipfel, man werde jetzt nicht immer gleich in Panik geraten, wenn das Pentagon wieder Fotos anbringt, die angeblich auf eine bevorstehende Invasion aus dem Norden deuten.
Zum Abschluß des Treffens unterzeichneten die beiden Staatschefs am 14. Juni ein bahnbrechendes Vier-Punkte-Abkommen, das einen umfassenden Dialog der beiden Regierungen ermöglichen soll (siehe Kasten). Die Hauptpunkte sind Förderung der Versöhnung und Vereinigung, der Abbau von Spannungen, Familienzusammenführung und ein breiter Austausch in Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur usw.
"Endlich geht für nationale Wiedereinigung, Versöhnung und Frieden die Sonne auf", sagte Kim Dae-jung bei einem Staatsbankett, das im Fernsehen übertragen wurde. "Die Gespräche waren erfolgreich. Ich danke dem Vorsitzenden Kim Jong-il, daß er beim Zustandekommen des Abkommens geholfen hat." Dann lud er ihn mit seiner Delegation zu einem Gegenbesuch ein: "Vorsitzender Kim, treffen wir uns in Seoul!"