"Die Menscheit muß gegen Microsoft und IBM kämpfen"
Mit dem Vorstandsvorsitzenden des Computerherstellers Sun Microsystems sprach Carsten Knop
Warum eigentlich wird es mit der Informationstechnik wieder aufwärts gehen? Diese Frage beantwortet der Vorstandsvorsitzende des Herstellers von Netzwerkrechnern (Servern) und der dazugehörigen Software Sun Microsystems zunächst ausweichend. "Es wird nicht für alle Anbieter der Branche wieder besser werden", sagt Scott McNealy im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber natürlich könne es keinen Zweifel daran geben, daß Sun zu den Unternehmen gehöre, denen es in der Zukunft besser gehen werde. "Wir haben 5,2 Milliarden Dollar Liquidität auf der Bank, sind forschungsstark, haben ein gutes, integres Managementteam und wissen genau, was wir tun: Wir sind ein Hersteller von Ausrüstungen für Computernetzwerke. Das wird langfristig ein gutes Geschäft bleiben." Schon heute habe Sun mit sehr viel weniger Wettbewerbern zu kämpfen als bei der Gründung vor zwanzig Jahren. "Wir sind der dominante Anbieter von Computern, die mit dem Unix- und dem Linux-Betriebssystem arbeiten. Von keinem anderen Anbieter sind auf der Welt mehr Netzwerkrechner in Betrieb."
Dann zählt McNealy die Gescheiterten auf: Apollo und Digital Equipment gebe es nicht mehr, Silicon Graphics spiele keine Rolle mehr, ebenso wie es keine wichtigen Wettbewerber in Asien und Europa mehr gebe. Sun lasse sich nicht verrückt machen, was McNealy mit ruhigen, klaren Worten und einen festen Blick in die Augen des Gesprächspartners unterstreicht.
Dabei könnte sich der Sun-Chef durchaus unter Druck fühlen. Zum Beispiel von Analysten, die angesichts der hohen Liquidität des Unternehmens tatsächlich nicht die Frage stellen, ob Sun überleben, sondern ob der Anbieter im Techniksektor noch eine große Rolle spielen wird. Kritisiert wird, daß Sun für viel Geld eigene Prozessoren mit dem Namen "Ultra Sparc" entwickelt, Wettbewerber sich aber auf die Forschungskraft von Intel stützen.
Andere fragen nach dem kostenlosen Betriebssystem Linux, das die Stellung des Sun-Systems Solaris auf Unix-Basis bedrohen könnte. Zudem sinke der Marktanteil von Unix ohnehin. Sun-Aktionäre wiederum, die Ende August 2000 einen Aktienkurs von 63,40 Dollar gesehen haben und nun mit gut 3 Dollar je Aktie leben müssen, waren mit McNealy ebenfalls einmal zufriedener. McNealy versichert, daß Sun kein Technik-Wrack sei, sondern ein Unternehmen, das auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicke. "Die Stimmung gegenüber Sun wird sich drehen, wenn wir wieder Gewinn machen", ist er überzeugt. Zwar habe Sun in den vergangenen 32 Quartalen stets einen Mittelzufluß (Cash-flow) gehabt. Doch werde man seinen Überzeugungen erst mehr Glauben schenken, wenn sich Gewinne einstellten.
Die Aussichten für die Anbieter, die die Konsolidierung der Branche überstehen könnten, seien nach wie vor sehr positiv. "Schließlich wird in der Zukunft einfach alles mit dem Internet verbunden sein, Computer, Mobiltelefone, Videospiele, Autos, vielleicht irgendwann über einen entsprechenden Chip sogar jeder einzelne menschliche Körper. Alle Daten müssen übertragen, gesammelt, gespeichert, analysiert und verarbeitet werden. Da entsteht ein großer Bedarf." Sun wiederum trete an, den Kunden die sicherste, zuverlässigste und flexibelste Technik anzubieten, um die Probleme der vernetzten Datenwelt zu lösen. "Wir sind ein Systemanbieter. Wir verkaufen nicht nur einzelne Server, sondern vollständige Lösungen, die sie nicht erst in ihrer Garage zusammenschrauben müssen. Wenn die Kunden es wollen, übernehmen wir den Betrieb und die Wartung der Computer und der dazugehörigen Software."
Auch, um dem Kundenberatungszentrum im Silicon Valley näher zu sein, ist McNealy mit seinem Büro jüngst von Santa Clara zur alten Sun-Hauptverwaltung nach Menlo Park umgezogen. Die Einwände der Sun-Kritiker seien nicht stichhaltig. So sei Linux nichts anderes als ein Unix-Betriebssystem und keine Gefahr für Sun. Tatsächlich kann ein Unternehmen, das Linux- und Solaris-Systeme einsetzt, leicht mit beiden Betriebssystemen arbeiten. Intel wiederum sei offenbar nicht in der Lage, seinen mit den Sparc-Prozessoren konkurrierenden Itanium-Chip zu einem konkurrenzfähigen Produkt zu machen. Auch die Bemerkung, Server von Dell, die mit Linux- oder Microsoft Windows-Betriebssystemen und Intel-Chips arbeiten, könnten eine Gefahr werden, läßt McNealy nicht gelten. "Dell ist kein Computerhersteller. Dell ist ein Vertriebskanal wie Wal-Mart; die bieten doch keine umfassenden Lösungen an. Unser Wettbewerber heißt Intel, nicht Dell." Ein anderer wichtiger Wettbewerber für Sun ist unterdessen IBM mit seiner Servicesparte Global Services, der McNealy unterstellt, ihre Kunden entgegen aller Beteuerungen nicht herstellerunabhängig zu beraten.
"Wie kann es denn sonst sein, daß wir als Unix-Marktführer an dem von IBM Global Services vermittelten Unix-Geschäft nur einen Anteil von weniger als 1 Prozent haben?" Die Menschheit, sagt McNealy im Ernst, müsse gegen zwei Unternehmen kämpfen, nämlich gegen IBM Global Services und Microsoft. "Und wir sind der Anführer der aufständischen Truppen." In seinem seit Jahren schlagzeilenträchtigen Kampf gegen den Softwarekonzern Microsoft hat McNealy öffentlich zwar einen Gang zurückgeschaltet, doch hat sich an seiner negativen Einstellung gegenüber dem Einfluß von Microsoft auf die Computerwelt nichts geändert. "Wenn sie keine Lust mehr haben, immer wieder Geld für ihr Microsoft Office-Programmpaket auszugeben, ihre Computer immer wieder wegzuschmeißen und ständig mit Sicherheitslücken kämpfen zu müssen, hat Sun die richtige Lösung", sagt McNealy.
"Dell ist kein Computerhersteller. Dell ist ein Vertiebskanal wie Wal-Mart.
Der Mann, der keinem Kampf ausweicht
Scott McNealy weicht keinem Kampf aus. Nicht im Geschäftsleben, nicht in Diskussionen mit Mitarbeitern und Wettbewerbern, nicht beim Eishockey und nicht beim Golf. Der 48 Jahre alte Mitbegründer und Vorstandsvorsitzende des Herstellers von Netzwerkrechnern (Servern), Sun Microsystems, kann dabei in jeglicher Hinsicht mit Schlagfertigkeit glänzen. Lockere Sprüche kommen dem amerikanischen Chef mit dem wohl besten Golf-Handicap jederzeit leicht über die Lippen. Zugleich gilt der aus dem mittleren Westen des Landes stammende McNealy als der am schlechtesten gekleidete Vorstandsvorsitzende Amerikas. Obwohl er auch Krawatten besitzt, bevorzugt McNealy im Büro Pullover, T-Shirts und Sweatshirts zur Jeans. Mitarbeiter können ihn auch schon einmal dabei beobachten, wie er im Foyer der Hauptverwaltung auf dem Fußboden mit seinen Kindern herumtollt. Ansonsten ist McNealy, der schon seit 1984 an der Spitze von Sun steht, mit einer höchst ernsthaften Verbissenheit bei der Arbeit. McNealy geht es unter anderem darum, zu verhindern, daß seine Kinder in einer "reinen Microsoft-Welt" aufwachsen werden. Selbst noch ein Kind, mußte McNealy einst zusehen, wie das Unternehmen American Motors, für das sein Vater im Rang eines Vizepräsidenten tätig war, gegen die Großen aus der Branche keine Chance hatte. Bei Sun soll sich diese Geschichte nicht wiederholen. Der Name Sun ist einst als Kürzel aus der Bezeichnung "Stanford University Network" entstanden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.12.2002, Nr. 297 / Seite 15
Mit dem Vorstandsvorsitzenden des Computerherstellers Sun Microsystems sprach Carsten Knop
Warum eigentlich wird es mit der Informationstechnik wieder aufwärts gehen? Diese Frage beantwortet der Vorstandsvorsitzende des Herstellers von Netzwerkrechnern (Servern) und der dazugehörigen Software Sun Microsystems zunächst ausweichend. "Es wird nicht für alle Anbieter der Branche wieder besser werden", sagt Scott McNealy im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber natürlich könne es keinen Zweifel daran geben, daß Sun zu den Unternehmen gehöre, denen es in der Zukunft besser gehen werde. "Wir haben 5,2 Milliarden Dollar Liquidität auf der Bank, sind forschungsstark, haben ein gutes, integres Managementteam und wissen genau, was wir tun: Wir sind ein Hersteller von Ausrüstungen für Computernetzwerke. Das wird langfristig ein gutes Geschäft bleiben." Schon heute habe Sun mit sehr viel weniger Wettbewerbern zu kämpfen als bei der Gründung vor zwanzig Jahren. "Wir sind der dominante Anbieter von Computern, die mit dem Unix- und dem Linux-Betriebssystem arbeiten. Von keinem anderen Anbieter sind auf der Welt mehr Netzwerkrechner in Betrieb."
Dann zählt McNealy die Gescheiterten auf: Apollo und Digital Equipment gebe es nicht mehr, Silicon Graphics spiele keine Rolle mehr, ebenso wie es keine wichtigen Wettbewerber in Asien und Europa mehr gebe. Sun lasse sich nicht verrückt machen, was McNealy mit ruhigen, klaren Worten und einen festen Blick in die Augen des Gesprächspartners unterstreicht.
Dabei könnte sich der Sun-Chef durchaus unter Druck fühlen. Zum Beispiel von Analysten, die angesichts der hohen Liquidität des Unternehmens tatsächlich nicht die Frage stellen, ob Sun überleben, sondern ob der Anbieter im Techniksektor noch eine große Rolle spielen wird. Kritisiert wird, daß Sun für viel Geld eigene Prozessoren mit dem Namen "Ultra Sparc" entwickelt, Wettbewerber sich aber auf die Forschungskraft von Intel stützen.
Andere fragen nach dem kostenlosen Betriebssystem Linux, das die Stellung des Sun-Systems Solaris auf Unix-Basis bedrohen könnte. Zudem sinke der Marktanteil von Unix ohnehin. Sun-Aktionäre wiederum, die Ende August 2000 einen Aktienkurs von 63,40 Dollar gesehen haben und nun mit gut 3 Dollar je Aktie leben müssen, waren mit McNealy ebenfalls einmal zufriedener. McNealy versichert, daß Sun kein Technik-Wrack sei, sondern ein Unternehmen, das auf eine Erfolgsgeschichte zurückblicke. "Die Stimmung gegenüber Sun wird sich drehen, wenn wir wieder Gewinn machen", ist er überzeugt. Zwar habe Sun in den vergangenen 32 Quartalen stets einen Mittelzufluß (Cash-flow) gehabt. Doch werde man seinen Überzeugungen erst mehr Glauben schenken, wenn sich Gewinne einstellten.
Die Aussichten für die Anbieter, die die Konsolidierung der Branche überstehen könnten, seien nach wie vor sehr positiv. "Schließlich wird in der Zukunft einfach alles mit dem Internet verbunden sein, Computer, Mobiltelefone, Videospiele, Autos, vielleicht irgendwann über einen entsprechenden Chip sogar jeder einzelne menschliche Körper. Alle Daten müssen übertragen, gesammelt, gespeichert, analysiert und verarbeitet werden. Da entsteht ein großer Bedarf." Sun wiederum trete an, den Kunden die sicherste, zuverlässigste und flexibelste Technik anzubieten, um die Probleme der vernetzten Datenwelt zu lösen. "Wir sind ein Systemanbieter. Wir verkaufen nicht nur einzelne Server, sondern vollständige Lösungen, die sie nicht erst in ihrer Garage zusammenschrauben müssen. Wenn die Kunden es wollen, übernehmen wir den Betrieb und die Wartung der Computer und der dazugehörigen Software."
Auch, um dem Kundenberatungszentrum im Silicon Valley näher zu sein, ist McNealy mit seinem Büro jüngst von Santa Clara zur alten Sun-Hauptverwaltung nach Menlo Park umgezogen. Die Einwände der Sun-Kritiker seien nicht stichhaltig. So sei Linux nichts anderes als ein Unix-Betriebssystem und keine Gefahr für Sun. Tatsächlich kann ein Unternehmen, das Linux- und Solaris-Systeme einsetzt, leicht mit beiden Betriebssystemen arbeiten. Intel wiederum sei offenbar nicht in der Lage, seinen mit den Sparc-Prozessoren konkurrierenden Itanium-Chip zu einem konkurrenzfähigen Produkt zu machen. Auch die Bemerkung, Server von Dell, die mit Linux- oder Microsoft Windows-Betriebssystemen und Intel-Chips arbeiten, könnten eine Gefahr werden, läßt McNealy nicht gelten. "Dell ist kein Computerhersteller. Dell ist ein Vertriebskanal wie Wal-Mart; die bieten doch keine umfassenden Lösungen an. Unser Wettbewerber heißt Intel, nicht Dell." Ein anderer wichtiger Wettbewerber für Sun ist unterdessen IBM mit seiner Servicesparte Global Services, der McNealy unterstellt, ihre Kunden entgegen aller Beteuerungen nicht herstellerunabhängig zu beraten.
"Wie kann es denn sonst sein, daß wir als Unix-Marktführer an dem von IBM Global Services vermittelten Unix-Geschäft nur einen Anteil von weniger als 1 Prozent haben?" Die Menschheit, sagt McNealy im Ernst, müsse gegen zwei Unternehmen kämpfen, nämlich gegen IBM Global Services und Microsoft. "Und wir sind der Anführer der aufständischen Truppen." In seinem seit Jahren schlagzeilenträchtigen Kampf gegen den Softwarekonzern Microsoft hat McNealy öffentlich zwar einen Gang zurückgeschaltet, doch hat sich an seiner negativen Einstellung gegenüber dem Einfluß von Microsoft auf die Computerwelt nichts geändert. "Wenn sie keine Lust mehr haben, immer wieder Geld für ihr Microsoft Office-Programmpaket auszugeben, ihre Computer immer wieder wegzuschmeißen und ständig mit Sicherheitslücken kämpfen zu müssen, hat Sun die richtige Lösung", sagt McNealy.
"Dell ist kein Computerhersteller. Dell ist ein Vertiebskanal wie Wal-Mart.
Der Mann, der keinem Kampf ausweicht
Scott McNealy weicht keinem Kampf aus. Nicht im Geschäftsleben, nicht in Diskussionen mit Mitarbeitern und Wettbewerbern, nicht beim Eishockey und nicht beim Golf. Der 48 Jahre alte Mitbegründer und Vorstandsvorsitzende des Herstellers von Netzwerkrechnern (Servern), Sun Microsystems, kann dabei in jeglicher Hinsicht mit Schlagfertigkeit glänzen. Lockere Sprüche kommen dem amerikanischen Chef mit dem wohl besten Golf-Handicap jederzeit leicht über die Lippen. Zugleich gilt der aus dem mittleren Westen des Landes stammende McNealy als der am schlechtesten gekleidete Vorstandsvorsitzende Amerikas. Obwohl er auch Krawatten besitzt, bevorzugt McNealy im Büro Pullover, T-Shirts und Sweatshirts zur Jeans. Mitarbeiter können ihn auch schon einmal dabei beobachten, wie er im Foyer der Hauptverwaltung auf dem Fußboden mit seinen Kindern herumtollt. Ansonsten ist McNealy, der schon seit 1984 an der Spitze von Sun steht, mit einer höchst ernsthaften Verbissenheit bei der Arbeit. McNealy geht es unter anderem darum, zu verhindern, daß seine Kinder in einer "reinen Microsoft-Welt" aufwachsen werden. Selbst noch ein Kind, mußte McNealy einst zusehen, wie das Unternehmen American Motors, für das sein Vater im Rang eines Vizepräsidenten tätig war, gegen die Großen aus der Branche keine Chance hatte. Bei Sun soll sich diese Geschichte nicht wiederholen. Der Name Sun ist einst als Kürzel aus der Bezeichnung "Stanford University Network" entstanden.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21.12.2002, Nr. 297 / Seite 15