Die Käsebrötchen-Affäre: Zehn Millionen Euro

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Die Käsebrötchen-Affäre: Zehn Millionen Euro

 
15.03.02 16:33
Für knapp zwölf Stunden war ein halbes Brötchen aus Hamburg das teuerste Nahrungsmittel der Welt. Zehn Millionen Euro waren geboten, als eBay die Notbremse zog. Asche auf unser Haupt - folgt nun ein Nachspiel?
 
Das Brötchen des Anstoßes: Käse auf dem Weg zum Kultobjekt?
 
Nein, es stimmt nicht, dass SPIEGEL ONLINE versuchte, mit dem Verkauf eines halben Käsebrötchens zu beweisen, dass es noch andere Refinanzierungswege als Werbung oder Abos für das Online Publishing gibt. Als gestern der Artikel "Alter Käse kostet mehr" erschien, stand fragliches Käsebrötchen tatsächlich bereits seit Tagen unverkäuflich im Web.

Das änderte sich schlagartig.

Nicht genug damit, dass die Gebote zeitweilig auf beachtliche zehn Millionen Euro stiegen, eBay erlebt seitdem eine kleine Schwemme von Brötchenangeboten. Acht Käse-Kunstwerke standen zur Auktion, bevor eBay die Seite für die tatsächlich wöchentlich stattfindenden Wartungsarbeiten schloss.

So lustig all das zunächst erscheint: Der gesamte Vorgang wirft durchaus ernste Fragen auf.

"Ich bin ja mal gespannt", schrieb Leser Georg S. in einem Leserbrief an SPIEGEL ONLINE, "ob das nicht ein gerichtliches Nachspiel haben wird. Denn entweder hat der Bieter wirklich viel Geld und zahlt, oder er hat es eben nicht (was viel wahrscheinlicher ist) und versucht sich irgendwie - wohl auf juristischem Wege - aus der Affäre zu ziehen."

Das ist gar nicht so weit hergeholt: Wer bei eBay bietet, schließt einen Vertrag ab.

Selbst wenn dann bei einer Auktion ein Ergebnis erzielt wird, das dem gesunden Menschenverstand zuwider läuft, könnte der Veranstalter auf der Rechtsverbindlichkeit bestehen. Georg S.: "Nach den Vorfällen um www.ricardo.de (Verkauf eines VW-Passat) wird es interessant sein, aus welchem Grund der (offensichtlich geschlossene) Vertrag angefochten wird und ob das entscheidende Gericht diesen Grund dann auch gelten lässt."

Im zitierten Fall war es einem Autohaus gelungen, einen funkelnagelneuen Wagen im Wert von 57.000 Mark für den Sonderpreis von 26.000 Mark unter den virtuellen Hammer zu bringen. Selbst Schuld, meinte der Bundesgerichtshof: Vertrag ist Vertrag.

Wird aus dem "Gag" eine "Affäre Brötchen"?

Auf juristische Nachspiele wegen eines überalterten Käsebrötchens hatte man bei eBay anscheinend keinen Appetit. Am Freitagmorgen, kurz vor 9 Uhr, zog jemand die Notbremse: Die Auktion wurde beendet.

Ein Vorgang, der bei "e-Nike", dem Versteigerer, auf völliges Unverständnis stößt.

"Liebes eBay-Team", schrieb wenige Minuten nach Beendigung der Versteigerung e-Nike an den Veranstalter, "Sie haben soeben unsere ebay-Auktion beendet (Artikelnr. 1712731382).
Warum? Auch nach intensivem Studium Ihrer Richtlinien konnten wir dafür keinen stichhaltigen Grund finden.

Wir möchten Sie bitten, die Auktion weiterzuführen und damit unserem berechtigten Interesse an der Versteigerung dieses Produktes nachzukommen."

Das, würden hier viele einwerfen, ist ja Wahnsinn: Wer soll zehn Millionen Euro für ein Brötchen zahlen? Doch e-Nike ist kein skrupelloser Versteigerer, sondern ein Brötchenanbieter, der ernst genommen werden möchte: "Unser nächster Schritt wäre gewesen, unrealistische Gebote zu streichen, um die Auktion zu einem regulären Ende zu führen."

Das klingt vernünftig.

Vorangegangen war dem ein Schreiben der "Kontrolle" bei eBay: Darin heißt es wörtlich, dass sich die Auktionsaufsicht entschieden habe, "dass Angebote wie in dieser/n Auktion(en) für Versteigerungen bei eBay nicht in Frage kommen". Die Pluralbildung verweist darauf, dass eBay alle Brötchenauktionen gestoppt hat. Kosten entstehen e-Nike und den anderen Brötchen-Verkäufern dadurch nicht: Kulant übernimmt die das Unternehmen.

Eine Begründung dieser Entscheidung liefert eBay nicht, wohl aber der - Asche auf unser Haupt - wohl Brötchen-Affären-auslösende SPIEGEL-ONLINE-Artikel: Der Verkauf von frischen Nahrungsmitteln über das Internet ist nur sehr eingeschränkt sinnvoll. Denn genau darum ging es in dem Artikel - und das Brötchen sollte nicht mehr sein als ein Exempel.

Zu einem solchen wird es nun auch, und das in mehrfacher Hinsicht: Die Brötchen-Affäre zeigt einmal mehr auf,

wie unmittelbar Medienwirkungen im wahrhaft interaktiven Medium Internet sein können;
wie unberechenbar die Reaktionen von Web-Usern ausfallen können, die sich noch immer im spielerischsten aller Medien bewegen;
wie wenig die gewachsene, kommunikative Kultur des Webs mit der kommerziellen Welt der professionellen Diensteanbieter kompatibel ist.
Denn letztlich ist die Affäre Brötchen für alle doch ein großer Spaß - außer für eBay, das durch die bedingungslose Streichung der Auktion trotzdem Humor beweist.

Obwohl, wie e-Nike meint, das Unternehmen ja durchaus Nutzen aus der Versteigerung gezogen hätte: "Eine bekannte Zeitschrift heißt 'Werben und Verkaufen'. Nichts anderes haben wir getan. Und zwar nicht zuletzt für Sie: 34.055 Zugriffe in 24 Stunden und ein Leitartikel bei spiegel-online.de..."

e-Nike jedenfalls versichert, nie vorgehabt zu haben, mit dem Brötchen reich zu werden: "Hier geht es doch nicht ums Geld."

Angefangen habe alles als Scherz, den e-Nike mit einer Kollegin ausgetüftelt hatte. Spaß habe man gehabt - und immer noch, denn aus der Brötchen-Affäre ergaben sich - typisch Web - schon zahlreiche Kontakte: "Ich habe schon Heiratsanträge bekommen."

Verrückte Welt der Netze.

URL: www.spiegel.de/netzwelt/netzkultur/0,1518,187155,00.html
Frank Patalong
draki:

will jemand noch ein Brötchen?

 
15.03.02 18:35
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