Die größten Pleiten 2001

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Die größten Pleiten 2001

 
23.12.01 23:30
2001 war für  Anleger und Unternehmen gleichermaßen ein rabenschwarzes Jahr: Nach 176 Firmenpleiten im Jahr 2000 haben in diesem Jahr mit bislang 231 börsennotierten Unternehmen mehr Firmen Gläubigerschutz nach Artikel 11 des amerikanischen Konkursrechts beantragt als jemals zuvor. Darunter sind auch 39 Konzerne mit einem Wert von jeweils über einer Milliarde Dollar – ebenfalls ein neuer Rekord.

Rekordverdächtig ist auch der Gesamtwert der Pleitekandidaten: Er beläuft sich nach 95 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr heuer auf 250 Milliarden Dollar. Die Hälfte der zehn größten Konkurse seit 1980 fand im laufenden Kalenderjahr statt, darunter auch die größte Pleite, die es in der Geschichte der USA je gab: Enron [NYSE: ENE Kurs/Chart ].

Der Energieversorger hatte nach einer gescheiterten Fusion mit dem Konkurrenten Dynegy [NYSE: DYN Kurs/Chart ] Anfang Dezember für sich und 13 seiner Tochtergesellschaften Gläubigerschutz nach Artikel 11 des amerikanischen Konkursrechts angemeldet. Zwei Wochen zuvor hatte es noch den Anschein gehabt, als würde eine Fusion mit Dynegy den in Schieflage geratenen Konzern retten. Doch dann zog sich Dynegy überraschend aus dem Geschäft zurück, nach Einschätzung Enrons ein klarer Vertragsbruch, den das Unternehmen mit einer Schadensersatzklage in Höhe von mindestens zehn Milliarden Dollar quittierte.

Internet wohin das Auge blick

Für den führenden Webhoster Exodus Communications stand der Gang zum Konkursgericht bereits Ende September an. Das Unternehmen hatte im Laufe der Zeit einen riesigen Schuldenberg von rund drei Milliarden Dollar angehäuft. Die Pleitegerüchte hatten sich monatelang hartnäckig gehalten und auch die unzähligen Wechsel im Management, darunter der Weggang der langjährigen Firmenchefin Ellen M. Hancock, hatten die Probleme schon vorher signalisiert. Ende November meldete dann Cable & Wireless [NYSE: CWP Kurs/Chart ] den Aufkauf der Firma für 850 Millionen Dollar.

Nur wenige Tage nach Exodus beantragte der Anbieter von Highspeed-Internetzugängen und Betreiber eines Webportals Exite@Home Chapter 11. Nachdem AT&T [NYSE: T Kurs/Chart ] dem Unternehmen zunächst ein Kaufangebot in Höhe von 307 Millionen Dollar für seine Internetsparte unterbreitet hatte, zog der Telekomriese dies Anfang Dezember zurück. Kurz zuvor hatte sich bereits der Contentprovider InfoSpace [Nasdaq: INSP Kurs/Chart ] für zehn Millionen Dollar Dollar das Webportal Excite.com geschnappt. Mitte Dezember fand dann der tiefe Sturz des ehemaligen Internetstars, der einst als ernsthafter Konkurrent für den Internetdienst America Online galt, ein endgültiges Ende: Der Betrieb wird zum 28. Februar 2002 eingestellt.

Der Pleitegeier machte auch vor so bekannten Markennamen wie Polaroid nicht halt. Der Konzern, der mit seinem Instant-Photos Geschichte schrieb, musste im Juli Insolvenz beantragen. Die Schulden beliefen sich auf mehrere hundert Millionen Dollar.

Die Internetbranche wurde von der Pleitewelle geradezu überrollt: Seit Jahresbeginn verschwanden unter anderem eToys, MarchFirst, OmniSky, PSINet und Quokka Sports ~~ von den Kurslisten. Viele weitere Unternehmen stellten den Betrieb zwar nicht ein, mussten jedoch ihre Eigenständigkeit aufgeben und wurden gekauft. Eine rühmliche Ausnahme bildet hingegen Covad Communicatins [Nasdaq: COVD Kurs/Chart ]. Der Anbieter von DSL-Internetzugängen wird am 20.12. die Umstrukturierungsphase unter Chapter 11 des amerikanischen Konkursrechts erfolgreich abschließen.

Pleitewelle am Neuen Markt
In Deutschland wird es in 2001 ebenfalls einen neuen Pleiterekord geben. Über 33.000 Unternehmen werden nach Berechnung des Bundesverbandes Deutscher Inkasso-Unternehmen bis Jahresende Insolvenz anmelden - ein Plus von 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Davon sind allerdings die wenigsten börsennotiert.

Einzig am Neuen Markt ist die Pleitewelle spürbar. Herrschte im Sommer 2000 nach Veröffentlichung sogenannter Todeslisten von Börsenbriefen noch helle Empörung, haben inzwischen reihenweise Neuer Markt Unternehmen Insolvenz angemeldet.

Gigabell hatte die zweifelhafte Ehre das erste Pleiteunternehmen zu sein. Im September letzten Jahres war das Ende des Internet-Providers mit dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens besiegelt. Angesichts des wenig originellen Geschäftsmodells und einer hohen Cash-Burn-Rate überraschte das Aus nicht.

Von Metabox bis Kinowelt

Es folgten in 2001 Sunburst, Micrologica, Metabox, Refugium, Management Data, Kabel New Media, Infomatec, Lipro, MB Software, Letsbuyit.com und weitere, meist kleinere Unternehmen.

Bis zum Herbst 2001 waren es in der Regel umstrittene Firmen, die am Neuen Markt Pleite gingen. Ob Infomatec, Letsbuyit.com oder Metabox - alle Firmen waren bereits vor dem offiziellen Ende heftig kritisiert worden. Mal wurde der Vorstand als unfähig oder gar betrügerisch klassifiziert, mal Geschäftsmodell oder Produkt als aussichtslos bezeichnet.

Im November stellte dann mit Biodata [ Kurs/Chart ] das erste Nemax 50-Mitglied Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Offenbar machte dem Management des früher hochgelobten Unternehmens nicht nur die Konjunkturflaute zu schaffen. Aktionärsschützer glauben, dem Software-Entwickler sei es schon lange nicht so gut gegangen wie behauptet. Gegen den Vorstand wurde wegen Verschleierung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse Strafanzeige gestellt.

Vor- und Nachteile der Pleiten

Kurze Zeit nach Biodata haben auch noch Kinowelt [ Kurs/Chart ] und Brokat [ Kurs/Chart ] Gläubigerschutz beantragt. Damit stehen zwei Oldtimer des Neuen Marktes vor dem endgültigen Aus. Diese Unternehmen tauchten im übrigen im Sommer 2000 nicht auf den Todeslisten auf. Brokat und Kinowelt zeigen, dass sich die Führungskräfte aussichtsreicher Unternehmen teils schlicht und einfach verhoben haben. Schnelle verlustreiche Expansion und hohe Schuldenberge führten zum Exodus. Weiteren Ex-Stars wie Intershop [ Kurs/Chart ] und EM.TV [ Kurs/Chart ] droht das gleiche Schicksal.

Unter den kleinen bis mittelgroßen Playern am Neuen Markt gibt es sehr viele potenzielle Kandidaten für neue Todeslisten. Telegate, Mount 10, Prout, Blue C, Splendid Medien sind nur einige der weiteren, möglicherweise bevorstehenden Insolvenzfälle. Sollten einstige Lieblinge wie Intershop oder EM.TV Pleite gehen, könnte das kurzfristige

Zwar verkünden ausnahmslos alle Pleitiers, ihre Firma habe eine gute Chance saniert zu werden. Doch in den meisten Fällen sind die Aussichten auf eine Wiederauferstehung äußerst gering. Für die übriggebliebenen Unternehmen am Neuen Markt ist die Pleitewelle von Vorteil. Zum einen sinkt die Zahl der Konkurrenten. Zum anderen steigt das Ansehen des Börsensegments, wenn Aktien wie Gigabell und Co. vom Kurszettel verschwinden.

© 20.12.2001 www.stock-world.de





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