Wer keine Zeit hat, bitte nur das von mir fett Hervorgehobene lesen. Es belegt, dass die EZB-Geldpolitik eine Umverteilung von unten nach oben darstellt.
Interview mit Reinhard Panse - einem Urgestein der Vermögensverwaltung in Deutschland. Seit mehr als drei Jahrzehnten kümmert Panse sich um die Geldanlagen betuchter Kunden. Seine wohl prominenteste Karrierestation: Von 2011 bis 2020 war Panse Chief Investment Officer (CIO) und Geschäftsführer der HQ Trust GmbH, des Multi-Family-Offices der Familie des einstigen Industriellen Harald Quandt. Allein dort verantwortete er eigenen Angaben zufolge Kundenvermögen in Höhe von gut zehn Milliarden Euro.
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manager magazin: Herr Panse, sorgen sich Ihre Kunden derzeit angesichts der hohen Inflation?
Reinhard Panse: Nein, das ist kaum Thema, denn wir haben unsere Kunden schon ab Sommer 2020 darauf vorbereitet, dass die Inflationsraten steigen werden. Und das ist ja genauso eingetreten. Die Gründe sind bekannt: Demographie, Deglobalisierung, zunehmender Populismus in der Politik, also eine Politik, die überall in der Welt nicht mehr tut, was für ein langfristiges Wirtschaftswachstum erforderlich ist. Deshalb bleibt das Wirtschaftswachstum schwach, was wiederum bei sehr hohen Schulden zu Problemen führt.
Inwiefern?
Wir zeigen unseren Kunden diesen Zusammenhang seit Längerem auf: Der entscheidende Faktor für das Zinsniveau ist die Staatsverschuldung, nicht die Inflationsrate. Wenn die Staatsschulden so hoch sind, wie derzeit, können Zentralbanken die Inflation gar nicht mehr bekämpfen. Jedenfalls nicht in dem Maße, wie dies nötig wäre.
Die Europäische Zentralbank müsste also schon jetzt stärker gegen die Inflation vorgehen?
Ja. Wenn man die Inflation wirklich bekämpfen will, muss das Zinsniveau über die Inflationsrate steigen. Nur so lässt sich die Spartätigkeit wieder anregen. Das lässt sich in der Geschichte deutlich erkennen. In den USA hat man den Zins ab Ende der 70er-Jahre auf 20 Prozent angehoben, bei einer Inflationsrate von 10 Prozent. Das ist heute völlig undenkbar. Die aktuellen Inflationsraten werden zwar ein Stück weit wieder sinken. Aber: In den USA zum Beispiel droht bereits jetzt eine Lohn-Preis-Spirale. Wir sehen das bislang höchste Niveau offener Stellen. Die Arbeitnehmer haben also eine starke Position bei Gehaltsverhandlungen. Sie sehen zudem, dass große Markenhersteller bereits ihre Preise erhöhen.
Wie ist es in Deutschland?
Wir haben in Deutschland die niedrigste Erwerbslosenquote der gesamten Eurozone. Der Durchschnitt der Eurozone ist mehr als doppelt so hoch. Frankreich, Italien und Spanien liegen noch höher. Diese Länder haben auch größere Schuldenprobleme als Deutschland, deshalb werden sie eine angemessene Inflationsbekämpfung durch die EZB verhindern wollen. Zudem blicken die Notenbanken inzwischen auch auf die Finanzmärkte, wo zu starke Zinsschritte zu Verwerfungen führen können.
Das heißt, die Inflationsraten bleiben vorerst hoch?
Ja, allein schon, weil die Verschuldung heute viel höher ist als in früheren Zeiten.
Also doch Grund zur Sorge bei Anlegern?
Grundsätzlich ist unsere Klientel, also vergleichsweise vermögende Investoren, durchaus für höhere Inflationsraten gut aufgestellt, da sie überwiegend Aktien, Unternehmensbeteiligungen, Immobilien und Gold besitzen, aber wenig festverzinsliche Anlagen. 50 Prozent der Deutschen sollten sich allerdings Sorgen machen. Nämlich jene 50 Prozent, die weder Immobilien noch ein Aktiendepot haben. Die wird es voll erwischen. Denn deren Altersvorsorge, sei es ein Riestervertrag, sei es eine Lebensversicherung, ist weitgehend unterlegt mit festverzinslichen Wertpapieren...