Seit 2009 verfolgen Ökonomen und Politiker, insbesondere in USA, die Strategie, kräftiges Wachstum für die Zukunft voranzukündigen. Tenor: "Der Aufschwung steht unmittelbar bevor." Wenn die Ziele dann - regelmäßig - nicht erreicht werden, heißt es stets: "Nächstes Jahr wird der Aufschwung aber ganz bestimmt kommen".
Dies hatte ich kürzlich in einem "Erwartungs-Chart" zum US-BIP-Wachstum für das 1. Q. 2015 gezeigt:
www.ariva.de/forum/...SA-Baeren-Thread-283343?page=4692#jumppos117310Bezeichnend: Je näher der Termin rückte, desto stärker sanken die Prognosen.
Dieser Hedonismus soll die Stimmung, vor allem bei den Konsumenten, heben - und die überoptimistischen Prognosen damit zu einer sich selbst erfüllenden Vorhersage machen.
Nun aber wurde der IWF selber ein Opfer dieses Hedonismus, weil seine Kreditvergaben an Griechenland auf eben diesen über-optimistischen Prognosen basierten, die die Rückzahlungsfähigkeit (und natürlich auch -willigkeit) der Griechen stark überschätzten.
Die Folge ist "Chaos" beim IWF. Weiter aus SPON-Link in # 589:
Damit implodierte buchstäblich über Nacht das fast 70-jährige Kreditsystem des IWF, der einen solchen Fall bisher als unvorstellbar abgetan hat: Als erstes Industrieland überhaupt ließ Griechenland eine Zahlungsfrist verstreichen - mit einer historischen Rekordsumme. So landete das Krisenland in der unrühmlichen Gesellschaft meist kriegsgebeutelter Staaten, die den IWF haben hängen lassen, darunter der Irak, Sudan, Simbabwe, Haiti, Somalia, Bosnien und Afghanistan.
Dem IWF droht nun Chaos. So eine heikle Lage war nie eingeplant, es ist ein Präzedenzfall. Denn Griechenland schuldet dem Fonds nunmehr 6,2 Milliarden Dollar bis Ende 2015 plus 26 Milliarden Dollar über die nächsten zehn Jahre hinweg. Das ist nach Berechnungen der US-Denkfabrik Council of Foreign Relations mehr als viermal so viel wie alle anderen, ausstehenden IWF-Schulden insgesamt - eine Summe, von der sich Experten kaum vorstellen können, dass Athen sie je abstottern wird.
Zumindest die Hoffnung darauf wird aber noch offengehalten. Laut IWF hat Griechenland noch in letzter Minute darum gebeten, die Zahlung der aktuell fälligen Rate erst später leisten zu müssen. Darüber werde der Fonds zu gegebener Zeit beraten, hieß es.
Experten hatten das Debakel schon lange kommen sehen. Bereits im Mai 2010 warnte der brasilianische Ökonom Paulo Nogueira Batista, der elf lateinamerikanische Länder im Direktorium des IWF vertritt, vor dem damals ersten Milliardenkredit des Fonds an Griechenland: "Die Risiken des Programms sind immens." Es drohe Gefahr, dass es sich als "schlecht durchdacht und letztendlich untragbar" entpuppen werde.
Er habe "beträchtliche Zweifel an der Machbarkeit des Programms", monierte auch der Schweizer IWF-Direktor Rene Weber seinerzeit. So seien die Wachstumsprognosen für Griechenland viel zu "freundlich". Sein argentinischer Kollege Pablo Andrés Pereira stimmte zu: "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Griechenland am Ende schlechter dasteht."