Die Börse hat ihre eigene Sprache, meist ist mehr gemeint, als gesagt wird. Nach dem Vertrauensverlust an den Kapitalmärkten haben einige Banken begonnen, ihre Rating-Systeme zu vereinfachen.
Kaufen, halten oder verkaufen. Vor diesen drei - scheinbar einfachen - Alternativen steht der Aktionär. Weit gefehlt! Denn Analysten, Bankberater und Broker konfrontieren Anleger oft mit einer weit ausgefeilteren Terminologie: Outperformer, Akkumulieren, übergewichten, Marketperformer.
Analysten-Meinungen sollen die Aktienmärkte eigentlich transparent machen. Tatsächlich tragen die unterschiedlichen Begriffe aber eher zu Irritationen bei. So lässt sich selbst aus dem Urteil "Outperfomer" keine verlässliche Aussage ableiten. Denn das vermeintliche Top-Rating sagt nichts weiter, als dass sich die betreffende Aktie besser entwickelt als die zugehörige Branche: Es kann somit durchaus sein, dass ein Outperformer nur der Einäugige unter den Blinden ist.
Mit dem Begriffswirrwarr soll nun Schluss sein. Die Analysten der Deutschen Bank etwa werden Aktien künftig nur noch simpel zum Kaufen ("buy"), halten ("hold") oder verkaufen ("sell") empfehlen. Damit greifen die Deutschbanker die Anregungen der Kritiker nach mehr Transparenz auf. "Wir schaffen Transparenz und klarere Aussagen für unsere Kunden", sagt Detlev Rahmsdorf, Sprecher der Deutschen Bank.
Trend zur Verständlichkeit
Vor der Deutschen Bank hatten schon Lehman Brothers, HSBC, Merrill Lynch, Morgan Stanley, Goldman Sachs und Credit Suisse First Boston ihre Rating-Systeme vereinfacht: Der Trend zu mehr Verständlichkeit ist vor dem Hintergrund des Vertrauensverlustes zu sehen, den die Analysten nach dem Platzen der Aktienblase und den Skandalen um Worldcom und Enron in Amerika erlitten haben. "Die Anleger wünschen ein transparentes und konsistentes Rating, dessen Spektrum voll genutzt wird", sagt Dennis Shea, Direktor des Aktienresearch bei Morgan Stanley.
Seit März nutzt die US-Investmenbank bereits ein dreistufiges Bewertungssystem ("Overweight", "equal-weight", "underweight"), bezogen auf die jeweilige Branche. Zusätzlich veröffentlicht Morgan Stanley auch Einschätzungen der individuellen Branche. Nur: Die Analystensprache ist dadurch nicht einfacher geworden.
Die Deutsche Bank geht noch einen Schritt weiter. Die bisherigen Empfehlungen hatten einen relativen Bezug zum Gesamtmarkt - jetzt rückt die Frankfurter Großbank die absolute Rendite in den Mittelpunkt. Anhand der erwarteten Kursziele für die kommenden zwölf Monate werden die Empfehlungen erstellt: Wenn die Gesamtrendite - Kursveränderung zuzüglich Dividende - auf mehr als zehn Prozent geschätzt wird, wird die Aktie zum Kauf empfohlen. Verliert die Aktie mehr als zehn Prozent, empfehlen die Banker die Aktie künftig zum Verkauf.
Rüdiger von Rosen, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Deutschen Aktien Institut (DAI), begrüßt die späte Einsicht: "Das bringt Klarheit für Privatanleger." Und man könne damit das Vertrauen in die Kapitalmärkte stärken. "Die Beurteilungen der Analysten boten bisher einen zu großen Spielraum für Interpretationen", sagt von Rosen.
Verkaufsempfehlungen sind Mangelware
Einige Experten hingegen werfen den Instituten Effekthascherei vor. Entscheidend sei weniger die Anzahl der RatingKlassen als vielmehr das Ungleichgewicht zwischen positiven und negativen Empfehlungen zu beseitigen. Trotz der anhaltenden Baisse an den Weltbörsen seien Verkaufsempfehlungen Mangelware. So lauten in Amerika nach Auskunft von Thomson/First Call gerade 1,8 Prozent aller Beurteilungen auf Verkaufen.
Kein Wunder: Aktienresearch ist für Investmentbanken seit jeher ein Instrument, um das Geschäft zu stimulieren - im Investmentbanking, im Aktienhandel oder in der Vermögensverwaltung. Und weil dem so ist, sind Analysten in ihren Urteilen diplomatisch: Allenfalls zwischen den Zeilen werden kritische Untertöne laut; niemandem will man vor den Kopf stoßen (siehe Kasten "Wall-Street im Klartext").
Die Vereinfachung der Aktien-Ratings ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vor Fehleinschätzungen ist der Anleger jedoch auch in Zukunft nicht gefeit: "Jedes Kursziel ist subjektiv, weil ihm eine Bewertung und Interpretation von Daten zu Grunde liegt", sagt Hartmuth Höhn von der Berenberg Bank.
Trotz der Reformschritte sollten Investoren auf der Hut sein. Wenn Researchberichte an Privatanleger weitergereicht werden, haben institutionelle Anleger diese meist längst verwertet. Und: Aktienanalysen haben eine ähnliche Halbwertszeit wie der Wetterbericht: "Nichts ist so uninteressant wie der Wetterbericht von gestern."
Ahnungslos
"Der Markt wird durch technische Faktoren gedrückt": Wir haben keine Ahnung, warum die Aktien fallen.
Tröstlich
"Auf relativer Basis ist die Aktie billig": Sie ist schon teuer, aber andere Titel sind noch viel höher bewertet.
Optimistisch
"Wir sind Langzeitanleger": Die Aktie ist im Keller, aber wir hoffen, dass sie mittelfristig wieder in den grünen Bereich kommt.
Entschlossen
"Die Aktie ist fair bewertet": Wenn sie noch weiter steigt, verkaufen wir.
Pessimistisch
"Die Aktie wird langfristig attraktiv": Das nächste Jahr wird auf jeden Fall hart.
Ungläubig
"Die Aktie ist überverkauft": Wir hätten nie gedacht, dass sie so weit fallen könnte.
Kaufen, halten oder verkaufen. Vor diesen drei - scheinbar einfachen - Alternativen steht der Aktionär. Weit gefehlt! Denn Analysten, Bankberater und Broker konfrontieren Anleger oft mit einer weit ausgefeilteren Terminologie: Outperformer, Akkumulieren, übergewichten, Marketperformer.
Analysten-Meinungen sollen die Aktienmärkte eigentlich transparent machen. Tatsächlich tragen die unterschiedlichen Begriffe aber eher zu Irritationen bei. So lässt sich selbst aus dem Urteil "Outperfomer" keine verlässliche Aussage ableiten. Denn das vermeintliche Top-Rating sagt nichts weiter, als dass sich die betreffende Aktie besser entwickelt als die zugehörige Branche: Es kann somit durchaus sein, dass ein Outperformer nur der Einäugige unter den Blinden ist.
Mit dem Begriffswirrwarr soll nun Schluss sein. Die Analysten der Deutschen Bank etwa werden Aktien künftig nur noch simpel zum Kaufen ("buy"), halten ("hold") oder verkaufen ("sell") empfehlen. Damit greifen die Deutschbanker die Anregungen der Kritiker nach mehr Transparenz auf. "Wir schaffen Transparenz und klarere Aussagen für unsere Kunden", sagt Detlev Rahmsdorf, Sprecher der Deutschen Bank.
Trend zur Verständlichkeit
Vor der Deutschen Bank hatten schon Lehman Brothers, HSBC, Merrill Lynch, Morgan Stanley, Goldman Sachs und Credit Suisse First Boston ihre Rating-Systeme vereinfacht: Der Trend zu mehr Verständlichkeit ist vor dem Hintergrund des Vertrauensverlustes zu sehen, den die Analysten nach dem Platzen der Aktienblase und den Skandalen um Worldcom und Enron in Amerika erlitten haben. "Die Anleger wünschen ein transparentes und konsistentes Rating, dessen Spektrum voll genutzt wird", sagt Dennis Shea, Direktor des Aktienresearch bei Morgan Stanley.
Seit März nutzt die US-Investmenbank bereits ein dreistufiges Bewertungssystem ("Overweight", "equal-weight", "underweight"), bezogen auf die jeweilige Branche. Zusätzlich veröffentlicht Morgan Stanley auch Einschätzungen der individuellen Branche. Nur: Die Analystensprache ist dadurch nicht einfacher geworden.
Die Deutsche Bank geht noch einen Schritt weiter. Die bisherigen Empfehlungen hatten einen relativen Bezug zum Gesamtmarkt - jetzt rückt die Frankfurter Großbank die absolute Rendite in den Mittelpunkt. Anhand der erwarteten Kursziele für die kommenden zwölf Monate werden die Empfehlungen erstellt: Wenn die Gesamtrendite - Kursveränderung zuzüglich Dividende - auf mehr als zehn Prozent geschätzt wird, wird die Aktie zum Kauf empfohlen. Verliert die Aktie mehr als zehn Prozent, empfehlen die Banker die Aktie künftig zum Verkauf.
Rüdiger von Rosen, geschäftsführendes Vorstandsmitglied beim Deutschen Aktien Institut (DAI), begrüßt die späte Einsicht: "Das bringt Klarheit für Privatanleger." Und man könne damit das Vertrauen in die Kapitalmärkte stärken. "Die Beurteilungen der Analysten boten bisher einen zu großen Spielraum für Interpretationen", sagt von Rosen.
Verkaufsempfehlungen sind Mangelware
Einige Experten hingegen werfen den Instituten Effekthascherei vor. Entscheidend sei weniger die Anzahl der RatingKlassen als vielmehr das Ungleichgewicht zwischen positiven und negativen Empfehlungen zu beseitigen. Trotz der anhaltenden Baisse an den Weltbörsen seien Verkaufsempfehlungen Mangelware. So lauten in Amerika nach Auskunft von Thomson/First Call gerade 1,8 Prozent aller Beurteilungen auf Verkaufen.
Kein Wunder: Aktienresearch ist für Investmentbanken seit jeher ein Instrument, um das Geschäft zu stimulieren - im Investmentbanking, im Aktienhandel oder in der Vermögensverwaltung. Und weil dem so ist, sind Analysten in ihren Urteilen diplomatisch: Allenfalls zwischen den Zeilen werden kritische Untertöne laut; niemandem will man vor den Kopf stoßen (siehe Kasten "Wall-Street im Klartext").
Die Vereinfachung der Aktien-Ratings ist ein Schritt in die richtige Richtung. Vor Fehleinschätzungen ist der Anleger jedoch auch in Zukunft nicht gefeit: "Jedes Kursziel ist subjektiv, weil ihm eine Bewertung und Interpretation von Daten zu Grunde liegt", sagt Hartmuth Höhn von der Berenberg Bank.
Trotz der Reformschritte sollten Investoren auf der Hut sein. Wenn Researchberichte an Privatanleger weitergereicht werden, haben institutionelle Anleger diese meist längst verwertet. Und: Aktienanalysen haben eine ähnliche Halbwertszeit wie der Wetterbericht: "Nichts ist so uninteressant wie der Wetterbericht von gestern."
Wall Street im Klartext
Ahnungslos
"Der Markt wird durch technische Faktoren gedrückt": Wir haben keine Ahnung, warum die Aktien fallen.
Tröstlich
"Auf relativer Basis ist die Aktie billig": Sie ist schon teuer, aber andere Titel sind noch viel höher bewertet.
Optimistisch
"Wir sind Langzeitanleger": Die Aktie ist im Keller, aber wir hoffen, dass sie mittelfristig wieder in den grünen Bereich kommt.
Entschlossen
"Die Aktie ist fair bewertet": Wenn sie noch weiter steigt, verkaufen wir.
Pessimistisch
"Die Aktie wird langfristig attraktiv": Das nächste Jahr wird auf jeden Fall hart.
Ungläubig
"Die Aktie ist überverkauft": Wir hätten nie gedacht, dass sie so weit fallen könnte.