Meine 50 Cents zu der gestrigen Meldung:
Also erst einmal finde ich es etwas seltsam, dass man Ende März ein ganz klares Bekenntnis im Jahresbericht zum US Geschäft abgibt (s.u.) und neun Monate später hat man das verkauft. Da so ein Verkaufsprozess auch einige Monate dauert, muss also direkt nach der Veröffentlichung im Jahresbericht ein Umdenken stattgefunden hat. Aber gut, so etwas sollte es geben und vielleicht war das auch eine Verhandlungsstrategie. Sehr transparent ggü den Aktionären wirkt das aber nicht.
2018 hatte man dies noch transparenter kommuniziert: www.delti.com/Investor_Relations/pressemitteilung_IR129.html
Was mir natürlich auch nicht so gut gefällt ist, dass das US Geschäft (leicht) profitabel war und das jetzt wegfällt. Wie hoch der Umsatz- Ergebnisbeitrag war/ist, kann ich nicht einschätzen. In 2019 hieß es, dass man mehr als 500 Mio EUR Umsatz in Europa gemacht hat von insgesamt 626 Mio EUR und im 2020er GB steht, dass man außerhalb der EU 153,4 Mio Umsatz gemacht hat. Dazu sind auf S. 150 die Währungssensitivitäten, bei denen der USD ca. 80% des Gesamtrisikos ausmacht. Zudem stand dort, dass eine 10%ige Aufwertung des EUR (=Abwertung des USD) das Ergebnis vor Ertragsteuern um ca. 1 Mio EUR belastet hätte und vice versa. Was wäre Eure Einschätzung, was dort an Umsatz und Ergebnis verloren geht? 50-100 Mio Umsatz bei 1-3 Mio EBITDA oder ist das zu hoch gegriffen?
Was mir natürlich gut gefällt:
a) Zusätzliche Liqudität, sollte auch bei der Finalisierung der Schuldenrestrukturierung bis Ende Januar helfen
b) „Die Delticom AG stärkt mit dem Verkauf sowohl ihre Eigenkapitalbasis“, sprich: man hat das US Geschäft mit Gewinn verkauft (was mich aber bei der Höhe des Kaufpreises und der Aussage bezüglich der Investitionen der letzten Jahre etwas wundert – mit welchem Betrag muss denn das in den Büchern gestanden haben? Oder wurde das in den Vorjahren abgeschrieben?)
c) Fokussierung auf das Kerngeschäft und auf Europa
Da mE der größte Trigger bei der Aktie nicht die schiere Umsatzzahl, sondern eher die EK-/ Verschuldungs- und Leverage-Situation ist, sollte diese Nachricht mE kursförderlich sein.
Am Rande: Delti hat stark unter Corona gelitten. Der Markt spielt gerade den Übergang von der Pandemie zur Endemie. Sollte das im Umkehrschluss nicht die equity story für Delticom verbessern? Und das zusätzlich in einer Zeit, in der die Neuwagenproduktion nicht richtig läuft und der Gebrauchtwagenmarkt boomt?
Vielleicht ist die US-Meldung ja auch mal ein Grund für Metzler mit einem neuen Update herauszukommen, nach den 3Q-Zahlen kam ja nichts von denen.
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S. 83 des 2020er Jahresberichts
„Das Geschäft in den USA werden wir auch zukünftig weiter fortsetzen. Mit den über die letzten Jahre getätigten Investitionen ist es uns gelungen, das Geschäft in den USA profitabel auszurichten. Der regelmäßige Austausch zwischen den Geschäftsverantwortlichen in den USA und Europa vornehmlich in den Bereichen Marketing und Vertrieb ist für beide Seiten hilfreich und schafft entsprechende Synergien. Aus der Fortsetzung des US-Geschäfts geht keine Belastung für das Ergebnis der Delticom-Gruppe einher. Auch in den USA sehen wir mit Blick auf die Onlinepenetration im Bereich Ersatzreifen weitere Wachstumschancen. Auch dort werden wir die notwendige Balance zwischen Wachstum und Profitabilität fest im Auge behalten“
S. 150 / Währungssensititvität
USD 1,2232
Ergebnis +10 % in €-947.608
Ergebnis –10 % in €947.608
„Auf die Länder außerhalb der EU entfiel in 2020 ein Umsatz von 153,4 Mio. € (2019: 162,7 Mio. €, –5,7 %).“