DaimlerChrysler vor der Wende? Seite 1/2
[ 16.07.02, 13:55 ]
Von Willi Weber
Als Aktionär von DaimlerChrysler hat man es in Vergangenheit nicht immer leicht gehabt. So schockte der Autobauer im Februar die Anleger mit einer drastischen Gewinnwarnung. Keine fünf Monate später zeichnet sich erneut eine Korrektur ab - doch dieses Mal mit umgekehrten Vorzeichen.
Bei Chrysler soll es im zweiten Quartal ganz gut gelaufen sein.
Branchenexperten rechnen damit, dass der Konzern spätestens am Donnerstag bei der Vorlage der Halbjahreszahlen die Prognose beim operativen Gewinn anheben wird. Als Gründe nennen sie die positive Entwicklung bei den Chrysler-Marken.
Doch so neu, wie es der Wirbel um die Gerüchte vermuten lässt, ist diese Information auch nicht. Schon Ende Juni erklärte DaimlerChrysler-Chef Jürgen Schrempp gegenüber dem "Wall Street Journal Europe", dass der Wendepunkt bei Chrysler nach einem starken zweiten Quartal erreicht sei. Außerdem ließ der Konzernchef damals durchblicken, dass der Jahresausblick erhöht werden könnte.
Ursprünglich lag der für 2002 anvisierte Zielkorridor beim operativen Gewinn zwischen 5,5 bis 6,5 Milliarden Euro. Der Schock folgte im Februar. Plötzlich hieß es, dass man im laufenden Jahr nur noch mit einem Operating Profit rechne, der über dem Doppelten des Jahres 2001 - also bei 2,6 Milliarden Euro - liegt.
Erfahren Sie im zweiten Teil: Folgt jetzt die Korrektur der Korrektur? Welche drei Gründe gegen ein Neuengagement bei DaimlerChrysler sprechen.
Aufgrund Schrempps optimistischer Andeutungen darf davon ausgangen werden, dass der operative Gewinn auf Konzernebene im zweiten Quartal über dem des ersten liegen wird.
In Q1 betief sich dieser damals auf knapp über eine Milliarde Euro. boerse-online.de rechnet daher im zweiten Quartal mit einem Wert von etwa 1,2 Milliarden Euro. Zusammen genommen ergäbe dies ein operatives Halbjahresergebnis von 2,2 Milliarden Euro.
Damit wäre schon in den ersten sechs Monaten fast das komplette Jahresziel von mehr als 2,6 Milliarden Euro erreicht. Eine Anhebung der 2002er Prognose sollte daher am Donnerstag nicht überraschen.
Für die Bewertung der Aktie ist aber dennoch Vorsicht angebracht: Zum einen kann der operative Gewinn nach US-GAAP im Gegensatz zum deutschen HGB auch durch außerordenlich anmutende Maßnahmen wie dem Verkauf von Vermögensteilen geschönt werden.
Zweitens dürften die Belastungen aus der Gewährung von Verkaufsanreizen, wie den Null-Zins-Finanzierungen zu Anfang des Jahres, die Entwicklung des Ergebnisses erst zu einem späteren Zeitpunkt bremsen.
Und schließlich gibt es Drittens keine Garantie für den konjunkturelle Aufschwung im zweiten Halbjahr, den der Konzern in seinen Planungen einkalkuliert hat. Die enormen Vermögensverluste durch die fallenden Aktienkurse könnte die bisher so ausgeprägte Konsumleidenschaft der US-Bürger dämpfen.
Aus den genannten Gründen ist die DaimlerChrysler-Aktie für boerse-online.de trotz der guten Aussichten bei den Halbjahreszahlen im Augenblick keine KAUF-Empfehlung.
Empfehlung: HALTEN
Kurs am 16. Juli: 44,75 Euro
Stoppkurs: 40 Euro
Gruß Pichel