Das Warten auf das Wirtschaftswunder

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Nassie:

Das Warten auf das Wirtschaftswunder

 
13.08.03 10:44
Niedriglöhne: kein Beschäftigungsmotor für Deutschland


In der Diagnose wissen sie sich oft einig: Zu hohe Löhne, Steuern und Abgaben sowie der verkrustete Arbeitsmarkt seien die Hauptursachen für die anhaltende Malaise der deutschen Wirtschaft. Um die Konjunktur wieder auf Trab zu bringen, müsse gründlich aufgeräumt werden; vor allem der inflexible Arbeitsmarkt und die Sozialsysteme gehörten dereguliert, fordern Modernisierer, Wissenschaftler und Politiker gleichermaßen. Und Arbeitsplätze würden nur geschaffen, wenn mehr Billigjobs entstünden.



"Niedriglöhne dämpfen Nachfrage"

Doch Claus Schäfer, Referent beim Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) bei der Hans-Böckler- Stiftung in Düsseldorf, hält dagegen. In Sachen Billiglöhne ist der Ökonom des gewerkschaftsnahen Instituts ein Experte: "Niedriglöhne erzeugen nicht mehr Beschäftigung", sagt er und untermauert seine These mit dem Hinweis auf Zahlen und Fakten. Niedriglöhne trügen nicht zur Ankurbelung der Wirtschaft bei. Im Gegenteil, sie entzögen der Volkswirtschaft Nachfrage.


Nachgefragte Billigjobs

In einem Projekt für die nordrhein-westfälische Landesregierung hat das WSI umfangreiche Daten aus der Beschäftigungsstatistik der Bundesanstalt für Arbeit (bis 1997) ausgewertet und analysiert. Ziel war es dabei, die Ausbreitung von Niedriglöhnen aufzuzeigen. Rund ein Drittel aller Vollzeitbeschäftigten, resümiert Schäfer, stehen derzeit in Billigjobs. Bei den ganzjährig Vollzeitbeschäftigten sei es immer noch eine Quote von 25 Prozent.

Für den Zeitraum zwischen 1980 und 1997 konstatieren die WSI- Experten bei rückläufiger Gesamtzahl der Vollzeitbeschäftigten einen Anstieg des Niedriglohnsegments. Dabei konzentrieren sich die schlecht bezahlten Jobs vor allem auf Kleinbetriebe. Gerade dieser Befund, schreibt Schäfer in der WSI-Studie, stehe im Kontrast zur aktuellen Debatte, die davon ausgehe, dass "gerade Klein- und Kleinstbetriebe einer besonderen Entlastung bei den Löhnen und anderen Kosten bedürfen".


Vergebliches Warten auf mehr Beschäftigung

Ein schlagender Beweis für die WSI-Experten, dass Billiglöhne keineswegs den Königsweg für mehr Beschäftigung aufzeigen, ist die Entwicklung der Löhne in Ostdeutschland. Bei einem effektiven Lohnrückstand von rund einem Drittel gegenüber dem Westen sei selbst unter diesen günstigen Voraussetzungen kein Beschäftigungswunder ausgelöst worden, betont Schäfer.

Die heimischen Lohnstückkosten, hätten sich in den vergangenen Jahren überaus maßvoll entwickelt, maßvoller als in den USA und Großbritannien, schrieben Eckhard Hein, Bernd Mülhaupt und Achim Truger in einem Beitrag für die WSI-Mitteilungen. "Eine noch stärkere Lohnzurückhaltung zwecks Verbesserung der Wettbewerbsposition würde vielmehr die Binnennachfrage schwächen und die Deflationsgefahr erhöhen".




Dem Konsum fehlt seit Jahren die Dynamik"

Nicht die angeblichen Verkrustungen der Arbeitsmärkte oder hohe Löhne sind nach Ansicht der gewerkschaftsnahen Ökonomen dafür verantwortlich zu machen, dass Deutschland in der EU beim Wirtschaftswachstum die Schlusslaterne trägt. Gerade der immer noch florierende Exportmotor zeige, dass die Ursachen an anderer Stelle zu suchen sind: "Dem Konsum fehlt seit Jahren die Dynamik", sagt Schäfer. Und mit dem rigiden Sparkurs der Regierung und dem Zurückfahren öffentlicher Investitionen verschärfe sich die Lage.


Zu zahme Gewerkschaften?

Der private Verbrauch laufe schlecht, weil die Leute zu wenig verdienen. Außerdem seien die Lohneinkommen ungleichmäßig verteilt. Dabei haben sich die Gewerkschaften nach Ansicht von Schäfer in den vergangenen Jahren alles andere als kämpferisch gezeigt. Und er wagt die These: "Die Gewerkschaften sind in den vergangenen Jahren bei den Tarifverhandlungen viel zu zahm gewesen".

(N24.de, dpa)
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