Nils Jacobsen
Wie gewonnen so zerronnen: Das
Jahr 2001 hatte für
Technologieinvestoren so gut
begonnen. Bis zum 24. Januar
konnte die Nasdaq ein
beachtliches Plus von über 15
Prozent verbuchen - doch nur drei Wochen später sind die
Gewinne nicht nur zusammengeschmolzen: Der
Technologieindex liegt mit 2425 Punkten auf Jahressicht bereits
wieder deutlich im Minus!
US FINANCE-Leser waren gewarnt: New York-Korrespondent
Christian Tempich und ich haben in den letzten drei Wochen
immer wieder darauf hingewiesen, wie wenig überzeugend die
Rallye bis auf 2880 Punkte war.
Am 24. Januar konnten Sie lesen, dass der typische
Januar-Effekt und die Hoffnungen auf Zinssenkungen
verantwortlich für die Rallye waren. "Aber wie lange kann dieser
Aufwärtstrend anhalten, wenn das Ausmaß der angeschlagenen
Wirtschaftslage in vollem Umfang ans Tageslicht kommt?", hieß
es im Beitrag des Market Buzz dieses Tages.
Wie viel diese kurze Rallye Wert war, haben die nachfolgenden
Quartalsergebnisse bewiesen: Nokia, Applied Materials und
Adobe enttäuschten die Anleger schwer und schickten die Kurse
der Technologiebörse auf Tauchfahrt. Doch zum großen
Showdown kam es erst mit den Cisco-Zahlen – die noch
schwächer als erwartet ausfielen.
Cisco und Nortel schocken Hightech-Investoren
In einem Market Buzz Special haben wir die Tragweite dieser
Enttäuschung beschrieben – und die Märkte haben am nächsten
Tag entsprechend reagiert. Vergegenwärtigen Sie sich noch
einmal die Bedeutung dieser historischen Verfehlung: Cisco, das
ungeschlagene Technologieschwergewicht, der Motor der Neuen
Wirtschaft, konnte den Analystenschätzungen nicht entsprechen!
Cisco hat sie nicht nur nicht erfüllt - sondern gar verfehlt! Und
das in einer Zeit, in der der kreativen Buchführung scheinbar
keine Grenzen gesetzt sind...
Wie düster die Lage für Technologieunternehmen inzwischen
geworden ist, stellte dann zum Wochenausklang der einstige
Star des Telekommunikation-Infrastruktur-Sektors unter
Beweis: Nortel Networks lieferte eine der atemberaubendsten
Verfehlungen des letzten halben Jahres ...
Der Rückschlag war also vorprogrammiert. Doch müssen sich
Investoren damit von ihren geliebten Technologiewerten auf alle
Zeit verabschieden? Ich meine: Nein. Denn hierin liegt bereits
die nächste Vorwegnahme eines Trends. Sicher haben wir jetzt
Abwärtspotential bis zum 52W-Low bei 2250 Punkten - aber
genau dieser Test ist sehr hilfreich bei der Suche nach einem
Boden. Ein Markt, der die alten Lows erfolgreich testet, ist
fraglos attraktiver als ein Markt, der sich unentschlossen
seitwärts bewegt.
Hierin genau liegt für Kurz- und auch Langfristinvestoren eine
echte Kaufgelegenheit. Die Stimmung ist bereits wieder so
negativ, dass den Investoren nach dem Cisco- und
Nortel-Desaster die Panik schier ins Gesicht geschrieben steht.
Doch welches Ausmaß kann sie wirklich noch erreichen?
Die nächste Quartalssaison könnte positiv überraschen
Erinnern Sie sich noch, was blanke Panik wirklich ist? Wie es
sich anfühlt, wenn bedeutende Fondsgesellschaften Positionen
en masse verkaufen? Der letzte März ist jetzt fast ein Jahr her...
Und erinnern Sie sich noch an ein wirkliches Blow-up?
Die Intel-Gewinnwarnung im September war der Stein des
Anstoßes. Hier warnte zum ersten Mal eines der
Nasdaq-Schwergewichte und büßte innerhalb einer Woche fast
40 Prozent an Marktkapitalisierung ein. Cisco hatte letzte Woche
etwa die Hälfte davon verloren - bei einer vergleichsweise
großen Katastrophe und noch dramatischeren Guidance.
Auf genau diese Indikatoren sollten Sie jetzt achten: Wann
hören die Marktführer trotz Schreckensmeldungen zu fallen auf?
Vielleicht fällt Cisco auf 25 Dollar, vielleicht auch auf 20 Dollar.
Aber irgendwann hört die Aktie auf zu sinken. Und genauso wird
sich die Technologiebörse Nasdaq verhalten. Technologieaktien
werden jedenfalls mit jedem Selloff interessanter. Juniper, Bea
Systems, Brocade und EMC zählen für mich weiterhin zu den
spannendsten Investments für einen Bounceback... Und
vielleicht ist dieser Boden näher, als viele Investoren in diesen
grauen Tagen glauben: Denn schon mit der nächsten
Ertragssaison wird der Ausblick so negativ sein, dass jede
positive Abweichung mit Kurszuwächsen bejubelt werden
könnte.