einen nur cleverer?
"Die SPD verkürzt ihre wahren Einnahmen"
Revisionsexperte: SPD-Schatzmeisterin erstellte "Geheimanleitung zum Mogeln"
- Offener Brief -
Der emeritierte Hamburger Professor für Revisions- und Treuhandwesen Wilhelm Strobel hat sich in scharfer Form gegen die Darstellungen der SPD zum Finanzgebaren der Partei gewandt.
"Sehr geehrte Frau Schatzmeisterin,
1. Ihr Pharisäergehabe wird schon von Ihrem eigenen ,Handbuch Finanzen' entlarvt, wo Sie auf Seite 31 Ihre unzähligen Zahlstellen zum ,Mogeln' auffordern: Diese sollen den Geldbestand netto ausweisen, indem Sie Bankkredite etc. wegsaldieren. Gerade Sie als gelernte Kaufmännin müssten doch wissen, dass dies zu weiteren Mogeleien anreizt und eine buchhalterische Todsünde ist. Auch dies hatte mein Saarbrücker Kollege Küting im Auge, als er die SPD-Saldierungen anprangerte. Sie kritisierten einen ,Splitter im Auge', obwohl Sie einen ,Balken' drin haben.
2. Haben Sie schon einmal bedacht, weshalb die CDU allein an den Pranger kam? Dahinter steckt eine clevere Strategie beim Parteiengesetz, die die Spendendomäne der CDU ins Rampenlicht und die SPD-Domäne ins Dunkle stellte. Die SPD-Domäne ist das Immobilien- und Firmenimperium. Für die daraus fließenden Erträge wurde schon bei der ersten Parteiengesetzfassung vom 24.7.1967 mit Paragraf 27 Abs. 2 ein Schlupfloch geschaffen, das noch besteht: Beim Erwerbsvermögen sind nur ,Reinerträge' (kein Reingewinn) anzusetzen, also Nettoeinnahmen, die nach Kürzung der direkt dafür aufgewendeten Ausgaben verbleiben.
Sie übersteigern dies, indem Sie Ihr milliardenschweres Erwerbsvermögen in einen ,schwarzen Kasten' werfen und innen drin kreuz und quer saldieren, ja sogar Abschreibungen statt Ausgaben ansetzen. Dadurch verkürzten Sie 1998 ihre Erträge für den Rechenschaftsbericht auf ärmliche 2,4 Millionen DM. Dabei hatten Sie der DDVG (Deutsche Druck- und Verlags-GmbH) eine Ausschüttung von 18,4 Millionen DM abgenommen und mussten aus dem weiteren Riesenvermögen noch mehr bekommen haben.
Ihnen müsste doch klar sein, dass so etwas verfassungswidrig ist. Sie müssen sich im Zweifel an Artikel 21 des Grundgesetzes halten, wonach die Parteien über die Herkunft ihrer Mittel und (ab 1984) auch über deren Verwendung sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben müssen. Wenn Sie Paragraf 27 Abs. 2 des Parteiengesetzes als Ausrede für Ihre Komplettsaldierung benutzen, konstruieren Sie eine Gesetzesauslegung, die grundgesetzwidrig und damit unerlaubt ist. Mit Ihrer Behauptung, das Parteiengesetz ,zwinge' Sie, verkaufen Sie die Öffentlichkeit für dumm.
3. Fiel Ihnen nicht auf, was 2,4 Millionen DM Vermögenseinnahmen bei Ihrem riesigen Erwerbsvermögen bedeuten? Ihr Immobilien- und Firmenimperium wird im Gefolge eines ,Spiegel'-Artikels vom 1.11.1993 (,Biss wie ein Terrier') auf Milliarden geschätzt. Sie könnten weit über eine Milliarde versilbern und damit 70-80 Mill. DM Zinsen im Jahr erzielen - die Hälfte der Beiträge Ihrer Mitglieder. Diese würden sich riesig freuen, wenn sie nur noch die Hälfte zahlen müssten und wüssten, wie reich ihre Partei ist. Wenn Sie trotzdem anders verfahren, muss es einen Grund haben: Können Sie nicht rechnen, oder dient das Vermögensimperium der heimlichen Parteifinanzierung? Wird dabei ,WestLB hoch drei' gespielt? Immerhin haben beim Medienimperium DDVG Mitte der siebziger Jahre acht hochkarätige SPD-Führer einen ,Spielgeld'-Anteil von je 20 000 DM besessen und alsbald wieder abgegeben. Darunter waren Rau, Kühn, Koschnick, Ruhnau etc.
4. Sie wissen, dass Ihr Medienimperium DDVG die Jahres- und Konzernabschlüsse stets verheimlichte. Die Pflicht zur Offenlegung im Handelsregister und Bundesanzeiger entstammt dem Bilanzrichtliniengesetz vom 19.12.1985 und wurde auf Druck der SPD mit dem KapCoRiLiG vom 24.2.2000 verschärft. Diese Unternehmenstransparenz muss von allen SPD-GmbH sofort erfüllt werden. Sie ist eine ,heilige Kuh' der SPD, deretwegen es im sozialliberalen Kabinett 1982 den ersten und letzten Streit gab. Haben Sie Ihr ,Schlangennest' von Firmen wirklich unter Kontrolle? Das Ganze ist doch nur beherrschbar, wenn die Parteileitung und Sie Konzernobermutter spielen, wodurch aber die Parteieigenschaft verloren geht. Auch deshalb wäre es besser, ,cash' zu machen und auf offene Zinserträge umzusteigen.
5. Damit könnten Sie auch leichter das Parteiengesetz erfüllen, das eine echte Einnahmen-Ausgabenrechnung verlangt. Dass Sie etwas anderes vorlegen, gab Ihr Herr Feldmann in einem ,FAZ'-Leserbrief vom 1. April (kein Aprilscherz) zu. Ihr Parteifreund Thierse müsste es Ihnen verbieten, wenn er sein Motto ,Streng nach Gesetz' auch auf Sie anwenden würde. Die ,Allparteienvereinbarung' vom 12.12.1983, die bei Ihnen gilt, ist keine Verwaltungsvorschrift, sondern eine gesetzwidrige ,Geheimanleitung zum Mogeln'. Sie führt zu Ihrer Ertrags-Aufwandsrechnung und Vermögensrechnung, die mit Saldierungen etc. zu viel intransparent macht. Der ,Gesetzeszweck' gebietet Transparenz und keine Erfolgsrechnung. Sie können nach dem 1983er-Papier ein Milliardenvermögen im Rechenschaftsbericht mit einem Bruchteil des wahren Werts ausweisen und einen Wertemischmasch veranstalten. Ebenso können Sie bei den ,Ausgaben' Abschreibungen ansetzen, die keine Ausgaben sind. Zudem können Sie als ,Einnahmen' Mitgliedsbeiträge erscheinen lassen, die noch nicht vereinnahmt sind, obwohl Paragraf 23 Abs. 1 nur ,zugeflossene' Mittel erlaubt. Wenn Ihr Parteifreund Thierse als Bundestagspräsident neulich solche noch nicht vereinnahmten Mitgliedsbeiträge subventionierte, beging er einen Gesetzesverstoß. Dabei geht es auch um Beträge der Anteilsabrechnung zur oberen Parteiebene hin. Können Sie die Hand ins Feuer legen, dass so etwas bei Ihnen nicht passierte?
Sincerely Wilhelm Strobel"