Bush kündigt Feldzug gegen Terroristen an
Die Vergeltung der USA für den Terrorangriff wird sich nicht auf Afghanistan beschränken. Das geht aus Äußerungen der US-Regierung vor.
Karte: Afghanistan und seine Nachbarn
US-Präsident George Bush kündigte einen "umfassenden Angriff auf den internationalen Terrorismus" und seine staatlichen Helfer an. Die Vereinigten Staaten seien in einem Krieg gegen "Barbaren", beschwor er die US-Bürger. Die Auseinandersetzung könne lange dauern, die Bürger müssten jetzt "geduldig sein". Die Antwort der USA auf die Anschläge von New York und Washington werde "radikal, dauerhaft und effektiv" sein.
US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld sprach von einem Prozeß, der Jahre dauere. Dazu gehörten neben militärischen Aktionen auch diplomatische und wirtschaftliche. Vize-Präsident Dick Cheney warnte Unterstützer-Staaten vor dem "vollen Zorn" der USA.
US-Aussenminister Colin Powell sagte: "Wir müssen einen Feldzugsplan ausarbeiten, der diese neue Art Feind jagt, und es geht dabei nicht nur um brutalen Miltäreinsatz, obwohl dies gewiß eine Option ist."
Eine pakistanische Delegation unter Leitung von Geheimdienstchef General Ahmad Mehmood will am Montag beim Taliban-Regime in Afghanistan die Auslieferung von Osama Bin Laden erreichen. Nach Angaben aus Islamabad wird die Delegation in das Taliban-Hauptquartier im Süden des Landes fahren und dem Regime ein Ultimatum stellen: Entweder wird Bin Laden an die USA ausgeliefert oder die Taliban riskieren einen massiven Vergeltungsschlag.
Der US-Fernsehsender CNN berichtete, Pakistan werde den Taliban eine Frist von drei Tagen setzen, um den Islamisten Osama bin Laden auszuliefern. Dieser wird von den USA als einer der Hauptverdächtigen für die Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon bezeichnet. Der Sprecher sagte, er wisse nichts von einer Frist.
Pakistan ist einer der drei Staaten, die die radikal-islamische Taliban-Regierung anerkannt haben. Die Regierung von Präsident General Pervez Musharraf hat nach Angaben der USA Unterstützung bei Militärangriffen gegen die Verantwortlichen für die Angriffe vom Dienstag zugesagt, bei denen vermutlich etwa 5000 Menschen starben. Pakistan hat dagegen zunächst erklärt, es werde allen Resolutionen der Vereinten Nationen (UNO) gegen den Terrorismus Folge leisten. Am Sonntag traf Musharraf mit Politikern, religiösen Vertretern und führenden Journalisten des Landes zusammen, um für eine Unterstützung der USA zu werben.
Taliban ruft Kleriker zusammen
Stützpunkte radikal-islamischer Terrorgruppen
Das Taliban-Regime rief am Sonntag seine geistlichen Führer nach Kabul, um über die Landesverteidigung zu beraten. Anführer Mullah Mohammad Omar sagte am Sonntag dem Rundfunksender Shariat: "Wegen des möglichen Angriffs der USA auf den heiligen Boden Afghanistans sollten die geehrten Gelehrten nach Kabul für eine Entscheidung nach der Scharia kommen." Die Scharia ist das islamische Recht.
Trotz der Drohung von US-Präsident George W. Bush mit einem Angriff gegen Afghanistan hält die fundamentalistische Taliban-Miliz an ihrer Unterstützung für den Extremistenführer Osama Bin Laden fest. "Unsere Haltung gegenüber Osama Bin Laden hat sich nicht geändert", sagte der "Außenminister" der international nicht anerkannten Taliban-Regierung, Wakil Achmed Mutawakel, am Sonntag der den Taliban nahe stehenden Nachrichtenagentur AIP. Am Vorabend hatte Bush den aus Saudi-Arabien stammenden Milliardär als Hauptverdächtigen für die Terroranschläge in den USA genannt und mit Vergeltungsangriffen auch gegen Staaten gedroht, die den Extremistenführer unterstützen. "Wir sind für die Sicherheit aller in unserem Land lebenden Menschen verantwortlich", unterstrich Mutawakel unter Anspielung auf Bin Laden, dem Afghanistan seit rund fünf Jahren Unterschlupf gewähr
Bin Laden weist erneut Verantwortung zurück
Der moslemische Extremistenführer Bin Laden wies erneut jede Verantwortung für die Terrorangriffe in den USA von sich gewiesen. "Die USA zeigen mit dem Finger auf mich, aber ich erkläre hiermit kategorisch, dass ich es nicht getan habe. Er selbst habe nicht die Mittel zu derartigen Angriffen, da Taliban-Chef Mullah Mohammed Omar nicht "will, dass ich an solchen Aktivitäten teilnehme"
Das britische Außenministerium wies die Erklärung von Osama bin laden, er habe mit den Terrorangriffen auf die USA nichts zu tun, zurück. "Bin Laden mag ja eine Erklärung herausgeben. Aber natürlich haben sowohl wir als auch unsere Verbündeten sämtliche Beweise vor Augen, die vor uns liegen", sagte ein Sprecher in London." Das Außenministeriums forderte alle britischen Bürger, die sich im Norden und Nordwesten Pakistans befinden, auf, diese Gegenden zu verlassen.
Oppositionschef ermordet
Die Gegner der radikalislamischen Taliban in Afghanistan haben am Wochenende einen schweren Rückschlag erlitten: Ihr Militärführer Ahmed Schah Massud, der "Löwe des Pandschir", erlag am Samstag den bei einem Attentat vor einer Woche erlittenen schweren Verletzungen. Massuds Sprecher Abdullah bestätigte den Tod des 48-Jährigen, der die Opposition erheblich schwächen dürfte. Denn es war der charismatische Massud, der die unterschiedlichen Gruppen in der Nordallianz im Kampf gegen die Taliban zusammenschweißte. Diese Allianz ist nun vom Zerfall bedroht.
Abdullah machte den unter dem Schutz der herrschenden Taliban in Afghanistan lebenden Topterroristen Osama Bin Laden für das Attentat verantwortlich. Massud habe schon länger vor den Terroristen gewarnt, sei aber nicht ernst genommen worden. Zwei aus Marokko und Tunesien stammende Attentäter hatten sich als Fernsehjournalisten ausgegeben und waren so in die unmittelbare Nähe Massuds gelangt, wo sie einen Sprengsatz zündeten. Dabei wurden die beiden Selbstmordattentäter und ein Berater Massuds sofort getötet, der Militärchef schwer verletzt.
Moslem-Gruppe: Kein Heiliger Krieg
Die größte radikale Moslem-Gruppe in den Philippinen, die MILF, wies am Sonntag einen Aufruf der Taliban zu einem Heiligen Krieg zurück. "Für den Aufruf gibt es keine Berechtigung“, sagte ein MILF-Sprecher. "Es findet keine Verfolgung von Moslems statt."
Die zentralasiatische GUS-Republik Tadschikistan stellt ihr Gebiet und ihren Luftraum nicht für mögliche Angriffe der USA auf Afghanistan zur Verfügung. Gegenteilige Berichte entbehrten jeder Grundlage, erklärte das tadschikische Außenministerium in Duschanbe am Sonntag. Tadschikistan hat von allen früheren Sowjetrepubliken die längste Grenze mit Afghanistan. Sie wird von russischen Truppen gesichert. Der tadschikische Ministerpräsident Akil Akilow hatte am Freitag erklärt, sein Land müsse sich mit Russland beraten, ob es seinen Luftraum für den Einsatz von US-Militär öffnet.
Der Iran schloss seine Grenze zu Afghanistan. Tausende von Afghanen versuchen derzeit, das Land aus Angst vor amerikanischen Vergeltungsschlägen zu verlassen. Der Iran erklärte, er könne keine weiteren Flüchtlinge mehr aufnehmen. Das Land hat in den vergangenen Jahren bereits zwei Millionen Menschen aufgenommen, die vor der Regime in Kabul geflohen waren.
Kriegsschiffe ausgelaufen
In Japan hat das erste US-Kriegsschiff seit den Terrorangriffen in New York und Washington seine Marinebasis in unbekannte Richtung verlassen. Wie die Zeitung "Tokio Shimbun" am Sonntag unter Berufung auf Marinevertreter berichtete, lief der Kreuzer "Cowpens" am Vortag aus dem Hafen Yokosuka aus. Der Zeitung zufolge wurde damit gerechnet, dass er den Nahen Osten ansteuert. Das Kriegsschiff ist mit dem hochmodernen Aegis-Radar- und Abwehrsystem ausgerüstet, das Simultan-Angriffe mit Cruise Missiles auf mehrere Ziele ermöglicht Laut "Tokio Shimbun" sollen zwei weitere US-Kriegsschiffe am Montag Yokosuka verlassen, gefolgt von dem Flugzeugträger "Kitty Hawk" wenige Tage später. Eine Bestätigung des Berichts gab es zunächst nicht.