Hans Eichel hat nicht genug Kredit
Finanzmärkte kaufen zu wenige Anleihen des Bundes
Von Hermannus Pfeiffer
Bundesfinanzminister Hans Eichel stellt sich auf mehr als 30 Milliarden Euro neue Schulden für 2004 ein. Aber schon jetzt wird es immer schwieriger, genügend Geldgeber zu finden.
Die Enttäuschung bei Hans Eichel war riesengroß. Seine jüngste Bundesanleihe ließ sich kaum verkaufen. Die Deutsche Finanzagentur, die die Schulden der Bundesregierung managt, konnte wegen der geringen Nachfrage nur mit Mühe eine neue zehnjährige Anleihe teilweise verkaufen. Bei einem angestrebten Emissionsvolumen von 8 Milliarden Euro teilte die Finanzagentur nur knapp 6 Milliarden zu und behielt damit die ungewöhnlich große Summe von gut zwei Milliarden Euro für die so genannte Marktpflege zurück. »Das ist sehr schlecht gelaufen, es gab nur sehr wenig Nachfrage«, klagte auch ein Rentenhändler einer großen Bank.
Seit Sommer 2001 ist allein die »Bundesrepublik Deutschland-Finanzagentur GmbH« mit dem staatlichen Schuldenmanagement beschäftigt. Endlich, so freute sich Finanzminister Eichel damals, liege der »Marktauftritt des Bundes in eine Hand«. Bis dahin waren Ministerium, Bundesschuldenverwaltung und Bundesbank mit wechselnden Anteilen damit beschäftigt, dem Staat genügend gepumptes Geld zu beschaffen. Alleiniger Gesellschafter der in Frankfurt (Main) ansässigen Firma mit beschränkter Haftung und beschränkter Publizitätspflicht ist der Bund. Aber nicht allein die Konzentration »in einer Hand« soll dem Bund helfen, auf seine unmittelbaren Schulden von 750 Milliarden Euro Zinsen zu sparen, sondern auch die höhere Flexibilität am Markt, die man einem privaten Unternehmen nachsagt, sowie die Nutzung moderner Finanzinstrumente.
Trotz der Privatisierung des staatlichen Schuldenmanagements hakt es. »Die Bund-Auktion war alles andere als ein Erfolg«, heißt es bei der HypoVereinsbank in München, und nicht zum ersten Mal. Bereits bei den letzten Auktionen sei das Angebotsvolumen »kaum von der Nachfrage gedeckt« gewesen. Schlimmer noch aus Bankersicht: »Im Markt ist es offensichtlich, wie Anleger selbst Frankreich gegenüber Deutschland präferieren.« Die Schuldenpapiere der Regierung in Paris sind nämlich unter Finanziers fast tabu, da die Neuverschuldung auch westlich des Rheins in diesem Jahr weit über das erlaubte Maastricht-Kriterium von drei Prozent hinausgehen dürfte.
Analysten zufolge gibt es gute Gründe, warum viele Investoren nun auch die Finger weg von längerfristigen deutschen Anleihen lassen. Sie kritisieren damit die Regierung wegen der desolaten Wirtschafts- und Haushaltslage. »Die Möglichkeit besteht, dass Deutschland seine Emissionspläne noch weiter nach oben schraubt. Dies ist keine gute Zeit, um Anleihen zu kaufen«, sagte Nathalie Fillet von BNP Paribas. Und auch UBS-Analystin Monique Wong hält Bundesanleihen zur Zeit für kein gutes Geschäft: »Derzeit kommen viele neue Anleihen auf den Markt, und das Umfeld ist nicht günstig.« Das Finanzministerium hat die Nettokreditaufnahme für 2003 mittlerweile auf 35 Milliarden Euro taxiert – ursprünglich geplant waren lediglich 19 Milliarden Euro.
Gründe für den Flop liegen jedoch auch im Finanzmarkt selbst. »Dort (an der Börse und bei Banken, d.Red.) kann man (alte) zehnjährige Anleihen billiger kaufen, als wenn man sie neu zeichnet«, erläutert ein Händler. Eine grundlegende negative Tendenz sei daraus aber weder für den Rentenmarkt noch für die Auktionen des Bundes abzuleiten.
Der Härtetest folgt im Oktober, wenn die nächste zehnjährige Anleihe folgt. Möglicherweise werde die Nachfrage nach dieser Emission wieder größer sein, sagen die Finanziers. Dafür erwarten sie allerdings einen fetten Bonus – entweder eine andere Finanzpolitik oder einen Renditeaufschlag. Für Eichel wird die Schuldenaufnahme auf jeden Fall teurer.
Infos zu Bundeswertpapieren unter:
www.deutsche-finanzagentur.de; www.bundeswertpapiere.com; www.bwpv.de (ND 16.08.03)