ftd.de, Sa, 5.4.2003, 17:15
Börsenausblick: Aktien brauchen Kriegserfolge für Gewinne
Von Sebastian Sachs, Frankfurt; Christian Schwalb, New York
Für die Aktienmärkte hängt diese Woche alles davon von Erfolgen der Alliierten beim Kampf um Bagdad ab. Setzen sich die positiven Nachrichten fort, dann besteht die Chance auf weitere Kursgewinne.
Schon vergangene Woche schlugen die Schnäppchenjäger an den Börsen zu, wenn die Nachrichten von der Front positiv waren. Sollte es jedoch zu aufreibenden Häuserkämpfen in der irakischen Hauptstadt kommen, sind nach Ansicht von Strategen Rückschläge programmiert.
Die Aktienindizes in den USA und der Euro-Zone beendeten die vergangene Woche im Plus. Der Dax gewann 5,3 Prozent, der Stoxx 50 legte 4,3 Prozent zu. An der Wall Street notierte der Dow Jones 1,6 Prozent höher, der Nasdaq Composite kletterte um 1,0 Prozent in die Höhe.
Rezessionsangst steigt
Neben dem Verlauf des Irak-Kriegs birgt auch die stärkere Rückbesinnung auf das fundamentale Umfeld nach Ansicht von Experten Gefahren, da sich das globale Rezessionsgespenst immer deutlicher am Horizont abzeichnet. Dazu trugen vor allem die schlechten US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag bei. Der starke Beschäftigungsrückgang um 108.000 Stellen schürte die Angst vor einer schrumpfenden Wirtschaft.
Stephen Roach, Chefvolkswirt von Morgan Stanley, prognostiziert bereits einen Rückfall der Weltwirtschaft in die Rezession. Alle jüngeren Daten, von der Verbraucherstimmung bis zur Investitionstätigkeit, deuteten darauf hin, dass auch ein schnelles Ende des Krieges keinen Wachstumsschub bringen werde. Hinzu kämen die negativen Auswirkungen der Lungenkrankheit SARS.
Allerdings steigt damit auch die Hoffnung auf eine schnelle Zinssenkung der US-Notenbank. Dieses Szenario wiederum bietet gute Voraussetzungen für die Anleihen, die ihre teils kräftigen Verluste der Vorwoche wieder aufholen könnten. Auch der Euro, der zeitweise unter die Marke von 1,07 $ zurückgefallen war, dürfte sich dann deutlich erholen.
Deutsche Aktien günstig bewertet
"Zunächst ist unverändert mit einer erhöhten Anfälligkeit der Märkte zu rechnen, bis sich die Lage klärt", schreiben die Analysten der DZ Bank. Mittelfristig sollte das konjunkturelle Umfeld jedoch wieder stärker beachtet werden, "obwohl viele Konjunkturindikatoren wegen der Ereignisse im Irak zunächst verzerrt sein und deshalb die Analyse der Wirtschaftsentwicklung erschweren könnten".
Die Bank verweist aber auch auf die aktuell günstige Bewertung der deutschen Aktien, insbesondere im Vergleich zu Rentenpapieren. "Die Bewertung des Dax ist niedrig", schreiben die Strategen. "Selbst bei einer weiteren Reduzierung der Gewinnschätzungen für 2003 und 2004 sind die Aktien gegenüber Renten unterbewertet."
Auch M.M.Warburg hält deutsche Aktien derzeit für attraktiv - vor allem gegenüber US-Titeln. "Die Bewertung der Aktienmärkte ist unter Berücksichtigung der aktuellen Konsens-Gewinnschätzungen nach vielen Jahren der Übertreibung inzwischen nicht nur auf einem 'vernünftigen' Niveau angekommen, sondern hat ein erhebliches Ausmaß an Untertreibung erreicht", schreiben die Strategen der Investmentbank. Und weiter: "Eine derartig pessimistische Einschätzung der Dax-Gewinnentwicklung erscheint uns unrealistisch und beschreibt indirekt das Aufholpotenzial deutscher im Vergleich zu US-Aktien."
In den USA startet die Berichtssaison für das erste Quartal möglicherweise unbemerkt, da auch hier die entscheidende Phase des Kriegs neue Fragen aufwirft. Larry Wachtel von Prudential Securities hält irakische Angriffe mit Bio-Waffen nicht für ausgeschlossen. Dazu komme der Gegenwind aus der Konjunktur.
Kaum Potenzial für US-Aktien
Noch deutlicher werden die Analysten von Helaba Trust. Sie sehen das Aufwärtspotenzial für US-Aktien bereits ausgereizt. Eine immer wahrscheinlicher werdende Konsumrezession lege Enttäuschungen nahe. Zudem verweisen sie darauf, dass die Bewertung des S&P-Index gemessen am historischen Kurs-Gewinn-Verhältnis doppelt so hoch ist wie beim letzten Golfkrieg.
General Electric legt am Freitag Zahlen für das erste Quartal vor. Außerdem auf dem Ertragskalender: Genentech (Mittwoch) und aus dem Einzelhandel Pier 1 Imports und Rite Aid (beide Donnerstag).
Im Mittelpunkt der konjunkturellen Veröffentlichungen steht das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan am Freitag. Volkswirte erwarten für April einen unveränderten Wert von 77,6 Punkten. Ebenfalls am Freitag werden die Erzeugerpreise für März bekannt gegeben. In Europa sind hauptsächlich die deutsche Industrieproduktion (Dienstag) und die Auftragseingänge im Februar (Mittwoch) von Interesse.
Der europäische Unternehmenskalender ist relativ dünn. Die Deutsche Postbank präsentiert am Montag ihre Bilanz, am Dienstag folgen die Versicherungen Ergo und Swiss Life sowie zum letzten Mal der Kosmetikkonzern Wella.
Beim Rohöl dürfte sich der Preisverfall verlangsamen, nachdem die Notierungen vergangene Woche um 6,2 Prozent nachgaben. Die Produktion der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hat die Ausfälle des Irak und Nigerias zuletzt mehr als wett gemacht. Ob dies auf längere Sicht gelingt, ist allerdings fraglich. "Derzeit sind die Kapazitäten der acht Opec-Staaten ohne Irak, Nigeria und Venezuela allerdings zu 96 Prozent ausgelastet", gibt Adam Sieminski von der Deutschen Bank zu bedenken.
© 2003 Financial Times Deutschland
Börsenausblick: Aktien brauchen Kriegserfolge für Gewinne
Von Sebastian Sachs, Frankfurt; Christian Schwalb, New York
Für die Aktienmärkte hängt diese Woche alles davon von Erfolgen der Alliierten beim Kampf um Bagdad ab. Setzen sich die positiven Nachrichten fort, dann besteht die Chance auf weitere Kursgewinne.
Schon vergangene Woche schlugen die Schnäppchenjäger an den Börsen zu, wenn die Nachrichten von der Front positiv waren. Sollte es jedoch zu aufreibenden Häuserkämpfen in der irakischen Hauptstadt kommen, sind nach Ansicht von Strategen Rückschläge programmiert.
Die Aktienindizes in den USA und der Euro-Zone beendeten die vergangene Woche im Plus. Der Dax gewann 5,3 Prozent, der Stoxx 50 legte 4,3 Prozent zu. An der Wall Street notierte der Dow Jones 1,6 Prozent höher, der Nasdaq Composite kletterte um 1,0 Prozent in die Höhe.
Rezessionsangst steigt
Neben dem Verlauf des Irak-Kriegs birgt auch die stärkere Rückbesinnung auf das fundamentale Umfeld nach Ansicht von Experten Gefahren, da sich das globale Rezessionsgespenst immer deutlicher am Horizont abzeichnet. Dazu trugen vor allem die schlechten US-Arbeitsmarktdaten vom Freitag bei. Der starke Beschäftigungsrückgang um 108.000 Stellen schürte die Angst vor einer schrumpfenden Wirtschaft.
Stephen Roach, Chefvolkswirt von Morgan Stanley, prognostiziert bereits einen Rückfall der Weltwirtschaft in die Rezession. Alle jüngeren Daten, von der Verbraucherstimmung bis zur Investitionstätigkeit, deuteten darauf hin, dass auch ein schnelles Ende des Krieges keinen Wachstumsschub bringen werde. Hinzu kämen die negativen Auswirkungen der Lungenkrankheit SARS.
Allerdings steigt damit auch die Hoffnung auf eine schnelle Zinssenkung der US-Notenbank. Dieses Szenario wiederum bietet gute Voraussetzungen für die Anleihen, die ihre teils kräftigen Verluste der Vorwoche wieder aufholen könnten. Auch der Euro, der zeitweise unter die Marke von 1,07 $ zurückgefallen war, dürfte sich dann deutlich erholen.
Deutsche Aktien günstig bewertet
"Zunächst ist unverändert mit einer erhöhten Anfälligkeit der Märkte zu rechnen, bis sich die Lage klärt", schreiben die Analysten der DZ Bank. Mittelfristig sollte das konjunkturelle Umfeld jedoch wieder stärker beachtet werden, "obwohl viele Konjunkturindikatoren wegen der Ereignisse im Irak zunächst verzerrt sein und deshalb die Analyse der Wirtschaftsentwicklung erschweren könnten".
Die Bank verweist aber auch auf die aktuell günstige Bewertung der deutschen Aktien, insbesondere im Vergleich zu Rentenpapieren. "Die Bewertung des Dax ist niedrig", schreiben die Strategen. "Selbst bei einer weiteren Reduzierung der Gewinnschätzungen für 2003 und 2004 sind die Aktien gegenüber Renten unterbewertet."
Auch M.M.Warburg hält deutsche Aktien derzeit für attraktiv - vor allem gegenüber US-Titeln. "Die Bewertung der Aktienmärkte ist unter Berücksichtigung der aktuellen Konsens-Gewinnschätzungen nach vielen Jahren der Übertreibung inzwischen nicht nur auf einem 'vernünftigen' Niveau angekommen, sondern hat ein erhebliches Ausmaß an Untertreibung erreicht", schreiben die Strategen der Investmentbank. Und weiter: "Eine derartig pessimistische Einschätzung der Dax-Gewinnentwicklung erscheint uns unrealistisch und beschreibt indirekt das Aufholpotenzial deutscher im Vergleich zu US-Aktien."
In den USA startet die Berichtssaison für das erste Quartal möglicherweise unbemerkt, da auch hier die entscheidende Phase des Kriegs neue Fragen aufwirft. Larry Wachtel von Prudential Securities hält irakische Angriffe mit Bio-Waffen nicht für ausgeschlossen. Dazu komme der Gegenwind aus der Konjunktur.
Kaum Potenzial für US-Aktien
Noch deutlicher werden die Analysten von Helaba Trust. Sie sehen das Aufwärtspotenzial für US-Aktien bereits ausgereizt. Eine immer wahrscheinlicher werdende Konsumrezession lege Enttäuschungen nahe. Zudem verweisen sie darauf, dass die Bewertung des S&P-Index gemessen am historischen Kurs-Gewinn-Verhältnis doppelt so hoch ist wie beim letzten Golfkrieg.
General Electric legt am Freitag Zahlen für das erste Quartal vor. Außerdem auf dem Ertragskalender: Genentech (Mittwoch) und aus dem Einzelhandel Pier 1 Imports und Rite Aid (beide Donnerstag).
Im Mittelpunkt der konjunkturellen Veröffentlichungen steht das Verbrauchervertrauen der Universität Michigan am Freitag. Volkswirte erwarten für April einen unveränderten Wert von 77,6 Punkten. Ebenfalls am Freitag werden die Erzeugerpreise für März bekannt gegeben. In Europa sind hauptsächlich die deutsche Industrieproduktion (Dienstag) und die Auftragseingänge im Februar (Mittwoch) von Interesse.
Der europäische Unternehmenskalender ist relativ dünn. Die Deutsche Postbank präsentiert am Montag ihre Bilanz, am Dienstag folgen die Versicherungen Ergo und Swiss Life sowie zum letzten Mal der Kosmetikkonzern Wella.
Beim Rohöl dürfte sich der Preisverfall verlangsamen, nachdem die Notierungen vergangene Woche um 6,2 Prozent nachgaben. Die Produktion der Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) hat die Ausfälle des Irak und Nigerias zuletzt mehr als wett gemacht. Ob dies auf längere Sicht gelingt, ist allerdings fraglich. "Derzeit sind die Kapazitäten der acht Opec-Staaten ohne Irak, Nigeria und Venezuela allerdings zu 96 Prozent ausgelastet", gibt Adam Sieminski von der Deutschen Bank zu bedenken.
© 2003 Financial Times Deutschland