Neue Spuren in Deutschland
Aus immer mehr Mosaik-Steinchen setzt sich langsam ein
Bild der mutmaßlichen Selbstmordattentäter zusammen, die
in Hamburg gelebt haben. Vor zwei Jahren sollen sie fast
zeitgleich ihre Pässe verloren haben - möglicherweise um
verdächtige Visa-Einträge verschwinden zu lassen.
Hamburg - Den Umstand, dass alle
Pässe fast zeitgleich verschwanden,
werten die Ermittler der Suhler Zeitung
"Freies Wort" zufolge als einen
wichtigen Hinweis auf den zeitlichen
Beginn der Planungen für die
Anschlagsserie in den USA. Demnach
könnte das Personal für die Attentate
bereits 1999 ausgewählt worden sein.
Ein Sprecher des bayerischen
Innenministeriums sagte laut dem
Bericht, vermutlich hätten die
Terroristen ihre Pässe verschwinden
lassen, weil verdächtige Visa-Einträge darin Verbindungen zum Irak
oder Afghanistan dokumentiert hätten. Mit solchen Visa-Stempeln
wäre eine Einreise in die USA schwer möglich geworden.
Unterdessen berichtete die "Frankfurter Rundschau", der mit den
Terroranschlägen in den USA in Verbindung gebrachte Hamburger
Student Said Bahaji habe einen Teil seines Wehrdienstes in
Hamburg geleistet. Der 26-Jährige Marokkaner mit deutschem Pass
habe vom 1. Januar 1999 bis Mai 1999 beim
Panzergrenadierbataillon 72 im Stadtteil Fischbek-Neugraben
gedient und sei dann aus gesundheitlichen Gründen entlassen
worden.
Bahajis Name war auf einer Liste des FBI aufgetaucht, auf der
Personen genannt waren, die Kontakt zu den mutmaßlichen
Terroristen Mohammed Atta und Marwan al-Schahi gehabt haben
sollen. Bahaji, der als logistischer Kopf der Hamburger Terrorgruppe
gilt, soll sich in Pakistan aufhalten. Wie Atta und al-Schahi hatte er
an der TU Harburg studiert. Ein weiterer mutmaßlicher Terrorist,
der Libanese Ziad Samir Jarrah, studierte an der Fachhochschule
Hamburg Flugzeugbau. Er saß offenbar in der Maschine, die am
vergangenen Dienstag bei Pittsburgh abstürzte.
Hinweise auf Stasi-Kontakte
Die "Bild"-Zeitung zitiert heute aus
einer französischen Biografie über
Osama Bin Laden, die diese Woche in
Frankreich in die Buchläden kommen
soll. Darin schreibt der französische
Journalist und Terrorismusexperte
Roland Jacquard, Bin Laden werde
möglicherweise von ehemaligen
Stasi-Kadern beraten. Das Blatt zitiert wörtlich aus dem Buch: "Es
scheint tatsächlich, dass zwei frühere Experten der ostdeutschen
Stasi kürzlich acht Monate in einem Camp in Afghanistan
verbrachten, um Rekruten der Bin-Laden-Bruderschaft mit der
Handhabung chemischer und bakteriologischer Einzelwaffen
vertraut zu machen - genauer gesagt, wahrscheinlich mit dem
Verschießen giftgefüllter Granaten."
Bin Ladens Leute in NRW
Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen hat Erkenntnisse,
dass Anhänger Bin Ladens auch dort aktiv sind. Die Islamisten
versuchten, mit Videos besonders junge Studenten als Kämpfer
anzuwerben und Spenden zu sammeln, sagte NRW-Innenminister
Fritz Behrens am Donnerstag in Düsseldorf.
"Es ist unsere vordringliche Aufgabe, die so genannten Schläfer des
islamischen Terrorismus gezielt aufzuspüren", sagte Behrens. Das
Land dürfe kein Rückzugs- oder Ruheraum für Massenmörder
werden. Unter den 1,1 Millionen Muslimen in NRW seien etwa 500
Gewaltbereite, heißt es in einem Zwischenbericht des
Verfassungsschutzes. Die Staatsschützer beobachteten in dem
bevölkerungsreichsten Bundesland islamisch-extremistische
Organisationen mit knapp 10.000 aktiven Anhängern.
Insgesamt sind seit dem vergangenen Dienstag bei der deutschen
Polizei mehr als 2000 Hinweise zu den Drahtziehern der
Terrorangriffe in den USA eingegangen.