Ausblick 1

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Ausblick 1

 
23.12.01 22:13
Handelsblatt vom 21.12.01

Die Prognosen sind bescheidener


US-Aktien bieten im kommenden Jahr wieder Chancen. Allerdings sind viele Werte schon zu teuer, vor allem im Technologiebereich.


Die hochbezahlten Marktstrategen der Wall Street haben selten so daneben gelegen. Fast alle hatten eine deutliche Erholung der Börsen und eine Belebung der Konjunktur erwartet. Stattdessen befindet sich die US-Wirtschaft in einer Rezession, und der breit gefasste Standard & Poor’s 500 Index hat rund 13 Prozent verloren.
„Es ist sehr erniedrigend“, gibt Chefstratege Jeffrey Applegate von der Investmentbank Lehman Brothers zu. „Wir dachten, die Unternehmensgewinne steigen um sieben Prozent, stattdessen sind sie um 20 Prozent gefallen. Wir hatten erwartet, dass der Standard & Poors 500 Index auf 1 675 Punkte steigt, stattdessen wird er 2001 mit Sicherheit erneut deutlich abgesackt sein.“ Lehman habe empfohlen, 80 Prozent in Aktien zu halten und 20 Prozent in Festverzinslichen. Stattdessen hätten die Anleger das meiste in Bonds (Anleihen) halten sollen. „Hoffen wir, dass das Jahr bald im Nebel der Zeit verschwindet“, bekennt er.

Jetzt haben Strategen eine neue Chance. Im Umfeld einer Rezession und mit der Aussicht auf eine nur mäßige Erholung im kommenden Jahr sind ihre Prognosen viel bescheidener geworden. Chefstratege Ed Kerschner von der Investmentbank UBS Warburg etwa hatte zu Jahresanfang für den S&P 500 einen Schlussstand von 1 750 Punkten erwartet. Für das Ende des kommenden Jahres hat er sein Ziel auf 1 570 heruntergeschraubt. Das wäre eine Verbesserung des Index um immerhin 36 Prozent. Damit ist Kerschner optimistischer als alle anderen.

Applegate, der ebenfalls zu den Bullen zählt, rechnet mit einem Schlussstand von 1 350 gegenüber 1 150 zum Jahresende 2001. Richard Bernstein von der Investmentbank Merrill Lynch glaubt, dass die Märkte insgesamt flach verlaufen werden, und als einer der Bären prophezeit Doug Cliggott von JP Morgan Chase, dass der S&P 500 noch weiter auf etwa 950 absacken wird. „Anders als die Mehrheit glaube ich nicht, dass die Unternehmensgewinne schon ihren Tiefpunkt erreicht haben. Sie durchschreiten die Talsohle erst in einem halben Jahr“, meint Cliggott. Neue Gewinnenttäuschungen würden deshalb innerhalb der nächsten drei bis sechs Monate zur erneuten Flucht aus Aktien führen.

Ähnlich sieht es auch Chefökonom Bruce Steinberg von Merrill Lynch: „Wir befinden uns zwar nur in einer mäßigen Rezession, was das Wirtschaftswachstum betrifft, doch in Bezug auf die Unternehmensgewinne ist es die schlimmste Rezession seit mindestens 20 Jahren.“ Obwohl Steinberg glaubt, dass die Gewinne im Jahr 2002 wieder um 13 Prozent nach oben gehen, warnt auch er: „Das wird nicht so schnell passieren, wie viele glauben.“

Fast alle sind sich einig, dass die Konjunktur sich im kommenden Jahr wieder erholen wird. Denn die drastischen Zinssenkungen durch die US-Zentralbank, das Konjunkturprogramm der Regierung und der Verfall der Ölpreise müssen irgendwann Wirkung zeigen. Die Frage ist wann und wie stark. Applegate etwa ist überzeugt, dass die Rezession im März zu Ende geht und die US-Wirtschaft sich bis zum Jahresende 2002 auf eine Wachstumrate von 4,5 Prozent erholt hat. Das würde für das Gesamtjahr nach dem schwachen Anfang allerdings nur eine Wachstumsrate von 0,5 Prozent bedeuten.

Die Aktienmärkte haben in ihrer Rally seit dem Tiefstand nach den Terrorattacken des 11. September jedoch schon wieder so stark zugelegt, dass eine mäßige Erholung längst in den Kursen enthalten ist. „Die Sicherheit, mit der US-Anleger die positive Wirkung der Geld- und Fiskalpolitik vorwegnehmen, bleibt das Eigenartige an diesem Zyklus“, findet Bernstein. „Normalerweise fürchten Investoren eher, dass die Maßnahmen der Fed nicht wirken werden.“ Er vermisst das Phänomen der „Kapitulation“ der Anleger, bei der es keiner mehr wagt einzusteigen. „Anstatt in den sicheren Hafen von Qualitätsaktien zu flüchten, wetten sie immer noch auf die weniger soliden Werte in fast jedem Sektor“, beobachtet Bernstein. Seit dem 11. September haben die Technologie-Aktien mit einem Anstieg von 40 Prozent wieder am stärksten zugelegt.

Die Frage, ob Aktien derzeit billig oder teuer sind, ist deshalb nicht eindeutig zu beantworten. Bernsteins Team ermittelt, dass Technologie-Aktien mit einem auf die Gewinne des kommenden Jahres bezogenen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 34 immer noch am teuersten sind. Dagegen seien Versorgungsunternehmen, Konsumgüter-Hersteller und Finanzwerte mit Kurs-Gewinn-Verhältnissen zwischen 11 und 17 günstig zu haben.

Im Schnitt gelten Aktien immer noch als teuer. Bezogen auf die Gewinne des zu Ende gehenden Jahres liegt das Kurs-Gewinn-Verhältnis für die im S&P 500 Index vertretenen Aktien bei 21. Der historische Durchschnitt beträgt 15. Doch das Umfeld habe sich so stark geändert, dass höhere Bewertungen zu rechtfertigen seien, findet Bulle Ed Kerschner. Früher hätten die Kurse schon deswegen weit attraktiver sein müssen, weil die Anleger mit mehr Geldentwertung rechnen mussten, und weil Bonds als Anlagealternative weit höhere Zinsen abwarfen.

Die Aktienanlage dürfte auch im kommenden Jahr kein Selbstläufer sein. Zwar bieten Aktien im Vergleich zu Festverzinslichen immer noch höhere Renditechancen, doch Anleger müssen jeden Wert einzeln prüfen und ihr Portfolio breit streuen. Für den Fall, dass die Erholung länger auf sich warten lässt als erhofft, sollten darin solide, konjunkturunabhängige Werte enthalten sein. Dazu rechnet Doug Cliggott den Gesundheitssektor mit Werten wie Pfizer oder Eli Lilly und Hersteller von Konsumgütern des täglichen Bedarfs wie den Lebensmittelhersteller General Mills.

Von einer Konjunkturerholung würden dagegen am meisten preisgünstige zyklische Werte profitieren. Applegate sieht Chancen bei den Herstellern von zyklischen Konsumgütern, Finanzwerten, in der Informationstechnologie oder in der Grundstoff-Industrie. In das Modellportfolio von Lehman gehören unter anderem der Unterhaltungskonzern AOL Time Warner, die Luxus-Einzelhandelskette Tiffany’s, der Aluminiumhersteller Alcoa und General Electric.

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Ausblick 2

 
23.12.01 22:17
Lichtblicke am Börsenhimmel


HOLGER NACKEN


Nach dem Krisenjahr 2001 sollten Anleger bei deutschen Nebenwerten auf eine Mischung der Top-Aktien aus MDax und Neuem Markt setzen.


HANDELSBLATT, 21.12.2001
Wer sich für deutsche Nebenwerte interessiert, steht vor einer schwierigen Entscheidung: Macht es Sinn, 2002 weiter auf Dividendenstars wie Kali + Salz (K+S) aus dem MDax zu setzen, oder ist jetzt eine Investition in wachstumsstarke Technologiewerte wie Aixtron vom Neuen Markt angebracht?

Im vergangenen Jahr verloren die mittelgroßen Unternehmen im MDax lediglich zehn Prozent an Wert, der Dax gab hingegen 20 Prozent und der Nemax sogar 53 Prozent ab. „Für viele Investoren war der MDax ein Hort der Stabilität“, sagt Adig-Fondsmanager Kerstan von Schlotheim. Kein Wunder: Unternehmen wie der Heizungsbauer Buderus bieten verlässliche Prognosen, ein solides Geschäftsmodell, und sie machen ordentliche Gewinne – genau das, was am Neuen Markt eher selten zu finden ist. Natürlich haben nicht alle der 70 Unternehmen im MDax diese Kriterien erfüllt. Mit der richtigen Auswahl konnten Investoren jedoch ihr Depot heil durch das Horrorjahr 2001 bringen.

Die Liebe zu den soliden, doch meistens wenig aufregenden MDax-Werten könnte aber schnell ein Ende haben: „Der Neue Markt lebt“, jubeln bereits die einschlägigen Anlegermagazine. Zahlreiche Skandale und die im Ansatz stecken gebliebenen Reformen des Regelwerks konnten die Investoren offenbar nicht dauerhaft abschrecken: Seit seinem Allzeittief von 645 Punkten im September befindet sich der Nemax in einer Erholungsphase und hat sich ungefähr verdoppelt. Springt die Wirtschaft wirklich an, werden davon die besonders konjunktursensiblen Technologiewerte weiter profitieren.

Doch Vorsicht: Jetzt alles auf die Nemax-Karte zu setzen könnte grundverkehrt sein. „Wenn die Frühindikatoren nicht spätestens im März einen deutlichen Silberstreif am Horizont signalisieren, kann die Stimmung kippen“, sagt Fondsmanager Sascha Hirsch vom Deutschen Investment Trust (DIT). Er rechnet außerdem damit, dass bei den nächsten Quartalsberichten noch böse Überraschungen auf Nemax-Fans warten. Hintergrund: Viele Wirtschaftsprüfer sind in die Kritik geraten, weil sie die Abschlüsse der Unternehmen zu unkritisch durchgewinkt haben sollen. „Jetzt werden viele Prüfer durchgreifen und darauf drängen, dass zum Beispiel Goodwill-Abschreibungen konsequent vorgenommen werden. Bei einigen Gesellschaften wird dann klar werden, wie ernst die Lage wirklich ist.“ Goodwill-Abschreibungen werden fällig, wenn ein Unternehmen ein anderes übernimmt, dessen Sachwert geringer ist als der Kaufpreis. Es besteht die Gefahr, dass sich viele Unternehmen am Neuen Markt durch den überteuerten Aufkauf von anderen Gesellschaften übernommen haben, was die Bilanzen in schlimme Schieflagen bringen kann.

Hirsch setzt nur auf solche Werte, bei denen die Bilanzgefahren gering sind. Dazu zählt er beispielsweise den Handelsspezialisten Medion, den Spezialmaschinenbauer Pfeiffer Vacuum und das Softwareunternehmen IDS Scheer.

Adig-Fondsmanager von Schlotheim erwartet, dass in erster Linie solche Unternehmen schlechte Quartalszahlen vorlegen, die ohnehin angeschlagen sind. „Wer die Gewitter bisher ohne Schaden überstanden und keine Skandale produziert hat, wird kaum böse überraschen.“ Trotz der bereits erzielten Kurszuwächse sieht er bei solchen Werten durchaus noch Luft nach oben. Von vielen Experten werden in diesem Zusammenhang die Spezialmaschinenbauer Aixtron und Singulus genannt.

Schlotheim (Adiselekt) und Hirsch (DIT Spezial) setzen in ihren Fonds jedoch auch auf Werte aus dem MDax. „Als defensive Beimischung bringen sie Stabilität ins Depot“, sagt Hirsch. Positiv sei, dass mittlerweile auch internationale Investoren auf das Marktsegment aufmerksam geworden sind. Auch bei den Unternehmen habe sich eine neue Denkweise durchgesetzt. „Dass eine Gesellschaft wie Krones mal auf Roadshow gehen würde, um sich Investoren zu präsentieren, wäre vor ein paar Jahren nur schwer vorstellbar gewesen.“

Die Investmentbank HSBC Trinkaus & Burkhardt erwartet, dass der MDax im nächsten Jahr den Dax um fünf bis zehn Prozent übertreffen wird. Der Neue Markt biete zwar mehr Potenzial, hier sei das Risiko jedoch auch höher. Bei den deutschen Titeln im Dax rechnet HSBC-Stratege Volker Borghoff lediglich mit einer Seitwärtsbewegung. Zu den bevorzugten Werten im MDax zählen der Maschinenbauer Babcock-Borsig, der Logistiker Stinnes und der Chemiehersteller Celanese.

Als solider Depotbestandteil gilt auch weiterhin die K+S-Aktie. Der Kasseler Spezialist für kali- und magnesiumhaltige Produkte wird besonders wegen seiner hohen Dividendenrendite geschätzt, die 2002 ungefähr bei vier Prozent liegen dürfte. „Die Aktie bringt Stabilität ins Depot“, urteilt Fondsmanager Hirsch.

Fazit: Als absicherndes Element sollten Anleger weiter in wertorientierte Titel aus dem MDax investieren. Solide Technologieaktien aus dem Neuen Markt sorgen für die Wachstumskomponente im Portfolio.

HANDELSBLATT, Freitag, 21. Dezember 2001, 00:01 Uhr

Expropriateur:

Ausblick 3

 
23.12.01 22:19
Eine Frage der Qualität


Das turbulente Jahr 2001 geht zu Ende. Die Aussichten in Europa sind vage wie selten. Für Investoren bedeutet das: auf Marktführer setzen und Firmen wählen, die gestärkt aus der Krise herauskommen.


Die Attentäter des 11. September haben sich in einem Punkt verkalkuliert: Den Finanzmärkten ging durch den Terror nicht die Luft aus. Sicher, einige Tage stockte ihnen der Atem. Danach setzten sie aber zu einem Spurt an, der die gut 1 500 Aktien des MSCI-Weltindex in zwei Monaten um 15 Prozent nach vorn brachte – das war die Wende nach dem langen Abstieg.
Die europäischen Papiere haben sich seitdem besser entwickelt als die amerikanischen. Dennoch spricht niemand von einer Abkopplung des alten Kontinents. Wenn es eine Lektion des Jahres 2001 gibt, dann die: Die Welt schaut auf Amerika (s. Seite 3), Europa schaut zu. Daran ändert die bald fühlbare Präsenz des Euros nur wenig.

Auch Europa selbst wertet andere Faktoren stärker als die eigene Währung. Der niedrigste Ölpreis seit Juni 1999, die Angst vor Deflation und zurückhaltenden Konsumenten, die niedrigsten Zinsen seit Jahrzehnten und immer wieder die Frage: Wie entwickelt sich die Wirtschaft auf der anderen Seite des großen Teichs? „Im nächsten Jahr schaut jeder darauf, wie die USA mit der Rezession fertig wird“, glaubt Richard Kersley, europäischer Aktienstratege bei CSFB.

Analystenteams der großen Banken gehen in der Regel davon aus, dass sich die Weltwirtschaft spätestens ab dem zweiten Halbjahr 2002 aus dem Rezessions-Tal herausbewegt. Wie schnell, kann niemand sagen. Wohl aber, wer die besten Aussichten in Europa hat. Die Gewinner lassen sich in zwei Lager unterteilen: die Umstrukturierer und die Marktführer.

>> Die Umstrukturierer sind Unternehmen, die mit einer Krise fertig werden, sie gehen gestärkt daraus hervor. So findet sich die Deutsche Lufthansa zwar mitten in einem Überlebenskampf der gesamten Luftfahrt-Industrie, dennoch steht sie auf der Empfehlungsliste der Commerzbank. Die Analysten sehen das Preisziel der Aktie in den nächsten zwei Jahren bei 25 Euro oder mehr als zwei Drittel über dem jetzigen Niveau. Sie führen die breite Aufstellung an (LH Technik, Catering, führendes Mitglied der Star Alliance) und die konsequente Reduktion ihrer Kapazitäten. Gegenüber der Konkurrenz wird die Aktie zudem mit einem Abschlag bewertet.

Die Autoindustrie ist auch so ein Sorgenkind. Beobachter der Branche gehen von fallender Nachfrage im nächsten Jahr aus. Dennoch glaubt UBS Warburg, dass die Aktie von Peugeot gegenüber dem jetzigen Preis noch einmal um mehr als 15 Prozent auf 53 Euro steigen kann. Eine junge Produkt-Palette und die Integration der Plattformen von Peugeot mit Citroën sind für die Schweizer Bank die besten Voraussetzungen dafür. Dass Umstrukturierer auch ohne Krise gewinnen, wird nach Ansicht von UBS die Allianz AG beweisen. Deren Chancen durch eine Integration der Dresdner Bank AG und Gewinne aus dem veränderten Lebensversicherungs-Geschäft könnten den Münchener Konzern im nächsten Jahr bis auf 292 Euro (mehr als 13 Prozent über das jetzige Niveau) heben.

>> Die Marktführer: Die Unsicherheit auf der Welt führt zu einer neuen Einschätzung von Qualität: „Bislang gehörten die Zykliker zu den Siegern. Im nächsten Jahr schauen die Investoren langfristig nach guten Perspektiven“, glaubt Kersley von CSFB.

In Lafarge finden mehrere Adressen (UBS, Commerzbank) gute Qualität. Die Analysten erfreuen sich an einer relativ geringen Abhängigkeit des französischen Baustoffkonzerns zum US-Markt. Die traditionelle Stärke von Lafarge liege eher in Frankreich, Spanien und Großbritannien und damit in den derzeit stärksten europäischen Volkswirtschaften. Auch die im Juli abgeschlossene Akquisition des britischen Konkurrenten Blue Circle mache Lafarge weniger anfällig für Krisen. Das Preisziel für das Papier liegt zwischen 120 und 140 Euro.

Dem britischen Rüstungskonzern BAE Systems kommt dagegen nach Ansicht von CSFB gerade das Übergewicht in den USA (rund 30 Prozent des Geschäfts) zugute. Dazu kommen Aufträge des britischen Verteidigungsministeriums. Nicht zu übersehen ist: Das Thema „Rüstung“ erhält durch den Krieg gegen den Terror neue Aktualität.

HANDELSBLATT, Freitag, 21. Dezember 2001, 00:01 Uhr

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