auch nicht schlecht: Flieg Heil !

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flamingoe:

auch nicht schlecht: Flieg Heil !

 
03.10.01 22:14
. www.stern.de/politik/spezial/artikelny_36066.html

"Flieg Heil!"
 
Droht eine Allianz zwischen Neonazis
und radikalen Islamisten?

"So sieht es aus, das Zeichen des Terrors", grölte der NPD-Kreisvorsitzende Mario Schulz. Er stand auf einem Parkplatz in Neuruppin und schwenkte eine brennende US-Flagge. Etwa 100 Neonazis standen um ihn herum. Und einige Polizisten. Einer filmte das Geschehen mit seiner Videokamera. Gegen Schulz wurde ein Bußgeld verhängt wegen einer "grob ungehörigen Handlung".

Auf der Homepage des "Nationalen Widerstands – Aktionsbüro Norddeutschland" ist das brennende World Trade Center zu sehen, und im Internet-Chat schreibt einer: "Schöne Bilder, wirklich sehr schöne Bilder." Ein anderer fragt: "Warum ist so eine Maschine nicht noch in den Bundestag geflogen?"

Allerorten feiern deutsche Neonazis die Terroranschläge. "Flieg Heil!" ist seit dem 11. September eine gängige Begrüßung in der rechten Szene. Wie ernst soll man solche Reaktionen nehmen? Droht gar eine Allianz zwischen Neonazis und radikalen Islamisten?

Die deutschen Verfassungsschützer sind sich uneinig. Franz Gruber vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz glaubt nicht an eine Zusammenarbeit. "Da ist der Fremdenhass der Rechtsextremisten viel zu groß", sagt er. Seine Kollegen aus
Brandenburg beobachten hingegen, dass Anhänger radikalislamischer Organisationen wie Hamas "keinerlei Scheu haben, auf Veranstaltungen der vornehmlich unorganisierten rechten Szene aufzutreten". In Jena fand im April eine Demo unter dem Motto "Solidarität mit Palästina und dem Irak" statt. Dort marschierte die "Interessengemeinschaft Deutsch/Arabische Freundschaft Berlin" Seite an Seite mit der Neonazi-Truppe "Thüringer Heimatschutz".

Berndt Ostendorf, Kulturhistoriker am Amerika-Institut in München, befürchtet gar, die New York-Attentäter könnten bei der Wahl der Anschlagsziele von Neonazis inspiriert worden sein. Er verweist auf die "Turner Diaries", ein Kult-Roman der rechten Szene. Er wurde von William Pierce geschrieben, dem Guru der amerikanischen Neonazis. Pierce schildert  den Untergang New Yorks – des "jüdisch dominierten und verseuchten Zentrums des Weltkapitals" – und beschreibt, wie "100 Stockwerke der Wolkenkratzer" in sich zusammenbrechen. Zum Schluss begeht der Held der Geschichte ein Selbstmordattentat. Er lässt sein Flugzeug, das eine 60-Megatonnen-Bombe an Bord trägt, ins Pentagon stürzen.

Für den Verfassungsschutz Baden Württemberg sucht Islamismusexperte Herbert Müller seit Jahren nach Verflechtungen der beiden radikalen Szenen. Er sagt: "Die Begegnungen von Islamisten und Rechten funktionieren nur, solange hinterher jeder
brav zu sich nach Hause zurückkehrt." Jedoch seien die Ideologien deckungsgleich: Leugnung des Holocaust, Judenhass, Angst vor Fremden und Antiamerikanismus.

"Total verrückte Ausländerpolitik"
"Schluss mit der amerikanischen Selbstherrlichkeit", erklärte zum Beispiel der NPD-Landesverband Schleswig-Holstein nach den Anschlägen. "Wir Deutschen erinnern uns an den angloamerikanischen mörderischen Bombenkrieg gegen unser Volk im Zweiten Weltkrieg. Nun wird wohl auch die amerikanische Bevölkerung die Not eines Krieges kennenlernen müssen." Der ehemalige RAF-Terrorist und jetzige NPD-Anwalt Horst Mahler bezeichnete die "Angriffe auf die Symbole der mammonistischen Weltherrschaft als eminent wirksam und damit rechtens". Manchen Rechtsextremen ist der Schulterschluss mit dem Islam allerdings auch suspekt. Etwa der DVU. Die sieht in der Tatsache, dass die Terroristen Unterschlupf in

Hamburg fanden, ein Zeichen für eine "total verrückte Ausländerpolitik". Und die Republikaner bewerten den Anschlag als Beweis für das Ende der "multikulturellen Illusion".

Historisch betrachtet hat die Zusammenarbeit von Nazis und Radikalislamisten eine unschöne Tradition. Im Juli wurde ein Bericht des britischen Geheimdienstes bekannt, wonach die Nazis 1944 versuchten, die jüdische Bevölkerung aus Palästina zu vertreiben. Fallschirmtruppen landeten in dem Gebiet, sie sollten die arabische Bevölkerung ausbilden und mit Waffen
versorgen. Der Plan endete im Fiasko. Die deutschen Soldaten wurden nach der Landung umgehend ermordet oder entführt. Nicht einer kehrte nach Deutschland zurück. Schlüsselfigur des Komplotts war der damalige Großmufti von Jerusalem Amin El-Husseini, der seit 1941 in Berlin im Exil lebte und enge Kontakte zu Hitler pflegte.

Flucht in den Nahen Osten
Nach dem Zweiten Weltkrieg flüchteten deutsche Nazis nicht nur nach Südamerika. Viele gingen auch in den Nahen Osten, vor allem nach Ägypten, wo sie beim Aufbau von Militär und Geheimdiensten mitarbeiteten. In Unterlagen des amerikanischen CIA sind eine ganze Reihe prominente ehemalige SS-Mitglieder aufgeführt, die für die Regierung in Kairo arbeiteten. Darunter auch Johannes von Leers, einst Chef-Ideologe des NS-Reichspropagandaamtes und Verfasser des Buches "Blut und Rasse in der Gesetzgebung". Er flüchtete zunächst nach Argentinien und siedelte 1954 nach Ägypten über. Dort organisierte er die Agitation gegen Israel. Auch mit der Religion hatte der Altnazi kein Problem. Er konvertierte zum Islam und nahm den Namen Amin ben Omar an.

Anton Maegerle und Andreas Albes
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