Analysten

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uf2910:

Analysten

 
23.02.01 11:13
Unabhängige Analysten - eine Frage der Ehre?

 Das Bundeswirtschaftsministerium regt an, die Kriterien für die Unabhängigkeit von Analysten  in einem Ehrenkodex niederzuschreiben. Es
 schlägt deshalb vor, dass Analysten nur noch über solche Wertpapiere berichten dürfen, die weder sie selbst noch das Unternehmen, bei dem
 sie angestellt sind, im Portfolio haben. Die massiven Kursverluste am Neuen Markt in der jüngeren Vergangenheit waren laut Ministerium ein
 Auslöser für die Forderung, einen Verhaltenskodex für Analysten einzuführen.
 Es scheint, als ob die Koalition wenig praxisnah,  mit  billigem Aktionismus  um die Stimmen von geschädigten Anlegern buhlen will. Denn
 längst unterliegen die in den Kreditinstituten und Investmentfondsgesellschaften tätigen Analysten einer besonderen Aufsicht.
 Kontenkontrollen,  Verbotslisten und  Mitarbeiterleitsätze untersagen bereits heute eigene Aktienkäufe in den von den Analysten beobachteten
 Papieren. Darüber wachen die sogenannten Compliance-Abteilungen der Banken. Bei Verstößen droht die fristlose Kündigung -- was ohne
 Zweifel wesentlich besser wirkt als jeder \"Ehrenkodex\".

 Auch der Vorschlag, den Banken vorzuschreiben, nur noch Aktien zu besprechen, die sie nicht selbst im Portfolio haben, zeigt wie praxisfern
 man im Ministerium über die Angelegenheit nachdenkt. Bei  Indexfonds z. B. müssen die Fondsmanager nun mal  alle Gesellschaften eines
 Index  kaufen. Das Verbot hätte bei großen Häusern zur Folge, dass diese Produkte abgeschafft werden müssten oder viele Firmen gar nicht  
 mehr analysiert werden dürften.

 Gerade am Neuen Markt sind Auftragsresearch oder Betreuungsmandate üblich. Die Aktiengesellschaften zahlen für die Beobachtung durch
 Analysten. Da wundert es auch nicht, dass Verkaufsempfehlungen äußerst selten sind. Wer schreibt sich schon gerne selbst um seinen
 Verdienst?  Aber auch indirekte Geschäfte sind branchenüblich. So hat eine süddeutsche Großbank vor wenigen Wochen die Beobachtung
 eines Unternehmens des Neuen Marktes aufgenommen. Wie mir bekannt geworden ist, hat der CEO und Großaktionär im Gegenzug die
 private Verwaltung seines Millionenvermögens der Bank übertragen. Das Ergebnis der ersten Analyse:  \"outperform\".

 Da 1.) Analysten ihre Brötchen von den Banken erhalten und diese 2.) handfeste wirtschaftliche Interessen haben, sollte  sich die  
 Bundesregierung den  Glauben an den \"unabhängigen und von den Weisungen seines Arbeitgebers freigestellten Analysten \"  besser gleich
 abschminken. Anleger sollten wissen, dass es in Deutschland keine unabhängigen Analysten gibt und dass keine Analyse ohne
 wirtschaftliches  Interesse geschrieben wird.
 Wichtig und entscheidend  ist daher die Forderung, dass Aktionäre hierüber aufgeklärt werden. Das Ministerium sollte deshalb Banken und
 Analysten verpflichten, in ihren Ausarbeitungen die wirtschaftlichen Beziehungen im Hintergrund einer Analyse offen zu legen. Ob hierfür
 jedoch ein \"Ehrenkodex\" ausreicht, ist zu  bezweifeln. Der Übernahmekodex und die Insiderverbote waren lange auf dieser Basis geregelt.  
 Die Erfahrung brachte die Einsicht, dass man sich bei Geldgeschäften doch besser auf Gesetze mit entsprechenden Sanktionen, als nur auf die
 \"Ehre\" verlassen sollte. Von Markus Straub.
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 Der Kommentar ist im als Editorial im Aktionärsreport erschienen.
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