Von Marc Nitzsche
Im Gegensatz zu den Kupferpreisen hielten sich die Aluminium-Notierungen in den vergangenen Monaten vergleichweise stabil. Von ihren Höchstständen im Mai 2006 sind sie zwar ein gutes Stück entfernt, aber solch crashartige Verluste wie beim „roten Metall“ gab es bei dem Leichtmetall nicht - noch nicht, genauer gesagt! Doch das kann in absehbarer Zeit durchaus kommen. Denn sowohl die fundamentale als auch die technische Situation stellt sich derzeit alles andere als „bullisch“ dar.
Am Aluminiummarkt an der London Metal Exchange (LME) deutet derzeit vieles auf eine künstlich erzeugte Verknappung von Spekulantenseite hin. Offenbar hält ein einziger Spekulant eine Long-Position von sage und schreibe 650.000 Tonnen Aluminium. Diese Menge entspricht fast den gesamten Londoner Lagerbeständen. Zunächst hatte man befürchtet, dass der Marktteilnehmer auf eine physische Andienung bei Fälligkeit Ende Januar bestehen würde, was zumindest beim Kassapreis für eine massive Preisexplosion gesorgt hätte, die wohl auch die nahen Kontrakte mit nach oben gezogen hätte. Mittlerweile gab die Börse diesbezüglich allerdings Entwarnung: Der Spekulant – man vermutet übrigens einen Hedgefonds – hat die Position in einen späteren Terminkontrakt weitergerollt. Insgesamt spricht daher einiges dafür, dass der Aluminiumpreis – aus welchen Gründen auch immer – absichtlich auf einem hohen Niveau gehalten werden soll.
Ob das allerdings lange gut geht, muss bezweifelt werden. Mit Fälligkeit März 2007 wurden nämlich nicht nur weitere beträchtliche Hausse-Positionen aufgebaut sondern auch eine Short-Position von angeblich über 900.000 Tonnen. Aktuell sind damit 40 Prozent des spekulativen „open interest“ in dem Metall – eine Situation, die einem „Pulverfass gleicht! Über kurz oder lang wird es zwangsläufig zum einem „Showdown“ zwischen „Bullen“ und „Bären“ kommen, wobei dabei die „Felltiere“ sicherlich die „besseren Karten“ haben.
Von echten Versorgungsengpässen kann bei Aluminium nämlich keine Rede sein. Die Lagerbestände an der LME steigen die Lagerbestände seit Dezember 2006 kontinuierlich an. In der vergangenen Woche erhöhten sich die Vorräte um weitere 1.550 Tonnen und liegen aktuell bei gut 750.000 Tonnen. Gegenüber den Tiefständen des letzten Jahres von etwa 660.000 Tonnen bedeutet das einen Zuwachs von fast 14 Prozent. Der Trend zu tendenziell weiter zunehmenden Lagerbeständen dürfte sich bis auf weiteres fortsetzen. In den USA, Europa und Japan sinkt die Nachfrage und in China droht 2007 ein Produktionsüberhang von einer Million Tonnen. Offensichtlich waren die Maßnahmen der Regierung in Peking, den Aluminium-Output signifikant zu senken, um das ausufernde Energiedefizit in den Griff zu bekommen, nicht wirklich erfolgreich.
Alles in allem muss für das laufende Jahr mit einem absolut ausreichenden globalen Aluminiumangebot gerechnet werden. Bestenfalls dürften sich Angebot und Nachfrage in etwa die Waage halten, wobei ein Aluminiumüberschuss eher wahrscheinlich ist. Deutlich anziehende Notierungen sind in diesem Umfeld eher nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Sollte die chinesische Überproduktion tatsächlich eine Million Tonnen oder mehr betragen, könnte es sogar mit den sprichwörtlichen „Siebenmeilenstiefeln“ abwärts gehen.
Charttechnisch hingegen stellt sich die Situation derzeit noch sehr „bullisch“ dar: Der langfristige Aufwärtstrend ist intakt und der 3-Monat-Forward notiert nach seinen jüngsten Anstiegen recht komfortabel über der 38-Tage-Linie. Die Unterstützung bei etwa 2.600 US-Dollar wurde in der Vergangenheit mehrfach erfolgreich verteidigt. Der MACD generiert ein starkes Kaufsignal und auch das Momentum und der Williams signalisieren weiter steigende Notierungen.
Allerdings lassen die beiden letztgenannten Indikatoren bereits eine überverkaufte Situation erkennen. Zudem wartet jetzt der überaus hartnäckige Widerstand bei etwa 2.850 US-Dollar, der bereits des Öfteren das Ende kleinere Aufwärtsbewegungen markierte. So gesehen stehen die Chancen nicht schlecht, dass der Markt im Bereich der genannten Marke nach unten abdreht.
Auf Grund der aktuell noch recht starken technischen Verfassung des Marktes bieten sich sofortige Short-Engagements nur für extrem risikofreudige Trader an. Vorsichtigere Naturen sollten ihr „Pulver“ vorläufig noch „trocken“ halten und auf eine charttechnische Umkehr warten. Sollte Aluminium jedoch erneut am Widerstand bei 2.850 US-Dollar scheitern, ist der Aufbau von gehebelten Short-Positionen sicherlich einen Versuch wert.
Marc Nitzsche ist Herausgeber des Rohstoff-Trader.
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[15.02.2007 14:21:17]