Alstom ist wieder einen Blick wert
Reine Spekulation
Bis vor kurzem hätte niemand auch nur im Traum an den Kauf von Alstom-Aktien gedacht. Das Unternehmen stand mehrmals kurz vor dem Zusammenbruch und musste erst im vergangenen Sommer mit einer weiteren Kapitalerhöhung, an der sich der französische Staat beteiligte, gerettet werden.
PARIS. Doch Alstom-Chef Patrick Kron verdient sich das verloren gegangene Vertrauen Schritt für Schritt zurück. Zwar ist das Unternehmen sicher noch nicht über den Berg, aber die Gesundung schreitet voran. Die Experten von Lehman Brothers sehen das ähnlich und raten mit Blick auf die Aktie des Energie- und Transportkonzerns mittlerweile wieder zum „übergewichten“.
Derzeit ist das Papier ist allerdings noch ein Penny-Stock; hohe Kursausschläge sind damit sicher. Ein Investment in die Alstom-Aktie stellt daher eine Wette dar, dass Konzern-Chef Kron auch im nächsten Jahr seine Versprechen einhält. Viel Raum für Fehler hat er nicht. Das Verlustrisiko bei schlechten Nachrichten ist für Alstom-Aktionäre daher hoch.
Mit den Zahlen für das Geschäftsjahr 2004/2005 enttäuschte Kron die Börse in der vergangenen Woche nicht. Zwar führten Restrukturierungslasten und der Schuldendienst erneut zu einem hohen Verlust von 860 Mill. Euro. Aber das hatte niemand – auch nicht Alstom – anders erwartet. Dafür erzielte der Konzern wie versprochen eine operative Marge von vier Prozent und senkte die Schulden auf 1,4 Mrd. Euro. Für das kommende Jahr bestätigte Kron die Prognose einer Marge von sechs Prozent sowie eines positiven Cash-Flows. Zwei Tage später legte das Unternehmen mit guten Nachrichten nach: Der Verkauf des Transportgeschäfts in Neuseeland und Australien ist unter Dach und Fach.
Zur Erinnerung: Alstom geriet ins Trudeln, nachdem der Konzern vom Konkurrenten ABB das Geschäft mit Großturbinen übernommen hatte. Diese Turbinen vom Typ GT24 und GT26 wiesen Konstruktionsmängel auf; die Entschädigungsleistungen für Kunden und die Kosten für Nachbesserungen an der Konstruktion verschlangen Milliarden. Der französische Staat sprang ein, um seinen „nationalen Champion“ zu retten. Das Unternehmen stellt u.a. die TGV-Schnellzüge her.
Mittlerweile füllen sich die Auftragsbücher von Alstom wieder, vor allem in Asien und China machen die Franzosen gute Geschäfte. Doch der Konzern bleibt verwundbar. Die Eigenkapitaldecke ist nach wie vor dünn, auch wenn Alstom-Chef Kron schwört, dass das Unternehmen keinen aktuellen Kapitalbedarf hat.
Das verleiht der Aktie ein weiteres, spekulatives Element mit Blick auf die langfristige Zukunft von Alstom. Experten vermuten, dass das Unternehmen alleine keine große Zukunft haben wird. Über eine Fusion mit dem staatlichen Nuklear-Konzern Areva wird daher immer wieder spekuliert. Doch dieses Szenario ist alleine deshalb auszuschließen, da die Brüsseler Wettbewerbshüter dies als eine versteckte Beihilfe des französischen Staates bewerten würden. Nach wie vor hat die EU-Wettbewerbskommission ein waches Auge auf alle Vorgänge rund um Alstom.
Sollte Kron mit der Gesundung seines Konzerns indes weiter vorankommen, gibt es keinen Grund zu glauben, warum sich nicht Wettbewerber wie Siemens doch für eine Übernahme interessieren könnten. Denn in gut drei Jahren muss der französische Staat seine gut 20-prozentige Alstom-Beteiligung verkaufen. Dies wäre eine gute Gelegenheit, dies im Rahmen eines industriellen Projektes zu tun. Aber das ist, wie gesagt, reine Spekulation. Das wiederum macht bekanntlich den Reiz der Börse aus.
Quelle: HANDELSBLATT, Dienstag, 07. Juni 2005, 07:00 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter
Reine Spekulation
Bis vor kurzem hätte niemand auch nur im Traum an den Kauf von Alstom-Aktien gedacht. Das Unternehmen stand mehrmals kurz vor dem Zusammenbruch und musste erst im vergangenen Sommer mit einer weiteren Kapitalerhöhung, an der sich der französische Staat beteiligte, gerettet werden.
PARIS. Doch Alstom-Chef Patrick Kron verdient sich das verloren gegangene Vertrauen Schritt für Schritt zurück. Zwar ist das Unternehmen sicher noch nicht über den Berg, aber die Gesundung schreitet voran. Die Experten von Lehman Brothers sehen das ähnlich und raten mit Blick auf die Aktie des Energie- und Transportkonzerns mittlerweile wieder zum „übergewichten“.
Derzeit ist das Papier ist allerdings noch ein Penny-Stock; hohe Kursausschläge sind damit sicher. Ein Investment in die Alstom-Aktie stellt daher eine Wette dar, dass Konzern-Chef Kron auch im nächsten Jahr seine Versprechen einhält. Viel Raum für Fehler hat er nicht. Das Verlustrisiko bei schlechten Nachrichten ist für Alstom-Aktionäre daher hoch.
Mit den Zahlen für das Geschäftsjahr 2004/2005 enttäuschte Kron die Börse in der vergangenen Woche nicht. Zwar führten Restrukturierungslasten und der Schuldendienst erneut zu einem hohen Verlust von 860 Mill. Euro. Aber das hatte niemand – auch nicht Alstom – anders erwartet. Dafür erzielte der Konzern wie versprochen eine operative Marge von vier Prozent und senkte die Schulden auf 1,4 Mrd. Euro. Für das kommende Jahr bestätigte Kron die Prognose einer Marge von sechs Prozent sowie eines positiven Cash-Flows. Zwei Tage später legte das Unternehmen mit guten Nachrichten nach: Der Verkauf des Transportgeschäfts in Neuseeland und Australien ist unter Dach und Fach.
Zur Erinnerung: Alstom geriet ins Trudeln, nachdem der Konzern vom Konkurrenten ABB das Geschäft mit Großturbinen übernommen hatte. Diese Turbinen vom Typ GT24 und GT26 wiesen Konstruktionsmängel auf; die Entschädigungsleistungen für Kunden und die Kosten für Nachbesserungen an der Konstruktion verschlangen Milliarden. Der französische Staat sprang ein, um seinen „nationalen Champion“ zu retten. Das Unternehmen stellt u.a. die TGV-Schnellzüge her.
Mittlerweile füllen sich die Auftragsbücher von Alstom wieder, vor allem in Asien und China machen die Franzosen gute Geschäfte. Doch der Konzern bleibt verwundbar. Die Eigenkapitaldecke ist nach wie vor dünn, auch wenn Alstom-Chef Kron schwört, dass das Unternehmen keinen aktuellen Kapitalbedarf hat.
Das verleiht der Aktie ein weiteres, spekulatives Element mit Blick auf die langfristige Zukunft von Alstom. Experten vermuten, dass das Unternehmen alleine keine große Zukunft haben wird. Über eine Fusion mit dem staatlichen Nuklear-Konzern Areva wird daher immer wieder spekuliert. Doch dieses Szenario ist alleine deshalb auszuschließen, da die Brüsseler Wettbewerbshüter dies als eine versteckte Beihilfe des französischen Staates bewerten würden. Nach wie vor hat die EU-Wettbewerbskommission ein waches Auge auf alle Vorgänge rund um Alstom.
Sollte Kron mit der Gesundung seines Konzerns indes weiter vorankommen, gibt es keinen Grund zu glauben, warum sich nicht Wettbewerber wie Siemens doch für eine Übernahme interessieren könnten. Denn in gut drei Jahren muss der französische Staat seine gut 20-prozentige Alstom-Beteiligung verkaufen. Dies wäre eine gute Gelegenheit, dies im Rahmen eines industriellen Projektes zu tun. Aber das ist, wie gesagt, reine Spekulation. Das wiederum macht bekanntlich den Reiz der Börse aus.
Quelle: HANDELSBLATT, Dienstag, 07. Juni 2005, 07:00 Uhr
...be invested
Der Einsame Samariter