Oltner Tageblatt(Schweiz)19.6.
Alstom Schweiz Bestellungseinbussen gefährden «einige hundert» Arbeitsplätze
Die Alstom-Turbinenbauer in Baden und Birr beklagen fehlende Neubestellungen. Prominentester Offert-Flop war das Italien-Kraftwerkprojekt der EG Laufenburg. Nun erwägt die Führung der Alstom Schweiz neue, unter Umständen tiefe Personalschnitte.
Noch vor drei Wochen zeigte sich Walter Gränicher, Chef von Als-tom Schweiz, für sein Kraftwerkgeschäft verhalten zuversichtlich: Der im letzten Jahr angekündigte Abbau von 470 Stellen – weltweit wurden rund 6000 Arbeitsplätze gekappt – sei weitgehend beendet. Zusätzliche Abbaupläne gebe es «derzeit nicht», erklärte Gränicher Ende Mai in einem Interview gegenüber der Mittelland Zeitung. Er ergänzte, der Auftragseingang entwickle sich «gemäss Businessplan». Damals schienen «interessante Projekte» kurz vor dem Abschluss, und das Servicegeschäft entwickle sich «erfreulich», so lautete der Kommentar.
Die neue Lagebeurteilung
Alles andere als erfreulich fällt die in den letzten Tagen vorgenommene jüngste Lagebeurteilung aus. Nachstehend die Kernpunkte jenes internen Informationsschreibens, das Mitte der Woche in Zirkulation gesetzt wurde und das der Mittelland Zeitung vorliegt (Firmensprecherin Selma Odok hat den Inhalt gegenüber der MZ bestätigt):
– Der Bestellungseingang im Bereich der Neuanlagen liegt «unter den Erwartungen».
– Im Power-Bereich wurde mit der Planung «weiterer Massnahmen auf der Ressourcen-Seite» angefangen. «Einige hundert Stellen» müssten als gefährdet bezeichnet werden. Spätestens im Spätsommer soll die Planung abgeschlossen sein.
– Ein zweites Restrukturierungsprojekt der Alstom Schweiz betrifft mögliche Verlagerungen von Tätigkeiten an Standorte, die näher bei Hauptkunden aus Asien liegen und die günstigere Kostenstrukturen aufweisen.
– Bereits spruchreif sind die Folgen der angekündigten Fokussierung im Geschäft mit (Turbo-)Generatoren: Am Standort Birr sollen 18 Planstellen gestrichen werden, in erster Linie über natürliche Abgänge und interne Stellenwechsel.
Die Niederlage vom 25. Mai
Für die weitere Entwicklung, so hält die Alstom-Schweiz-Führung fest, sei «jede einzelne Bestellung» bedeutsam. Erinnert wird in diesem Zusammenhang an das Italien-Projekt «Spara- nise» der Axpo-Tochter Elektrizitätsgesellschaft Laufenburg (EGL): Wie berichtet, zog dabei Alstom gegenüber dem italienischen Konkurrenten Ansaldo den Kürzeren; diese Hiobsbotschaft wurde am 2. Juni publik. Die Qualität der betreffenden Alstom-Offerte für zwei Kraftwerkblöcke in Campania wird unverändert gegensätzlich beurteilt. EGL-Chef Emanuel Höhener hatte durchblicken lassen, das Alstom-Angebot sei schlechter ausgefallen als die Offerten der Mitbieter Ansaldo und General Electric (GE), die ebenfalls in die Endausmarchung vorgestossen waren.
Hoffen auf nächste EGL-Projekte
Alstom-Schweiz-Chef Gränicher seinerseits kommentierte im internen «Update zur aktuellen Situation», man habe «heute keine Möglichkeit», die Gründe für den negativen Entscheid der EGL nachzuvollziehen. Trotz technischer Vorteile des eigenen Produkts und des guten Wirkungsgrades sei man unterlegen. Alstom Schweiz werde auch für die weiteren (zwei) anstehenden EGL-Grossprojekte in Italien ins Rennen steigen. Es werde denn auch eine «Neubeurteilung der Situation» erwartet.
Wie realistisch diese Hoffnung des Alstom-Schweiz-Chefs ist, muss sich weisen. Dabei geht es nicht zuletzt dar-um, ob die «Sparanise»-Niederlage vom 25. Mai zu einem entscheidenden Handicap wird – weil nämlich die federführende EGL im Rahmen ihrer «Flotten-Politik» in Italien dazu tendieren könnte, bei Folgeaufträgen nach Möglichkeit nur mit einem Anbieter zu kooperieren. Mit der Vergabe der Aufträge für das Projekt «Rizziconi» (Kalabrien) wird im Juli gerechnet.
Auftragsflaute bremst Für die Schweizer Alstom-Standorte (im Bild der Hauptsitz in Baden) werden neue Abbauszenarien diskutiert. eddy risch/