Resonanz macht Investmentbanken Mut
Allianz nimmt mehr ein als erwartet
Von Caspar Busse und Michael Maisch, Handelsblatt
Die Allianz stärkt ihre durch die Börsenkrise angegriffene Kapitalbasis um mehr als vier Milliarden Euro. Doch damit könnte der Kapitalhunger des Versicherers noch nicht gestillt sein. Eine nachrangige Anleihe bleibt für die Münchner eine Option, die sie im zweiten Halbjahr nutzen könnten.
FRANKFURT/MÜNCHEN. Die Kapitalerhöhung des Versicherers Allianz geht in die heiße Phase. Am Wochenende hat der Münchner Konzern den Bezugspreis für die jungen Aktien auf 38 Euro festgesetzt. Damit wird die Bezugsrechtsemission rund 4,4 Mrd. Euro einbringen. Obwohl das deutlich mehr ist, als die mindestens angepeilten 3,5 Mrd. Euro, will der Konzern seine Pläne für weitere Kapitalmaßnahmen nicht aufgeben.
Die Allianz bekräftigte, es bleibe bei dem Vorhaben, das Kapital um insgesamt 5 Mrd. Euro aufzustocken. Neben der Bezugsrechtsemission hatte der Versicherer ursprünglich auch eine nachrangige Anleihe, die ebenfalls zum Eigenkapital zählen würde, von rund 1,5 Mrd. Euro ins Auge gefasst. „Das bleibt eine Option für das zweite Halbjahr“, hieß es gestern aus Kreisen des Versicherers.
Die Allianz reagiert mit ihrer Kapitalerhöhung vor allem auf den großen Druck der Ratingagenturen, die die Bonität von Unternehmen bewerten. Der Konzern hatte 2002 einen Milliardenverlust ausgewiesen, nicht zuletzt wegen der roten Zahlen bei der Tochter Dresdner Bank. Die Reserven sind zudem durch den heftigen Kursverfall an den Aktienbörsen deutlich zusammengeschmolzen. Der Druck durch die Ratingagenturen sei jetzt zwar beseitigt, aber möglicherweise benötige die Allianz im zweiten Halbjahr zusätzliche Mittel für das erwartete Wachstum im Versicherungsgeschäft, hieß es aus Konzernkreisen.
Bei ihrer Bezugsrechtsemission profitiert die Allianz von der jüngsten Erholung am Aktienmarkt. Nach Ankündigung der Kapitalerhöhung war die Aktie zunächst deutlich unter Druck geraten und bis auf 44,50 Euro gefallen. In der vergangenen Woche legte der Kurs aber wieder um knapp 14 % zu. Unterstützung kam zuletzt auch von den Analysten. Sowohl die Commerzbank als auch J.P. Morgan empfahlen die Allianz-Aktie mit Kurszielen von mindestens 80 Euro zum Kauf.
Die ermutigende Resonanz auf die Kapitalmaßnahme der Allianz werten Investmentbanker als positives Zeichen für den gesamten Markt. „Wenn sich die Kurse weiter erholen, könnten sich in den kommenden Monaten weitere Konzerne mit Kapitalerhöhungen aus der Deckung wagen“, sagte ein Banker. Zur Stabilisierung trage bei, dass die Unternehmen mit dem größten Kapitalhunger ihre Probleme bereits angegangen seien. Von dieser Seite müssten die Investoren nicht mehr mit bösen Überraschungen rechnen.
Akuten Kapitalbedarf haben neben den Versicherern vor allem die Banken und die Telekomkonzerne. Die Münchener Rück hat in der vergangenen Woche nachrangige Anleihen über 3,5 Mrd. Euro ausgegeben und anschließend Gerüchte über eine zusätzliche Kapitalerhöhung dementiert. Die Deutsche Telekom hat im Februar eine so genannte Pflichtwandelanleihe über 2,3 Mrd. Euro begeben, und die Hypo-Vereinsbank will sich zusätzliches Kapital durch den Börsengang ihrer Tochter Bank Austria besorgen.
Bei einer Bezugsrechtsemission, wie der der Allianz, verkaufen die Unternehmen neue Aktien mit einem Abschlag an ihre alten Anteilseigner. Im Fall des Versicherers liegt der Rabatt bei 33 % gegenüber dem Schlusskurs von 56,95 Euro am vergangenen Freitag. Den Bezugskurs für die ebenfalls angekündigten jungen Genussscheine hat die Allianz auf 59,20 Euro festgelegt. Die Aktionäre können vom 15. bis zum 29. April jeweils sieben neue für 15 alte Aktien beziehen. Der Bezugsrechtshandel läuft bis zum 25. April. Insgesamt sollen 117 Mill. neue Aktien ausgegeben werden. Konsortialführer sind Goldman Sachs, UBS Warburg, Citigroup und Deutsche Bank.
Die Banken übernehmen die Aktien zum Preis von 38 Euro. Allerdings tragen die Institute das Risiko der Platzierung nicht alleine. Erstmals bei einer so bedeutenden deutschen Transaktion haben die Banken koordiniert einen großen Teil des Emissionsvolumens an so genannte Subunderwriter weitergegeben. Dabei garantieren Großinvestoren wie Versicherungen oder Fonds, die Papiere zu einem festen Preis von den Konsortialführern zu übernehmen und erhalten dafür einen Teil der Honorare der Investmentbanken. Im Falle der Allianz sei rund die Hälfte des Volumens an Subunderwriter weitergegeben worden, hieß es in Bankenkreisen. Die Investoren erhielten dafür rund die Hälfte der Bankenhonorare von drei bis vier Prozent des Emissionsvolumens.
HANDELSBLATT, Montag, 14. April 2003, 08:05 Uhr
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