Die einstigen Strippenzieher in der deutschen Wirtschaft sind zu notleidenden Großkonzernen mutiert - oder treffender gesagt, notleidenden Konzernen, von groß kann keine Rede mehr sein. Der Deutschen Bank [ Kurs/Chart ] geht es noch halbwegs gut, der Allianz [ Kurs/Chart ] steht das Wasser bis zum Hals, Branchenkollege Münchener Rück [ Kurs/Chart ] säuft langsam aber sicher ab.
Die Problemlage ist bekannt und wurde auch auf Stock-World schon vielfach dargelegt. Auf den Nenner gebracht lässt sich sagen, dass Allianz und Münchener Rück praktisch keine Chancen auf steigende Kurse haben, so lange sich die Lage an den Börsen nicht entspannt.
Für das erste Quartal haben beide Unternehmen wieder Abschreibungen auf Wertpapiere in dreistelliger Millionenhöhe angekündigt. Das Management der Münchener Rück will einen Verlust im ersten Quartal nicht mehr ausschließen.
Neue Unsicherheiten
Über die bekannten Probleme hinaus belasten neue Unsicherheiten die Kurse der Versicherungstitel. Die Kapitalerhöhung der Allianz mit einem möglichen Bezugskurs von nur 30 Euro warf die Frage auf, weshalb man die alte Aktie zu 60 Euro halten sollte. Es fanden sich keine guten Argumente und nun notiert das Papier bei 50 Euro. Ein Pluspunkt ist immerhin der Chefwechsel bei der Dresdner Bank. Bernd Fahrholz wird von Herbert Walter abgelöst, der die Restrukturierung in dem Bankhaus hoffentlich schneller vorantreiben wird.
Bei der Münchener Rück hinterlässt der Vorstand einen unsicheren Eindruck und kann definitiv keine Pluspunkte sammeln. Offenbar hat der Konzern keine konkreten Konzepte, wie er sich aus der Misere zu befreien gedenkt, falls sich das wirtschaftliche Umfeld nicht wesentlich verbessert. Bekannt ist nur, dass eine Anleihe frisches Geld bringen soll. Bisher hat das Management unverständlicherweise nicht mitgeteilt, welches Volumen die Anleihe hat.
Die Allianz ist bislang verschont geblieben, bei der Münchener Rück hat jetzt die erste Ratingagentur zugeschlagen. Standard & Poor`s senkt das für Versicherungen wichtige Finanzstärke-Rating von AA+ auf AA-. Der Ausblick bleibt auf negativ, die Einstufung könnte noch weiter fallen.
Prinzipiell unterbewertet
Zu guter letzt haben die beiden "Schwächlinge" ausgerechnet jetzt angekündigt, ihre Überkreuzbeteiligungen abzubauen. Das bedeutet, Aktien beider Unternehmen werden auf den Markt kommen und unter Umständen weiter auf den Kursen lasten. Wegen der neuen Probleme fallen die Aktien seit kurzer Zeit selbst wenn der Gesamtmarkt freundlich tendiert.
Fazit: Stock-World hält beide Konzerne zwar prinzipiell für unterbewertet. Die Allianz hat inzwischen ein Börsengewicht unter 15 Milliarden Euro, der Kurs steht auf dem Niveau von 1988, die Münchener Rück ist unter 14 Milliarden Euro wert. Damit sind beide zusammen in etwa bewertet wie Ebay [Nasdaq: EBAY Kurs/Chart ]. Doch wird sich an der Situation kurzfristig nur wenig ändern.
Bei der Allianz muss die Kapitalerhöhung erfolgreich abgewickelt werden, bevor man einen Kauf in Erwägung ziehen kann. Bei der Münchener Rück ist eine Verbesserung der Stimmung an den Finanzmärkten vonnöten.
© 28.03.2003 www.stock-world.de