Was tun, wenn die Kasse klingelt, aber die Aktie am Boden liegt? Ein Rückkauf gilt oft als Wundermittel, um den Kurs auf Trab zu bringen. Ohne die passende Strategie entpuppt sich das Programm allerdings als gefährlicher Kapitalvernichter.
Als Kursstütze machen Aktienrückkäufe keinen Sinn. Ein Unternehmen, das planlos Aktien einsammelt, dürfte bald unter der Last zusammenbrechen.
Vertrauenskrise. Unter diesem Stichwort erklären Analysten gerne jene Kursbewegungen, die Privatanlegern unverständlich sind. Warum soll zum Beispiel ein Unternehmen massive Kurseinbrüche erleiden, nur weil der Mitbewerber seine Bilanzen manipuliert hat? Statt sich auf eine Aktie zu konzentrieren, nimmt der Markt die Branche in Sippenhaft und straft alle ab.
So einfach funktioniert bisweilen die Börse, wenn die Angst stärker ist als die Gier. Andersherum funktioniert es genauso, nur hat die Angst seit dem Platzen der Technologieblase Hochkonjunktur. Die Folgen sind schmerzhaft: Kaum ein Sektor hat sich in den vergangenen zwei Jahren gegen die Talfahrt an den Aktienmärkten wehren können. Viele gute Werte wurden nach unten gedrückt.
Das Vertrauen soll wieder hergestellt werden
Nachdem von Seiten der Banken, Analysten und Wirtschaftsprüfer der Imageschaden eher vergrößert denn behoben wurde, versuchen die Konzerne jetzt häufig selbst, das Vertrauen wieder herzustellen - nicht mit vollmundigen Geschäftsprognosen, sondern mit dem Erwerb eigener Aktien. Denn wer die eigenen Titel kauft, der glaubt auch an sein Geschäftsmodell und signalisiert Zuversicht.
Folglich werden die Banken beauftragt, marktschonend und in festgelegten Preisspannen an der Börse zu kaufen. Die so genannten Tenderverfahren, bei denen die Unternehmen große Aktienpakete übernehmen, spielen in Deutschland auf Grund des komplizierten und langwierigen Ablaufs kaum eine Rolle.
Ein Rückkauf belastet die Liquidität
Rund zwei Drittel aller Dax-30-Unternehmen haben sich auf ihrer Hauptversammlung von den Anteilseignern bereits die Genehmigung für ein Rückkaufprogramm eingeholt. Bei vielen geschah dies zwar nur auf Vorrat, da sie in dem Finanzinstrument lediglich eine strategische Option sehen. Andere wie Schering , BASF und die Deutsche Bank sammeln derzeit dagegen fleißig eigene Aktien ein.
Die Allianz hat schon neun Prozent der eigenen Aktien erworben und stößt damit an die vom Gesetzgeber vorgegebene Höchstgrenze von zehn Prozent. Unternehmen wie die Deutsche Telekom oder Linde haben diese Möglichkeit nicht, da sie auf Grund ihrer relativ hohen Verschuldung bei einer Kaufaktion ihre Kreditwürdigkeit aufs Spiel setzen würden.
Schließlich verlangt ein Aktienrückkauf erhebliche liquide Mittel. Und dieses Geld, monieren Kritiker, könne besser für zukunftsgerichtete Investitionen oder eine höhere Dividende ausgegeben werden. Denn die erhoffte positive Signalwirkung für den Kurs kann auch schnell verpuffen.
Gesunde Bilanzstruktur entscheidet
Grundsätzlich müsse ein Unternehmen eine "gesunde Bilanzstruktur ausweisen", sagt Thomas Meier, Fondsmanager bei Union Investment. Sofern das Unternehmen einen hohen Free Cashflow generiere und keine Möglichkeit habe, dieses Geld zu Renditen über dem Kapitalkostensatz zu investieren, mache ein strategisch ausgerichtetes Rückkaufprogramm Sinn. Sollten Investitionen jedoch gewinnbringende Renditen versprechen, sei von diesem Finanzmarktinstrument abzuraten.
Skeptisch reagieren Börsianer vor allem dann, wenn Wachstumsunternehmen eigene Aktien erwerben. Denn sie sind zumeist eh mit niedrigem Eigenkapital ausgestattet und verfolgen ein zukunftsgerichtetes Geschäftsmodell, das viel Investitionskapital erfordere. Das Geld dafür wurde meist mit dem Börsengang eingesammelt. Warum also die Mittel wieder an den Markt zurückgeben?
Aktienrückkäufe am Neuen Markt haben deshalb den Charakter der kurzfristig ausgelegten Kurspflege. Ein Negativbeispiel ist die Lobster AG . Nur einen Monat nach dem Wechsel vom Freiverkehr an den Neuen Markt kündigten die Berliner auf Grund einer "erschütternden Kursentwicklung" ein Rückkaufprogramm an. Genützt hat es nichts. Der Aktie mutierte zum Pennystock und wird mittlerweile nur noch im Geregelten Markt gehandelt.
Was passiert mit den gekauften Aktien?
Ob der Aktienkurs langfristig vom Rückkaufprogramm profitiert, hängt vom Verwendungszweck ab. Anleger begrüßen es, wenn die Aktien vernichtet werden, obwohl das am Eigenkapital zehrt. Denn je geringer die Anzahl der Wertpapiere, desto höher steigen bewertungsrelevante Kennzahlen wie der Gewinn je Aktie (EPS). Zudem sehen auch die Bilanzrelationen, wie die Rendite auf das Eigenkapital, besser aus. Steigende EPS-Zahlen signalisieren Wachstumsraten, die wiederum zum Kauf der Aktie verleiten und den Kurs in die Höhe treiben.
Sinnvoll wertet Meier die Strategie von Philip Morris : "Das Unternehmen erwirtschaftet einen riesigen Cashflow, kann in dem gesättigten Tabakmarkt aber nicht expandieren und das Geld häufig nicht effizient investieren." Hin und wieder würden Akquisitionen getätigt, aber hauptsächlich eigene Aktien gekauft und vom Markt genommen. Ähnlich geht auch der Nahrungsmittelkonzern Nestlé vor.
Übernahme mit eigenen Aktien
Die langanhaltende Baisse an den Börsen weckt auch Begehrlichkeiten. In nahezu allen Branchen gibt es mittlerweile Unternehmen zu Schnäppchenpreisen. Die eigenen, an der Börse gekauften Aktien dienen als Akquisitionswährung. Sofern die Neuanschaffung zum Kerngeschäft passt, reagiert der Markt meist positiv. Kurseinbrüche sind hingegen zu erwarten, wenn im Zuge der Expansion zu stark diversifiziert wird oder die Unternehmen nicht miteinander harmonisieren.
Der Berliner Pharmahersteller Schering steht voraussichtlich vor einer weiteren Akquisition. Nach dem erfolgreichen Listing an der Wall Street und einem bereits angelaufenen Aktienrückkaufprogramm ist die Kriegskasse gut gefüllt. Gesucht werden erfolgversprechende Biotechnologieunternehmen in den USA.
Feindliche Übernahme wird erschwert
Ein positiver Nebeneffekt für den Rückkäufer besteht zudem darin, dass eine feindliche Übernahme erschwert wird. Dank eines geringeren Streubesitzes und eines unter Umständen höheren Aktienkurses sichern sich Unternehmen ab. Als alleinige Abwehrmaßnahme wird diese Strategie von Börsianern jedoch nicht als sinnvoll erachtet.
Zudem besteht mit einem sinkenden Free Float die Gefahr, dass sich die Gewichtung in wichtigen Indizes verringert. Viele Fonds orientieren sich mit ihrem Portfolio an der Zusammenstellung eines Index'. Verliert ein Unternehmen an Bedeutung, müssen die Fondsmanager entsprechend verkaufen und üben dadurch Druck auf den Kurs aus.
Auch Mitarbeiter haben Interesse an den Aktien
Der Streubesitz kann wiederum erhöht werden, wenn das Unternehmen die Aktien nicht vernichtet, sondern erneut in den Markt hineingibt oder an seine Mitarbeiter verteilt. Im Zuge der in Deutschland immer populärer werdenden Optionspläne sind viele zu Rückkaufprogrammen gezwungen. Damit die versprochenen Aktien ausgegeben werden können, müssen diese erst an der Börse eingesammelt werden.
In den USA ist dieses Verfahren bereits alltäglich. Dort werden häufiger die so genannten Buy Backs gestartet, allerdings "geht die wirkliche Zahl der Aktien nicht zurück", sagt Meier. Stattdessen werde das Kapital durch die Optionen ständig erhöht. In Deutschland hat sich das erst seit Mitte 1998 erlaubte Rückkaufprogramm noch keinen so großen Stellenwert erarbeitet.
Die Ankündigung treibt den Kurs
Ob ein Rückkaufprogramm auch langfristig den Aktienkurs stützt, hängt davon ab, ob es Teil einer wertorientierten Strategie ist. Meier sieht Parallelen mit einer Indexumstellung: "Die Ankündigung wirkt eher kursbewegend als die Umsetzung."
Der Pharmakonzern Schering, der Chemiekonzern BASF und die Deutsche Bank kaufen derzeit eigene Aktien zurück. Aus Sicht der drei Unternehmen gibt es dafür unterschiedliche und triftige Gründe.
Die Sorgen von Schering, BASF und der Deutschen Bank würden manche Unternehmen gerne haben. Die Kassen der drei Dax-Konzerne sind so prall gefüllt, dass schon einige Kreativität gefragt ist, um das Geld wieder sinnvoll zu investieren. Bei Schering hat der Verkauf des Anteils an Aventis Crop Science mehr als 550 Millionen Euro eingebracht. Die BASF strich aus dem Verkauf der Pharmasparte im vergangenen Jahr sogar rund sechs Milliarden Euro ein. Und auch die Deutsche Bank kann die Milliardensummen, die sie aus dem Verkauf ihrer Beteiligungen wie Allianz und Münchener Rück bisher erlöst hat, nicht ungenutzt liegen lassen.
Der Berliner Pharmakonzern Schering nimmt in diesem Jahr rund 250 Millionen Euro in die Hand, um eigene Aktien zurückzukaufen. Der Markt hat das Rückkaufprogramm begrüßt, denn der Konzern nutzt eigene Aktien für die weitere Expansion in den USA. Da Schering-Aktien auch an der Wall Street gehandelt werden, können die Berliner ihre Papiere als Akquisitionswährung verwenden: So wurde zum Beispiel die Übernahme der amerikanischen Biotechnologiefirma Collateral Therapeutics in diesem Sommer zum Teil über eigene Anteilsscheine finanziert. Da US-Biotechfirmen inzwischen deutlich günstiger bewertet sind als noch vor einem Jahr, könnte Schering die Gunst der Stunde nutzen und sein Rückkaufprogramm im kommenden Jahr fortsetzen.
"In den USA werden wir unsere Aktie als Akquisitionswährung bei ähnlichen Gelegenheiten wie bei dem Erwerb von Collateral Therapeutics einsetzen", sagte Klaus Pohle, Finanzvorstand und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Schering AG, gegenüber manager magazin.de. Die Hauptversammlung hat dem Unternehmen die Genehmigung gegeben, bis Ende September 2003 eigene Aktien zu erwerben: Sollte der Konzern seine Einkaufstour fortführen, kann er sich durch den Rückkauf mit der nötigen Währung versorgen.
Das Unternehmen hat dafür ausreichend finanziellen Spielraum. Das operative Geschäft muss nicht darunter leiden. "Die Liquidität, die wir für den Rückkauf von Aktien einsetzen, hat auf unser Forschungsvolumen keinen Einfluss", betont Pohle. So wurden die Ausgaben für die Forschung in diesem Jahr auf mehr als eine Milliarde Euro erhöht – trotz des laufenden Rückkaufprogramms.
Steigt der Kurs stark, wird ausgesetzt
Das Aktienrückkaufprogramm diene "in erster Linie dem Ziel, Wert für unsere Aktionäre zu schaffen", so der Finanzvorstand. Dies geschieht durch eine einfache Rechnung: Da sich die Zahl der im Umlauf befindlichen Anteile verringert, erhöht sich der erzielte Gewinn pro Aktie. Als Schutz vor einer feindlichen Übernahme sieht Pohle den Aktienrückkauf dagegen nicht: Dafür sei das Programm kein geeignetes Instrument. Nach dem Aktienrückkauf im Frühjahr hat Schering im Juli bereits das zweite Rückkaufprogramm in diesem Jahr gestartet und geht dabei ebenso geduldig wie BASF und Deutsche Bank vor: "Der Aktienrückkauf findet über längere Zeit statt. Größere Kursbewegungen auf Grund des Aktienrückkaufs werden nicht ausgelöst", sagt Pohle. "Bei größeren Kursbewegungen nach oben setzen wir das Programm sofort aus."
Der Chemiekonzern BASF hat bereits reichlich Erfahrungen mit langfristig angelegten Rückkaufprogrammen gesammelt. Bereits 2001 hat das Ludwigshafener Unternehmen eigene Aktien im Wert von 1,3 Milliarden Euro über die Börse zurückgekauft und damit eines der größten deutschen Aktienrückkaufprogramme umgesetzt. In diesem Jahr sollen weitere Aktien für rund 500 Millionen Euro erworben werden. Das Problem bei BASF: Der Geldzufluss aus Unternehmensverkäufen ist so üppig, dass die Eigenkapitalquote immer wieder auf atemberaubende Höhen klettert. Nach dem Verkauf des Pharmageschäfts tendiert sie wieder bei knapp 48 Prozent.
"Mittelfristig halten wir eine Eigenkapitalquote von 40 Prozent für ausreichend. Der Aktienrückkauf trägt mit dazu bei, die Quote zu reduzieren", so ein Sprecher des Unternehmens. BASF will dadurch die Kapitalkosten senken und die eigenen Renditeziffern erhöhen. Finanzvorstand Max Dietrich Kley will die schlankere Bilanzstruktur einerseits durch Aktienrückkauf, andererseits aber auch durch Übernahmen erreichen. "Grundsätzlich hat das Unternehmen immer
die Augen offen, wo sich in der konsolidierenden Chemiebranche Chancen bieten", bestätigt der Unternehmenssprecher.
Die Erlöse aus dem Verkauf der Pharmasparte würden vor allem zum Abbau der kurzfristigen Verschuldung eingesetzt – darüber hinaus bleibe noch ausreichend Geld sowohl für Aktienrückkäufe als auch für Investitionen. Derzeit würden Aktien "kontinuierlich zu günstigen Kursen zurückgekauft". Pläne, die eigenen Aktien als Akquisitionswährung oder für ein Mitarbeiter-Optionsprogramm einzusetzen, gebe es derzeit nicht.
Die Deutsche Bank hat mit ihrer Ankündigung, bis September 2003 bis zu 62 Millionen eigene Aktien zurückzukaufen, für einen Paukenschlag an den Märkten gesorgt. Schließlich gehört es zum Kerngeschäft des Finanzhauses, auf der ganzen Welt nach Investitionsmöglichkeiten zu suchen. Vorstandssprecher Josef Ackermann sieht den Rückkauf eigener Aktien nicht nur angesichts des Kursrückgangs jedoch als "attraktive Anlagealternative".
Der Rückkauf der Aktien wird durch den Verkauf der Industriebeteiligungen finanziert. Der (noch) steuerfreie Rückzug aus den Engagements gehört ohnehin zum strategischen Konzept der Deutschen Bank. Um die Kapital- und Bilanzstruktur zu verbessern, würden die vorhandenen Industriebeteiligungen konsequent abgebaut: "Bei einer Kernkapitalquote von 9,3 Prozent ist die Deutsche Bank mehr als ausreichend kapitalisiert – deshalb wird das durch den Beteiligungsverkauf freigesetzte Kapital über den Aktienrückkauf direkt an die Aktionäre zurückgegeben", sagt ein Sprecher des Unternehmens.
Steuerfreier Bonus
Durch die Reduzierung der Aktienzahl können sich die Aktionäre über ein steigendes Ergebnis pro Aktie freuen. Dieser positive Effekt komme den Aktionären in vollem Umfang zugute, da er nicht – wie etwa bei einer Sonderdividende – durch eine Kapitalertragssteuer belastet werde. Ein Teil der zurückerworbenen Aktien werde außerdem im Rahmen eines Aktienoptionsprogramms an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben. Der Aktienrückkauf biete die Chance, "ungenutztes Kapital an unsere Aktionäre zurückzugeben", sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann während der Vorstellung der Halbjahresbilanz.
Bis Ende Juli, vier Wochen nach Start des Programms, hat das Geldhaus bereits sieben Millionen Aktien zum Durchschnittspreis von 64 Euro zurückgekauft. Das Programm sei über einen Zeitraum von 18 Monaten angelegt: "Aktienrückkaufprogramme, bei denen über relativ kurze Zeiträume hohe Stückzahlen zurückgekauft werden, haben bestenfalls eine kurzfristige Wirkung auf den Aktienkurs", erklärte ein Sprecher der Deutschen Bank auf Anfrage.
Die Hauptversammlung hat das Geldinstitut ermächtigt, innerhalb dieser 18 Monate bis zu zehn Prozent der eigenen Aktien zurückzukaufen. Es sei "sehr wahrscheinlich", dass die Aktionäre auch bei der nächsten Hauptversammlung im Juni über eine Erneuerung des Programms entscheiden werden, heißt es aus dem Unternehmen. Ob auf Grund eines solchen "Vorratsbeschlusses" dann auch ein weiteres Rückkaufprogramm aufgelegt werde, hänge unter anderem von der Höhe des Überschusskapitals und vom Aktienkurs ab.
mm.de
Gruß
Happy End
Als Kursstütze machen Aktienrückkäufe keinen Sinn. Ein Unternehmen, das planlos Aktien einsammelt, dürfte bald unter der Last zusammenbrechen.
Vertrauenskrise. Unter diesem Stichwort erklären Analysten gerne jene Kursbewegungen, die Privatanlegern unverständlich sind. Warum soll zum Beispiel ein Unternehmen massive Kurseinbrüche erleiden, nur weil der Mitbewerber seine Bilanzen manipuliert hat? Statt sich auf eine Aktie zu konzentrieren, nimmt der Markt die Branche in Sippenhaft und straft alle ab.
So einfach funktioniert bisweilen die Börse, wenn die Angst stärker ist als die Gier. Andersherum funktioniert es genauso, nur hat die Angst seit dem Platzen der Technologieblase Hochkonjunktur. Die Folgen sind schmerzhaft: Kaum ein Sektor hat sich in den vergangenen zwei Jahren gegen die Talfahrt an den Aktienmärkten wehren können. Viele gute Werte wurden nach unten gedrückt.
Das Vertrauen soll wieder hergestellt werden
Nachdem von Seiten der Banken, Analysten und Wirtschaftsprüfer der Imageschaden eher vergrößert denn behoben wurde, versuchen die Konzerne jetzt häufig selbst, das Vertrauen wieder herzustellen - nicht mit vollmundigen Geschäftsprognosen, sondern mit dem Erwerb eigener Aktien. Denn wer die eigenen Titel kauft, der glaubt auch an sein Geschäftsmodell und signalisiert Zuversicht.
Folglich werden die Banken beauftragt, marktschonend und in festgelegten Preisspannen an der Börse zu kaufen. Die so genannten Tenderverfahren, bei denen die Unternehmen große Aktienpakete übernehmen, spielen in Deutschland auf Grund des komplizierten und langwierigen Ablaufs kaum eine Rolle.
Ein Rückkauf belastet die Liquidität
Rund zwei Drittel aller Dax-30-Unternehmen haben sich auf ihrer Hauptversammlung von den Anteilseignern bereits die Genehmigung für ein Rückkaufprogramm eingeholt. Bei vielen geschah dies zwar nur auf Vorrat, da sie in dem Finanzinstrument lediglich eine strategische Option sehen. Andere wie Schering , BASF und die Deutsche Bank sammeln derzeit dagegen fleißig eigene Aktien ein.
Die Allianz hat schon neun Prozent der eigenen Aktien erworben und stößt damit an die vom Gesetzgeber vorgegebene Höchstgrenze von zehn Prozent. Unternehmen wie die Deutsche Telekom oder Linde haben diese Möglichkeit nicht, da sie auf Grund ihrer relativ hohen Verschuldung bei einer Kaufaktion ihre Kreditwürdigkeit aufs Spiel setzen würden.
Schließlich verlangt ein Aktienrückkauf erhebliche liquide Mittel. Und dieses Geld, monieren Kritiker, könne besser für zukunftsgerichtete Investitionen oder eine höhere Dividende ausgegeben werden. Denn die erhoffte positive Signalwirkung für den Kurs kann auch schnell verpuffen.
Gesunde Bilanzstruktur entscheidet
Grundsätzlich müsse ein Unternehmen eine "gesunde Bilanzstruktur ausweisen", sagt Thomas Meier, Fondsmanager bei Union Investment. Sofern das Unternehmen einen hohen Free Cashflow generiere und keine Möglichkeit habe, dieses Geld zu Renditen über dem Kapitalkostensatz zu investieren, mache ein strategisch ausgerichtetes Rückkaufprogramm Sinn. Sollten Investitionen jedoch gewinnbringende Renditen versprechen, sei von diesem Finanzmarktinstrument abzuraten.
Skeptisch reagieren Börsianer vor allem dann, wenn Wachstumsunternehmen eigene Aktien erwerben. Denn sie sind zumeist eh mit niedrigem Eigenkapital ausgestattet und verfolgen ein zukunftsgerichtetes Geschäftsmodell, das viel Investitionskapital erfordere. Das Geld dafür wurde meist mit dem Börsengang eingesammelt. Warum also die Mittel wieder an den Markt zurückgeben?
Aktienrückkäufe am Neuen Markt haben deshalb den Charakter der kurzfristig ausgelegten Kurspflege. Ein Negativbeispiel ist die Lobster AG . Nur einen Monat nach dem Wechsel vom Freiverkehr an den Neuen Markt kündigten die Berliner auf Grund einer "erschütternden Kursentwicklung" ein Rückkaufprogramm an. Genützt hat es nichts. Der Aktie mutierte zum Pennystock und wird mittlerweile nur noch im Geregelten Markt gehandelt.
Was passiert mit den gekauften Aktien?
Ob der Aktienkurs langfristig vom Rückkaufprogramm profitiert, hängt vom Verwendungszweck ab. Anleger begrüßen es, wenn die Aktien vernichtet werden, obwohl das am Eigenkapital zehrt. Denn je geringer die Anzahl der Wertpapiere, desto höher steigen bewertungsrelevante Kennzahlen wie der Gewinn je Aktie (EPS). Zudem sehen auch die Bilanzrelationen, wie die Rendite auf das Eigenkapital, besser aus. Steigende EPS-Zahlen signalisieren Wachstumsraten, die wiederum zum Kauf der Aktie verleiten und den Kurs in die Höhe treiben.
Sinnvoll wertet Meier die Strategie von Philip Morris : "Das Unternehmen erwirtschaftet einen riesigen Cashflow, kann in dem gesättigten Tabakmarkt aber nicht expandieren und das Geld häufig nicht effizient investieren." Hin und wieder würden Akquisitionen getätigt, aber hauptsächlich eigene Aktien gekauft und vom Markt genommen. Ähnlich geht auch der Nahrungsmittelkonzern Nestlé vor.
Übernahme mit eigenen Aktien
Die langanhaltende Baisse an den Börsen weckt auch Begehrlichkeiten. In nahezu allen Branchen gibt es mittlerweile Unternehmen zu Schnäppchenpreisen. Die eigenen, an der Börse gekauften Aktien dienen als Akquisitionswährung. Sofern die Neuanschaffung zum Kerngeschäft passt, reagiert der Markt meist positiv. Kurseinbrüche sind hingegen zu erwarten, wenn im Zuge der Expansion zu stark diversifiziert wird oder die Unternehmen nicht miteinander harmonisieren.
Der Berliner Pharmahersteller Schering steht voraussichtlich vor einer weiteren Akquisition. Nach dem erfolgreichen Listing an der Wall Street und einem bereits angelaufenen Aktienrückkaufprogramm ist die Kriegskasse gut gefüllt. Gesucht werden erfolgversprechende Biotechnologieunternehmen in den USA.
Feindliche Übernahme wird erschwert
Ein positiver Nebeneffekt für den Rückkäufer besteht zudem darin, dass eine feindliche Übernahme erschwert wird. Dank eines geringeren Streubesitzes und eines unter Umständen höheren Aktienkurses sichern sich Unternehmen ab. Als alleinige Abwehrmaßnahme wird diese Strategie von Börsianern jedoch nicht als sinnvoll erachtet.
Zudem besteht mit einem sinkenden Free Float die Gefahr, dass sich die Gewichtung in wichtigen Indizes verringert. Viele Fonds orientieren sich mit ihrem Portfolio an der Zusammenstellung eines Index'. Verliert ein Unternehmen an Bedeutung, müssen die Fondsmanager entsprechend verkaufen und üben dadurch Druck auf den Kurs aus.
Auch Mitarbeiter haben Interesse an den Aktien
Der Streubesitz kann wiederum erhöht werden, wenn das Unternehmen die Aktien nicht vernichtet, sondern erneut in den Markt hineingibt oder an seine Mitarbeiter verteilt. Im Zuge der in Deutschland immer populärer werdenden Optionspläne sind viele zu Rückkaufprogrammen gezwungen. Damit die versprochenen Aktien ausgegeben werden können, müssen diese erst an der Börse eingesammelt werden.
In den USA ist dieses Verfahren bereits alltäglich. Dort werden häufiger die so genannten Buy Backs gestartet, allerdings "geht die wirkliche Zahl der Aktien nicht zurück", sagt Meier. Stattdessen werde das Kapital durch die Optionen ständig erhöht. In Deutschland hat sich das erst seit Mitte 1998 erlaubte Rückkaufprogramm noch keinen so großen Stellenwert erarbeitet.
Die Ankündigung treibt den Kurs
Ob ein Rückkaufprogramm auch langfristig den Aktienkurs stützt, hängt davon ab, ob es Teil einer wertorientierten Strategie ist. Meier sieht Parallelen mit einer Indexumstellung: "Die Ankündigung wirkt eher kursbewegend als die Umsetzung."
Drei Aktiensammler mitten in der Flaute
Der Pharmakonzern Schering, der Chemiekonzern BASF und die Deutsche Bank kaufen derzeit eigene Aktien zurück. Aus Sicht der drei Unternehmen gibt es dafür unterschiedliche und triftige Gründe.
Die Sorgen von Schering, BASF und der Deutschen Bank würden manche Unternehmen gerne haben. Die Kassen der drei Dax-Konzerne sind so prall gefüllt, dass schon einige Kreativität gefragt ist, um das Geld wieder sinnvoll zu investieren. Bei Schering hat der Verkauf des Anteils an Aventis Crop Science mehr als 550 Millionen Euro eingebracht. Die BASF strich aus dem Verkauf der Pharmasparte im vergangenen Jahr sogar rund sechs Milliarden Euro ein. Und auch die Deutsche Bank kann die Milliardensummen, die sie aus dem Verkauf ihrer Beteiligungen wie Allianz und Münchener Rück bisher erlöst hat, nicht ungenutzt liegen lassen.
Schering: Mit eigenen Aktien auf Einkaufstour
Der Berliner Pharmakonzern Schering nimmt in diesem Jahr rund 250 Millionen Euro in die Hand, um eigene Aktien zurückzukaufen. Der Markt hat das Rückkaufprogramm begrüßt, denn der Konzern nutzt eigene Aktien für die weitere Expansion in den USA. Da Schering-Aktien auch an der Wall Street gehandelt werden, können die Berliner ihre Papiere als Akquisitionswährung verwenden: So wurde zum Beispiel die Übernahme der amerikanischen Biotechnologiefirma Collateral Therapeutics in diesem Sommer zum Teil über eigene Anteilsscheine finanziert. Da US-Biotechfirmen inzwischen deutlich günstiger bewertet sind als noch vor einem Jahr, könnte Schering die Gunst der Stunde nutzen und sein Rückkaufprogramm im kommenden Jahr fortsetzen.
"In den USA werden wir unsere Aktie als Akquisitionswährung bei ähnlichen Gelegenheiten wie bei dem Erwerb von Collateral Therapeutics einsetzen", sagte Klaus Pohle, Finanzvorstand und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Schering AG, gegenüber manager magazin.de. Die Hauptversammlung hat dem Unternehmen die Genehmigung gegeben, bis Ende September 2003 eigene Aktien zu erwerben: Sollte der Konzern seine Einkaufstour fortführen, kann er sich durch den Rückkauf mit der nötigen Währung versorgen.
Das Unternehmen hat dafür ausreichend finanziellen Spielraum. Das operative Geschäft muss nicht darunter leiden. "Die Liquidität, die wir für den Rückkauf von Aktien einsetzen, hat auf unser Forschungsvolumen keinen Einfluss", betont Pohle. So wurden die Ausgaben für die Forschung in diesem Jahr auf mehr als eine Milliarde Euro erhöht – trotz des laufenden Rückkaufprogramms.
Steigt der Kurs stark, wird ausgesetzt
Das Aktienrückkaufprogramm diene "in erster Linie dem Ziel, Wert für unsere Aktionäre zu schaffen", so der Finanzvorstand. Dies geschieht durch eine einfache Rechnung: Da sich die Zahl der im Umlauf befindlichen Anteile verringert, erhöht sich der erzielte Gewinn pro Aktie. Als Schutz vor einer feindlichen Übernahme sieht Pohle den Aktienrückkauf dagegen nicht: Dafür sei das Programm kein geeignetes Instrument. Nach dem Aktienrückkauf im Frühjahr hat Schering im Juli bereits das zweite Rückkaufprogramm in diesem Jahr gestartet und geht dabei ebenso geduldig wie BASF und Deutsche Bank vor: "Der Aktienrückkauf findet über längere Zeit statt. Größere Kursbewegungen auf Grund des Aktienrückkaufs werden nicht ausgelöst", sagt Pohle. "Bei größeren Kursbewegungen nach oben setzen wir das Programm sofort aus."
BASF: Geld fließt – doch schlanker ist schöner
Der Chemiekonzern BASF hat bereits reichlich Erfahrungen mit langfristig angelegten Rückkaufprogrammen gesammelt. Bereits 2001 hat das Ludwigshafener Unternehmen eigene Aktien im Wert von 1,3 Milliarden Euro über die Börse zurückgekauft und damit eines der größten deutschen Aktienrückkaufprogramme umgesetzt. In diesem Jahr sollen weitere Aktien für rund 500 Millionen Euro erworben werden. Das Problem bei BASF: Der Geldzufluss aus Unternehmensverkäufen ist so üppig, dass die Eigenkapitalquote immer wieder auf atemberaubende Höhen klettert. Nach dem Verkauf des Pharmageschäfts tendiert sie wieder bei knapp 48 Prozent.
"Mittelfristig halten wir eine Eigenkapitalquote von 40 Prozent für ausreichend. Der Aktienrückkauf trägt mit dazu bei, die Quote zu reduzieren", so ein Sprecher des Unternehmens. BASF will dadurch die Kapitalkosten senken und die eigenen Renditeziffern erhöhen. Finanzvorstand Max Dietrich Kley will die schlankere Bilanzstruktur einerseits durch Aktienrückkauf, andererseits aber auch durch Übernahmen erreichen. "Grundsätzlich hat das Unternehmen immer
die Augen offen, wo sich in der konsolidierenden Chemiebranche Chancen bieten", bestätigt der Unternehmenssprecher.
Die Erlöse aus dem Verkauf der Pharmasparte würden vor allem zum Abbau der kurzfristigen Verschuldung eingesetzt – darüber hinaus bleibe noch ausreichend Geld sowohl für Aktienrückkäufe als auch für Investitionen. Derzeit würden Aktien "kontinuierlich zu günstigen Kursen zurückgekauft". Pläne, die eigenen Aktien als Akquisitionswährung oder für ein Mitarbeiter-Optionsprogramm einzusetzen, gebe es derzeit nicht.
Deutsche Bank: Eigene Aktie "attraktive Alternative"
Die Deutsche Bank hat mit ihrer Ankündigung, bis September 2003 bis zu 62 Millionen eigene Aktien zurückzukaufen, für einen Paukenschlag an den Märkten gesorgt. Schließlich gehört es zum Kerngeschäft des Finanzhauses, auf der ganzen Welt nach Investitionsmöglichkeiten zu suchen. Vorstandssprecher Josef Ackermann sieht den Rückkauf eigener Aktien nicht nur angesichts des Kursrückgangs jedoch als "attraktive Anlagealternative".
Der Rückkauf der Aktien wird durch den Verkauf der Industriebeteiligungen finanziert. Der (noch) steuerfreie Rückzug aus den Engagements gehört ohnehin zum strategischen Konzept der Deutschen Bank. Um die Kapital- und Bilanzstruktur zu verbessern, würden die vorhandenen Industriebeteiligungen konsequent abgebaut: "Bei einer Kernkapitalquote von 9,3 Prozent ist die Deutsche Bank mehr als ausreichend kapitalisiert – deshalb wird das durch den Beteiligungsverkauf freigesetzte Kapital über den Aktienrückkauf direkt an die Aktionäre zurückgegeben", sagt ein Sprecher des Unternehmens.
Steuerfreier Bonus
Durch die Reduzierung der Aktienzahl können sich die Aktionäre über ein steigendes Ergebnis pro Aktie freuen. Dieser positive Effekt komme den Aktionären in vollem Umfang zugute, da er nicht – wie etwa bei einer Sonderdividende – durch eine Kapitalertragssteuer belastet werde. Ein Teil der zurückerworbenen Aktien werde außerdem im Rahmen eines Aktienoptionsprogramms an die eigenen Mitarbeiter weitergegeben. Der Aktienrückkauf biete die Chance, "ungenutztes Kapital an unsere Aktionäre zurückzugeben", sagte Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann während der Vorstellung der Halbjahresbilanz.
Bis Ende Juli, vier Wochen nach Start des Programms, hat das Geldhaus bereits sieben Millionen Aktien zum Durchschnittspreis von 64 Euro zurückgekauft. Das Programm sei über einen Zeitraum von 18 Monaten angelegt: "Aktienrückkaufprogramme, bei denen über relativ kurze Zeiträume hohe Stückzahlen zurückgekauft werden, haben bestenfalls eine kurzfristige Wirkung auf den Aktienkurs", erklärte ein Sprecher der Deutschen Bank auf Anfrage.
Die Hauptversammlung hat das Geldinstitut ermächtigt, innerhalb dieser 18 Monate bis zu zehn Prozent der eigenen Aktien zurückzukaufen. Es sei "sehr wahrscheinlich", dass die Aktionäre auch bei der nächsten Hauptversammlung im Juni über eine Erneuerung des Programms entscheiden werden, heißt es aus dem Unternehmen. Ob auf Grund eines solchen "Vorratsbeschlusses" dann auch ein weiteres Rückkaufprogramm aufgelegt werde, hänge unter anderem von der Höhe des Überschusskapitals und vom Aktienkurs ab.
mm.de
Gruß
Happy End