Spammer bringen dumme Anleger auf Kurs
Es ist eine gigantische Spam-Aktion: Rund fünf Milliarden E-Mails mit einer Aktien-Kaufempfehlung sollen in den vergangenen zwei Tagen die Postfächer überflutet haben. Tatsächlich ist der Wert des Unternehmens kurzzeitig explodiert - verdient hat daran der Spam-Versender.
Hamburg - Irgendeinen Dummen gibt es immer. Einen, der einen Datenanhang öffnet, obwohl die E-Mail mit den Worten beginnt: "Er hat nie einen Stern angeschaut. Auch mit Kamala, und mit den Freuden der Liebe." Oder: "Lass uns ruhigen Herzens warten. Wandelt in Heiligkeit, allem Leid ein Ende zu bereiten." Es gibt noch mehrere Anfänge, denn es sind mehrere E-Mails mit immer demselben Datenanhang, aber immer verschiedenen Absendern im Postfach. 10 Stück, bei manchen sogar 20 oder 30.
Fragwürdiger Aktien-Kauftipp: Gestaltet wie ein professioneller Investment-Newsletter
Unter diesen Leuten gibt es dann sogar welche, die sich nicht wundern, dass die PDF-Datei aussieht wie ein Börsenbrief, wie eine professionelle Aktien-Kaufempfehlung, die überhaupt nicht zum Text der E-Mail passt. Denen egal ist, dass der Börsenbrief keinerlei Kontaktdaten oder Herausgeber nennt, sondern schlicht in englischer Sprache für die Aktie der Firma Talktech Telemedia wirbt, deren Wert in den fünf kommenden Handelstagen garantiert um 300 Prozent zulegen werde. "Lassen Sie sich diese Chance nicht entgehen!", endet das Pamphlet.
Darunter wiederum finden sich Leute, deren Gier über den Verstand hinauswächst: Sie kaufen das Papier.
So wenige dürften das in den vergangenen zwei Tagen nicht gewesen sein, denn der Aktienkurs des Unternehmens ist explodiert: von 0,25 auf 0,35 Euro innerhalb dieses Zeitraums, ein Plus von 40 Prozent - wenn auch weit entfernt von den in der E-Mail prognostizierten 300-Prozent-Steigerung.
"Aktien-Spam" nennen Experten das und sprechen von einer "Pump-and-Dump-Kampagne". "Die anonymen Versender kaufen das Papier zu einem günstigen Kurs. Dann verschicken sie ihre E-Mails, die aussehen wie professionelle Investment-Newsletter. Anschließend, wenn Umsatz und Kurs aufgrund der künstlich erzeugten Nachfrage gestiegen sind, verkaufen sie ihre Aktienpakete mit großem Gewinn", erklärt ein Sprecher der Deutschen Bank die Masche. "So etwas gibt es schon seit längerem."
Allerdings nicht in solchem Umfang: Rund fünf Milliarden E-Mails seien in den vergangenen zwei Tagen verschickt worden, teilt das IT-Sicherheitsunternehmen Ironport Systems mit - Schätzungen zufolge sind das neun Prozent des weltweiten Spam-Aufkommens in dieser Zeit.
"Neu ist, dass der Inhalt nicht mehr als Bild im jpg-Format verschickt wird, sondern als PDF-Anhang", sagt Angelika Felsch von der Münchner Filiale der US-Firma. Der deutsche Anbieter von Sicherheitssoftware Avira erklärt, mit dem PDF-Format würden die Absender versuchen, Spam-Filter zu umgehen. Insgesamt habe das Verschicken von Aktien-Spams seit Jahresanfang um 120 Prozent zugenommen - eine Entwicklung, von der neben den Versendern auch die Produzenten von Sicherheitssoftware profitieren.
Unklar ist auch die Rolle, die das beworbene Unternehmen spielt: Selbst die Wertpapierhandelsbank Peter Koch, die die Aktie an die Frankfurter Börse gebracht hat, besitzt nur wenig Informationen über Talktech Telemedia. "Das Unternehmen hat seinen Sitz in den USA", sagt Peter Koch. Und: "Am 21. Mai wurde das Papier erstmals in Frankfurt notiert."
Womit die Firma Geld verdient, wer der Ansprechpartner in Deutschland ist - keine Angaben. Trotzdem stieg der Kurs nach Erstnotiz von 0,55 auf 0,81 Euro, sank dann allerdings auf 0,25 Euro. "Jetzt versucht jemand, den Wert wieder in die Höhe zu treiben und eine Menge Geld zu verdienen", sagt Koch. Wer das sein könnte? "Keine Ahnung."
Einen ähnlichen Fall habe er aber schon im März erlebt. Da habe die Aktie der Kronos Media AG bei 0,07 Euro notiert. "Dann ging eine Spam-Aktion los, der Kurs stieg um über 100 Prozent auf 0,16 Euro", erinnert sich Koch. "Innerhalb von acht Tagen wurden vier Millionen Aktien umgesetzt." Heute notiert das Papier wieder bei 0,07 Euro.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband rät ausdrücklich dazu, Aktientipps, die per E-Mail eintrudeln, auf keinen Fall zu befolgen. Referentin Carola Elbrecht empfiehlt: "Wer wirklich Informationen über Aktien und Wertpapierhandel benötigt, der fragt am besten ausgewiesene Fachleute."
Ähnliches rät die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Es sei nicht auszuschließen, dass die Verbreitung der Spams nur dazu dient, die Kurse der betroffenen Wertpapiere "ohne realistischen Hintergrund in manipulativer Weise nach oben zu treiben", teilte die Bafin nach dem Kronos-Fall mit.
Die Behörden ermitteln nun, ob gegen das Wertpapierhandelsgesetz oder gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen wurde. Ob man aber überhaupt die Identität des Absenders feststellen könne, sagt Bafin-Sprecherin Anja Neukötter, daran habe sie ihre Zweifel.
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,490184,00.html
Nicht brandaktuell, aber hoffentlich dennoch interessant und kein jimps.
Es ist eine gigantische Spam-Aktion: Rund fünf Milliarden E-Mails mit einer Aktien-Kaufempfehlung sollen in den vergangenen zwei Tagen die Postfächer überflutet haben. Tatsächlich ist der Wert des Unternehmens kurzzeitig explodiert - verdient hat daran der Spam-Versender.
Hamburg - Irgendeinen Dummen gibt es immer. Einen, der einen Datenanhang öffnet, obwohl die E-Mail mit den Worten beginnt: "Er hat nie einen Stern angeschaut. Auch mit Kamala, und mit den Freuden der Liebe." Oder: "Lass uns ruhigen Herzens warten. Wandelt in Heiligkeit, allem Leid ein Ende zu bereiten." Es gibt noch mehrere Anfänge, denn es sind mehrere E-Mails mit immer demselben Datenanhang, aber immer verschiedenen Absendern im Postfach. 10 Stück, bei manchen sogar 20 oder 30.
Fragwürdiger Aktien-Kauftipp: Gestaltet wie ein professioneller Investment-Newsletter
Unter diesen Leuten gibt es dann sogar welche, die sich nicht wundern, dass die PDF-Datei aussieht wie ein Börsenbrief, wie eine professionelle Aktien-Kaufempfehlung, die überhaupt nicht zum Text der E-Mail passt. Denen egal ist, dass der Börsenbrief keinerlei Kontaktdaten oder Herausgeber nennt, sondern schlicht in englischer Sprache für die Aktie der Firma Talktech Telemedia wirbt, deren Wert in den fünf kommenden Handelstagen garantiert um 300 Prozent zulegen werde. "Lassen Sie sich diese Chance nicht entgehen!", endet das Pamphlet.
Darunter wiederum finden sich Leute, deren Gier über den Verstand hinauswächst: Sie kaufen das Papier.
So wenige dürften das in den vergangenen zwei Tagen nicht gewesen sein, denn der Aktienkurs des Unternehmens ist explodiert: von 0,25 auf 0,35 Euro innerhalb dieses Zeitraums, ein Plus von 40 Prozent - wenn auch weit entfernt von den in der E-Mail prognostizierten 300-Prozent-Steigerung.
"Aktien-Spam" nennen Experten das und sprechen von einer "Pump-and-Dump-Kampagne". "Die anonymen Versender kaufen das Papier zu einem günstigen Kurs. Dann verschicken sie ihre E-Mails, die aussehen wie professionelle Investment-Newsletter. Anschließend, wenn Umsatz und Kurs aufgrund der künstlich erzeugten Nachfrage gestiegen sind, verkaufen sie ihre Aktienpakete mit großem Gewinn", erklärt ein Sprecher der Deutschen Bank die Masche. "So etwas gibt es schon seit längerem."
Allerdings nicht in solchem Umfang: Rund fünf Milliarden E-Mails seien in den vergangenen zwei Tagen verschickt worden, teilt das IT-Sicherheitsunternehmen Ironport Systems mit - Schätzungen zufolge sind das neun Prozent des weltweiten Spam-Aufkommens in dieser Zeit.
"Neu ist, dass der Inhalt nicht mehr als Bild im jpg-Format verschickt wird, sondern als PDF-Anhang", sagt Angelika Felsch von der Münchner Filiale der US-Firma. Der deutsche Anbieter von Sicherheitssoftware Avira erklärt, mit dem PDF-Format würden die Absender versuchen, Spam-Filter zu umgehen. Insgesamt habe das Verschicken von Aktien-Spams seit Jahresanfang um 120 Prozent zugenommen - eine Entwicklung, von der neben den Versendern auch die Produzenten von Sicherheitssoftware profitieren.
Unklar ist auch die Rolle, die das beworbene Unternehmen spielt: Selbst die Wertpapierhandelsbank Peter Koch, die die Aktie an die Frankfurter Börse gebracht hat, besitzt nur wenig Informationen über Talktech Telemedia. "Das Unternehmen hat seinen Sitz in den USA", sagt Peter Koch. Und: "Am 21. Mai wurde das Papier erstmals in Frankfurt notiert."
Womit die Firma Geld verdient, wer der Ansprechpartner in Deutschland ist - keine Angaben. Trotzdem stieg der Kurs nach Erstnotiz von 0,55 auf 0,81 Euro, sank dann allerdings auf 0,25 Euro. "Jetzt versucht jemand, den Wert wieder in die Höhe zu treiben und eine Menge Geld zu verdienen", sagt Koch. Wer das sein könnte? "Keine Ahnung."
Einen ähnlichen Fall habe er aber schon im März erlebt. Da habe die Aktie der Kronos Media AG bei 0,07 Euro notiert. "Dann ging eine Spam-Aktion los, der Kurs stieg um über 100 Prozent auf 0,16 Euro", erinnert sich Koch. "Innerhalb von acht Tagen wurden vier Millionen Aktien umgesetzt." Heute notiert das Papier wieder bei 0,07 Euro.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband rät ausdrücklich dazu, Aktientipps, die per E-Mail eintrudeln, auf keinen Fall zu befolgen. Referentin Carola Elbrecht empfiehlt: "Wer wirklich Informationen über Aktien und Wertpapierhandel benötigt, der fragt am besten ausgewiesene Fachleute."
Ähnliches rät die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin). Es sei nicht auszuschließen, dass die Verbreitung der Spams nur dazu dient, die Kurse der betroffenen Wertpapiere "ohne realistischen Hintergrund in manipulativer Weise nach oben zu treiben", teilte die Bafin nach dem Kronos-Fall mit.
Die Behörden ermitteln nun, ob gegen das Wertpapierhandelsgesetz oder gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verstoßen wurde. Ob man aber überhaupt die Identität des Absenders feststellen könne, sagt Bafin-Sprecherin Anja Neukötter, daran habe sie ihre Zweifel.
www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,490184,00.html
Nicht brandaktuell, aber hoffentlich dennoch interessant und kein jimps.