Afghanistan

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taos:

Afghanistan

 
10.02.02 23:35
Afghanistan 572135

Stilles Leiden in der Hölle von Shebarghan

Während sich Menschenrechtler über die Unterbringung von Kriegsgefangenen auf Kuba ereifern, spielt sich im Norden Afghanistans ein viel schlimmeres Drama ab: In einem Gefängnis sind 3300 Taliban unter barbarischen Bedingungen zusammengepfercht. Die Amerikaner wollen mit ihnen nichts mehr zu tun haben.

Boston - Es war eine der schlimmsten Schlachten des zurückliegenden Afghanistan-Feldzugs: Der Kampf um die Stadt Kundus im Norden Afghanistans. Erst nach wochenlanger Belagerung und einem Dauerbombardement gelang es den Verbündeten der USA, die Taliban Ende November zur Aufgabe zu zwingen.

Doch für die überlebenden Krieger sollte die Hölle erst beginnen. Hunderte von ihnen wurden in das berüchtigte Gefängnis von Shebarghan verlegt. Dort sind seitdem etwa 3300 Krieger unter schlimmsten Bedingungen zusammengepfercht. Bis zu 110 Gefangene, so berichtet jetzt die Bostoner Menschenrechtsorganisation Physicians for Human Rights, seien in Zellen gesperrt, die eigentlich nur für 15 Menschen ausgelegt sind.

Je etwa 1000 Männer teilen sich acht bis zehn Toiletten. Waschmöglichkeiten gibt es nur draußen, in eisiger Kälte und auf schlammigem Boden. Es gibt kein fließendes Wasser, nur wenig Nahrung und kaum Medikamente. Dutzende sind bereits Krankheiten wie Ruhr und Unterernährung zum Opfer gefallen. Der Kommandeur des Gefängnisses, General Jarobak, auf die Frage, wie viele bereits gestorben seien: "Viele, viele, viele."

Bis Mitte Januar halfen die Amerikaner dem berüchtigten Warlord General Abdul Raschid Dostam, derzeit stellvertretender Verteidigungsminister der Übergangsregierung, das Gefängnis zu betreiben. US-Militärs und Geheimdienstler interviewten dutzende von Gefangenen, einige flogen sie anschließend in das US-Lager Guantanamo Bay auf Kuba. Doch seitdem, so klagt die Menschenrechtsgruppe, hätten sich die Amerikaner von dem Ort des Schreckens abgewandt und die Internierten ihrem Schicksal überlassen. Offenbar hoffen sie darauf, dass humanitäre Gruppen die Lage in dem Höllenknast lindern.

Physicians for Human Rights argumentiert, dass die Amerikaner nach der Genfer Konvention nach wie vor für das Schicksal der Eingekerkerten verantwortlich sind: "Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob die Amerikaner die Internierten gefangen haben, wer derzeit die Aufsicht hat oder ob die Festgehaltenen formal Kriegsgefangene der USA sind."

Schnorrer:

Vom Westen nichts Neues: Armenien

 
10.02.02 23:49
Mit Deportationen, Vertreibung und organisiertem Massenmord betrieb die regierende türki-sche Nationalistenpartei „Komitee für Einheit und Fortschritt“ in den Jahren 1914 bis 1918 die Türkisierung Kleinasiens. Beim Friedensschluß von Lausanne 1923 war fast die ge-samte christliche Bevölkerung von fünf Millionen Menschen - Armenier, Griechen, arabische und aramäische (Syrisch-Orthodoxe, Nestorianer, Chaldäer) Christen - beseitigt worden. 1916 erfolgten die ersten Zwangsumsiedlungen von Kurden.

Systematisch vernichteten die „Jungtürken“ 1915 die armenische Bevölkerung. Der Welt-krieg und die Ausschaltung des Parlaments erleichterten den Völkermord: Binnen weniger Wochen wurden die intellektuellen und politischen armenischen Wortführer festgenommen, gefoltert und ermordet, anschließend die übrigen Männer massakriert und Frauen, Kinder sowie Alte zu Fuß über Hunderte von Kilometern in Wüstengebiete getrieben: Ein Todes-marsch, bei dem Hunger und Seuchen die Hauptvernichtungsmittel bildeten. Nach Schät-zung der deutschen Botschaft zu Konstantinopel vom Oktober 1916 waren von 2,5 Millio-nen Armeniern des Osmanischen Reiches anderthalb Millionen umgekommen.

Als „Verbrechen gegen die Gesetze der Menschlichkeit“ verstieß der Völkermord an den Armeniern gegen internationale Abkommen, namentlich gegen die Martenssche Klausel in der Präambel der Haager Landkriegsordnung (1899, 1907). Die „humanitäre Intervention“ Großbritanniens, Frankreichs und Rußlands, die am 24. Mai 1915 der türkischen Staatsfüh-rung ein internationales Strafgericht nach Kriegsende androhten, bildete den ersten Ver-such der Staatengemeinschaft, einen Völkermord zu verhindern. Da aber das Verbrechen ungestraft blieb, fand der Massenmord an den Armeniern Nachahmer. Zwischen dem Völ-kermord an den Armeniern und der Vernichtung der europäischen Juden bestehen kausale Zusammenhänge sowie Parallelen.

Seit Gründung der Republik Türkei haben alle ihre Regierungen die Realität des Genozids von 1915 bestritten. Ihr fortgesetztes Leugnen fügt dem armenischen Volk seit Generatio-nen schwersten moralischen Schaden zu.

Deutschland besitzt aufgrund seines Militärbündnisses mit der osmanischen Türkei eine besondere Stellung sowohl in der türkischen, als auch in der armenischen Geschichte. Sei-ne in beinahe allen Provinzhauptstädten vertretenen Konsuln konnten die Etappen der Ar-meniervernichtung genauer dokumentieren als die Diplomaten der türkischen Kriegsgegner. Einzelne Deutsche leiteten als Angehörige der osmanischen Armee militärische Aktionen gegen die armenische Zivilbevölkerung. Die Staatsführung des Kaiserlichen Deutschland nahm den Völkermord wegen „höherer Interessen“ billigend in Kauf und verhängte Militär-zensur über die Türkeiberichterstattung. In der ersten deutschen Republik fanden einige der hauptverantwortlichen türkischen Partei- und Staatsführer Unterschlupf, obwohl sie 1919 in ihrer Heimat wegen Kriegsverbrechen und Massenmord an den Armeniern zum Tode ver-urteilt waren. Indem Deutschland türkische Auslieferungsbegehren ignorierte, behinderte es damals den ersten und einzigen Versuch einer rechtlichen Aufarbeitung des Völkermords an den Armeniern.

Die Bundesrepublik Deutschland ist Heimat der größten türkischen Diasporagemeinschaft und Heimat deutscher Staatsbürger armenischer Abstammung. In ihrem Namen wenden sich die Unterzeichner an den Staatspräsidenten der Bundesrepublik sowie an den Prä-sidenten und die Mitglieder des Deutschen Bundestages:

- Erkennen Sie die Tatsache des Völkermordes an den Armeniern an! Folgen Sie dem Bei-spiel internationaler und nationaler Gremien: dem Weltkirchenrat, dem Europäischen Par-lament, der UN-Menschenrechtskommission, den Parlamenten bzw. Senaten Argentiniens, Belgiens, Bulgariens, Frankreichs, Griechenlands, Kanadas, Libanons, der Rußländischen Föderation, Uruguays, der USA und Zyperns. Auch Papst Johannes Paul II. hat den Völ-kermord anerkannt.

- Fordern Sie die Regierung und den Gesetzgeber der Republik Türkei auf, die historische Tatsache des Völkermordes anzuerkennen und damit der Bedingung zu entsprechen, die das Europäische Parlament mit seiner am 18. Juni 1987 verabschiedeten „Resolution zur politischen Lösung der Armenischen Frage“ an die Vollmitgliedschaft der Türkei gestellt hat. Sie tragen damit unmittelbar dazu bei, Gerechtigkeit für die Nachfahren der Opfer wieder-herzustellen. Sie helfen, die Spirale von Verbrechen, Straflosigkeit und Wiederholung zu durchbrechen, die das 20. Jahrhundert zum Jahrhundert der Völkermorde machte.

Ebenso unterstützen Sie mit dieser Entscheidung die Demokratisierungsprozesse innerhalb der Türkei sowie jene türkischen Staatsbürger, die in ihrer Heimat für den Versuch einer sachlichen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit strafrechtlich belangt werden. Die Anerkennung des Völkermordes von 1915 seitens der türkischen Regierung ist als vertrau-ensbildende Maßnahme ebenfalls geeignet, die armenisch-türkischen Beziehungen zu ver-bessern und zu Entspannung und Frieden in der Region beizutragen.

Erstunterzeichner:


Zentralrat der Armenier in Deutschland e.V. (ZAD)
Zentralrat deutscher Sinti und Roma e.V.
Föderation der syrischen (aramäischen) Vereine in der BRD e.V.
Erzbischof Karekin Bekdjian, Primas der Armenisch-Apostolischen Kirche in Deutschland
Informations- und Dokumentationszentrum Armenien
Institut für Armenische Fragen e.V.
Gesellschaft für bedrohte Völker e.V., Koordinationsgruppe Armenien
Armenische Landsmannschaft zu Bayern e.V.
Armenischer Kulturverein in Hessen e.V.
Armenische Gemeinde zu Berlin e.V.
Gemeinde der Armenischen Kirche zu Berlin e.V.
Armenische Gemeinde zu Duisburg e.V.
Verein Armenischer Mediziner in Deutschland e.V.
Armenischer Unternehmer-Verein e.V.
Deutsch-Armenische Gesellschaft e.V.
Armin T. Wegner-Gesellschaft
H.O.M. - Armenisches Hilfswerk in Deutschland e.V.
Verein zur Förderung der armenischen Kultur und Wohltätigkeit e.V.
Stiftung für Armenische Studien im Stifterverband der Deutschen Wissenschaft
Verein der Völkermordgegner e.V.
Verein der Völkermordgegner e.V., Sektion Nürnberg
TÜDAY e.V. Menschenrechtsverein Türkei/Deutschland
Assyrische Union Berlin e.V.
Verein der Pontier in Berlin „I Ipsilantides“ e.V.
Mezopotamisches Kulturzentrum (Nürnberg)
Türkisch-Kurdische Freundschaftsinitiative (Nürnberg)
Bremer Chorwerkstatt e.V.
Pax Christi Berlin - Internationale Katholische Friedensbewegung im Erzbistum Berlin
Internationaler Konvent Christlicher Gemeinden in Berlin und Brandenburg e.V. - Ver-band fremdsprachiger Kirchen und Missionen
Folgende Verbände unterstützen den Aufruf „Es ist Zeit: Völkermord verurteilen“

Internationaler Verein für Frieden und Gerechtigkeit - Pro Humanitate e.V., Köln
Koordination „Gerechtigkeit und Frieden“ der Franziskaner
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