Wenn es nach dem selben Standard-Muster geht sollte ja ADLER etwas erholen bevor Perring seinen 2ten Hammer auspackt. Ich finde aber die Vergleiche zu Wirecard und Grenke.. schwierig. Bei Wirecard hat eh niemand durchgeblickt womit die wirklich ihr Geld "verdient" haben und auch Grenke ist eher Finanzdienstleister, das sind Geschäftsmodelle die nicht wirklich transparent sind. Die Wahrscheinlichkeit dass die 70.000 Einheiten von ADLER nur erfunden sind ist dazu im Vergleich relativ gering. Dass er mit Wirecard richtig lag kann ihm niemand streitig machen, aber einige seiner Anschuldigungen konnten in der Vergangenheit auch entkräftet werden.
Hab mir den "Report" mal zu Herzen genommen und die Haupt-Angriffsargumente sind relativ leicht zu widerlegen:
Die Schulden sind unzweifelhaft, ca 6.9 Mrd € Net Debt (laut Bilanz). Soweit ich weiß ist das ja auch nicht Gegenstand des Angriffs, und Schulden falsch zu bilanzieren ist auch ziemlich schwierig.
Also, muss die andere Seite der Medaille zweifelhaft sein: Der Wert der Assets, 15.5 Mrd€ laut H1.
Die wieder rum bestehen aus 2 Teilen:
1.Non-Current: (12.5 Mrd€)
- a) davon Yielding: 8.8 Mrd€
- a) davon Development 3.7 Mrd€
2. Current (3.0 Mrd€)
1.a) Non-Current (Yielding), Notwendige Abschreibung laut Perring: 1.5 Mrd€ - 2.3 Mrd€
Hab den Perring Report analyisiert und festgestellt dass der einzige Grund, wieso sie ADLER vorwerfen dass deren Yieling Portfolio überbewertet ist, dass sie optimistischere Valuation Annahmen treffen als Grand City Properties (GCP, die ein sehr ähnliches Portfolio aufweisen).
Man schießt sich hier vor allem auf die Verwendung des zu niedrigen Cap Rates ein. Cap Rates ist - neben den operativen Cashflows - der wichtigste Bestandteil einer Immobilienbwertung auf DCF Basis. Wenn man den Bericht so durchliest könnte man denken "oh ja stimmt", aber wenn man genau hin schaut macht Perring einen Rechenfehler (vorsätzlich oder fahrlässig sei mal da hin gestellt).
Behauptung: ADLER benutzt in Berlin 2.36% (eigentlich sind´s laut Annual Report ja 2.35%, aber naja...), während GCP 4.1% benutzt. Das stimmt aber so nicht. GCP reportet nur den kompletten, durchschnittlichen Portfolio Rate Cap (Jahresabschluss 2020 Tabelle S. 59), während ADLER im Jahresabschluss auf S. 119 Rate Caps für alle relevanten Städte veröffentlicht. Die beiden Rate Caps sind nicht miteinander zu vergleichen, sondern der durchschnittliche Rate Cap von GCP muss auch mit dem durchschnittlichen Rate Cap von ADLER verglichen werden - und der liegt bei 3.54% (S.117). Marginaler Unterschied auf dessen Basis man keine Manipulation vermuten darf.
Der Fehler wird auch schnell ersichtlich wenn man sich die Tabelle auf S.25 im Perring Report anschaut. Bei allen Städten steht bei GCP 4.1%, während ADLER andere % bei jeder Stadt aufweist. Der durchschnittliche % Satz wird von Perring verschwiegen. Da Vonovia auch Cap Rates pro Stadt angibt wird ersichtlich dass ADLER tatsächlich keine unrealistisch niedrigen Caps zur Bewertung her ran nimmt (bzw. die Firmen die mit der Bewertung beauftragt wurden), weil hier die Caps fast identisch sind (sogar eher höher).
Auf Seite 27 wird der Fehler dann weiter gesponnen und die durchschnittlichen Cap Rates von GCP auf alle Städte (auch auf Berlin, in der eben ein niedriger Satz erlaubt ist) angewandt, und damit halt eine "notwendige" Abschreibung in Höhe von 1.5 Mrd€ - 2.3 Mrd€ berechnet. Klingt dramatisch, aber leider falsch berechnet. Sorry Perring. Ihr könnt halt nicht einfach sagen dass ADLER in Berlin mit den selben Parametern arbeiten muss wie in Duisburg oder Göttingen (Fun Fact: Hat Pering sogar im Report falsch geschrieben). Macht die selbe falsche Rechnung doch mal für Vonovia, dann hättet ihr einen noch viel größeren "Betrugsfall" aufgedeckt :)
1.b) Non-Current (Development), Notwendige Abschreibung laut Perring: 1.0 Mrd€ - 1.7 Mrd€
Naja... ADLER arbeitet mit dem RVM (Residual Value Method), was üblich ist wenn man davon ausgeht dass die Projekte abgeschlossen werden. ADLER vorzuwerfen dass sie nicht damit rechnen dürfen dass ihre Projekte abgeschlossen werden ist jetzt nicht so plausibel. Außerdem wird nochmals erwähnt dass ADLER die selben Fehler macht wie beim Yielding Portfolio (was, siehe oben, nicht stimmt).
Perrings Angriffspunkt ist das Einschießen auf das "Vertical Village Apartments: VauVau"-Projekt, das zuerst für 670 Mio € an die BVK verkauft wurde, dann aber später zurück genommen wurde. Jetzt wird es wieder in den Büchern für den Preis bilanziert.
Aus meiner Sicht sieht das schon eher aus als hätte man 1 Projekt gefunden bei dem es wohl Unregelmäßigkeiten gab (als würde das nie sonst irgendwo mal vorkommen..) und leitet daraus ab dass alle anderen Projekte genau so mangelhaft sind. Bisschen sehr vereinfacht, wenn man in eine Klasse geht und einen schlechten Schüler findet heißt das nicht automatisch das alle 30 anderen auch genau so schlecht sind.
Hier lässt sich leider nicht viel widerlegen, einfach weil der Vorwurf schwach ist, Perring geht halt davon aus dass ADLER bald Default ist und unter dieser Annahme müsste man 1.0 Mrd€ - 1.7 Mrd€ abschreiben. Die Annahme basiert auch darauf dass das Yielding Portfolio falsch bewertet ist, somit das LTV viel höher als 60% ist (und über 60% gilt ADLER laut Bond Prospekten als Default), die ja schon nachweislich unbegründet ist.
Perring skizziert hier einen Dominostein-Effekt (der 1. Dominostein sind die falschen Cap Rates). Der wird aber nicht umfallen, also sind die Vorwürfe in diesem Bereich gegenstandslos.
2. Current (3.0 Mrd€)
Hierzu steht nichts im Perring Report. Könnte evtl. Teil des 2. Angriffs sein, oder, man hat hier halt keine Schwachstellen gefunden. Akzeptieren wir einfach mal so.
Inwiefern andere Anschuldigungen plausibel sind (z.B. ob irgendein Caner Einfluss auf Strategie hatte oder nicht) möchte ich nicht analysieren, einfach weil es egal ist. Soll er halt mitreden, solange die Zahlen am Ende stimmen kann das einem normalen Aktionär doch egal sein? Verstehe nicht wieso man deshalb so ein Fass aufmacht, vielleicht um vom fehlerhaft kalkulierten Hauptargument (also, der falschen Asset Bewertungen) abzulenken?
Bin übrigens seit gestern investiert, bin mir also bewusst dass meine Analyse biased ist. Offensichtlich ist es die von Perring aber auch, ansonsten hätten die sich da nicht irgendwas zusammengereimt. Aus meiner Sicht ist der Hauptangriffspunkt (falsche Bewertung des Yielding Portfolios) unbegründet, deswegen denke ich dass wir hier bald höhere Kurse sehen werden.