Netter Artiken, wie ich finde !
Aus der FTD vom 20.1.2003 www.ftd.de/kapital
Das Kapital: Ach, wäre Microsoft nur um die Hälfte billiger
Na, da ist man doch glatt versucht, Microsoft mit einem guten, alten Dividendendiskontierungsmodell zu bewerten. Die Firma schüttet ja am 7. März zum ersten Mal eine Jahresdividende von 0,16 $ je Aktie aus.
Irritiert, dass die Zahlung derzeit gerade mal eine Rendite von 0,3 Prozent einbringt? Nicht doch. Um wie aktuell 51 $ je Aktie wert zu sein, müsste Microsoft die Dividende bei einem Diskontsatz von acht Prozent nur 30 Jahre um läppische 15 Prozent steigern - danach gar nur noch um fünf Prozent per anno. Im Jahre 2033 des Herren hätte die Firma also nicht mal ganz 57 Mrd. $ auszuschütten.
Wie viel Umsatz das erforderte? Schwer zu sagen. Aber die Gewinnmarge ist ja per Naturdekret auf mindestens ein Drittel des Umsatzes festgeschrieben - netto, versteht sich. Rechnen wir damit und unterstellen, dass die Firma 2033 die Hälfte des Gewinns ausschüttet, dann müsste sie in 30 Jahren gerade mal 340 Mrd. $ umsetzen - lediglich 10,6 Mal mehr als im laufenden Geschäftsjahr. Dazu reicht schon ein mittleres Wachstum von kläglichen 8,2 Prozent, für die Xbox, MSN et cetera ja zweifellos sorgen werden.
Völlig unhaltbare Rechnung? Ja, schon gut. Ist ja nur ein Zahlenspielchen. Es stimmt natürlich, dass Microsoft die Dividenden viel schneller steigern könnte. Wenn die Firma 80 Prozent ihres laufenden Jahresgewinns von 1,9 $ je Aktie ausschüttete, bräuchten die Zahlungen künftig nur um lächerliche fünf Prozent jährlich zu wachsen, um der Aktie einen Wert von rund 50 $ zu verleihen.
Nur wäre eine Ausschüttungsquote von 80 Prozent selbst für Microsoft durchaus happig, obwohl Capex (Anlageinvestitionen) in Redmond fast ein Fremdwort zu sein scheint. Löblicherweise und freiwillig gibt Microsoft seit einiger Zeit quartalsmäßig die Kosten an, die entstünden, falls Mitarbeiteroptionen als ordentliches Gehalt verbucht würden. In den vergangenen zwölf Monaten hätte die Firma in diesem Fall netto statt 9,5 "nur" 6,9 Mrd. $ verdient, also ein gutes Viertel weniger. Und zur Erinnerung: Allein in den letzten dreieinhalb Geschäftsjahren hat Microsoft per saldo immerhin für 15,2 Mrd. $ eigene Aktien zurückgekauft. Bezogen auf den heutigen Marktwert sind das mehr als fünf Prozent. Zu dumm nur, dass die Zahl der tatsächlich umlaufenden Aktien in dieser Zeit dennoch um 4,9 Prozent gestiegen ist.
Auch was die überragenden Mittelzuflüsse betrifft, gibt es ja übrigens einen kleinen Wermutstropfen. Indem Microsoft langjährige Lizenzverträge schließt, die zum Teil erst mit der Zeit als Umsatz verbucht werden, scheffelt die Firma so genannte "unearned revenues". Obwohl die Kunden also schon gezahlt haben, kommt das in der Erfolgsrechnung erst in den Folgeperioden zum Ausdruck. Das bedeutet, dass die Mittelzuflüsse im Verhältnis zu den in der G+V verbuchten Erlösen überproportional hoch sind. Wie war das noch mit der Schwerkraft?
Egal. Eingedenk der offenherzigen Informationen und der Dividende muss einem Microsoft fast sympathisch werden - sofern das bei einer Firma möglich ist, die ihre Kunden derart schröpft, als ob ihre Manager außer der Monopoltheorie nichts auf der Uni gelernt hätten. Bei Kursen von so 30 $ je Aktie wäre man glatt versucht, mal ernsthaft ein Diskontierungsmodell zu rechnen.
Ebay
Ohne Worte
Ebay macht sich. Die Firma mit einem der, vielleicht sogar dem besten Geschäftsmodell im Internet, hat im vierten Quartal gerade noch 12,4 Prozent neue Aktien gedruckt. Seit 1997 ist der tatsächliche Aktienumlauf durchschnittlich noch um 42,5 Prozent jährlich gewachsen. Und immerhin: Gemessen an den eigenen Erwartungen kostet die Firma gerade den knapp 12fachen 2003er Umsatz von 1,9 Mrd. $ und den 59fachen Gewinn - den Pro-forma-Gewinn, versteht sich.
Geht es nach den Analysten, die Ebays Zahlen schlucken wie nichts, muss man für 2004 sogar nur noch den 44fachen Gewinn hinlegen. Und vermutlich werden die Schätzungen alsbald steigen. Doch machen wir unsere eigene Rechnung. In den ersten neun Monaten hätte Ebay nach US-GAAP knapp 163 Mio. $ verdient. Inklusive Mitarbeiteroptionen indes wären es 41,33 Mio. $ gewesen, also drei Viertel weniger. Schreibt man das auf das vierte Quartal fort, notierte die Firma mit dem 347fachen Gewinn von 2002.
Aber Schluss mit der Mäkelei. Der wahre Witz ist, dass die verrückte Bewertung sogar realistisch sein könnte. Da die Plattform steht, ist klar, dass die Rentabilität mit jedem Dollar steigt, den die Firma zusätzlich einnimmt. Und wenn man ihr noch für ein paar Jahre Wachstumsraten von 30 Prozent zutraut, wie die Analysten für 2004, dann geht mit der Zeit auch die Verzerrung durch Mitarbeiteroptionen zurück, während der freie Cash sprudelt. Im vierten Quartal war Letzterer so hoch wie der Bruttogewinn.
Nur wenn das Wörtchen wenn nicht wäre. Die Hauptzielgruppe jedenfalls (ver-)steigert längst. Dass Deutschland erneut so stark abschnitt, deutet zudem darauf hin, dass Ebay in der Krise auch vom Aldi-Effekt profitiert.
kapital@ftd.de
© 2003 Financial Times Deutschland
Aus der FTD vom 20.1.2003 www.ftd.de/kapital
Das Kapital: Ach, wäre Microsoft nur um die Hälfte billiger
Na, da ist man doch glatt versucht, Microsoft mit einem guten, alten Dividendendiskontierungsmodell zu bewerten. Die Firma schüttet ja am 7. März zum ersten Mal eine Jahresdividende von 0,16 $ je Aktie aus.
Irritiert, dass die Zahlung derzeit gerade mal eine Rendite von 0,3 Prozent einbringt? Nicht doch. Um wie aktuell 51 $ je Aktie wert zu sein, müsste Microsoft die Dividende bei einem Diskontsatz von acht Prozent nur 30 Jahre um läppische 15 Prozent steigern - danach gar nur noch um fünf Prozent per anno. Im Jahre 2033 des Herren hätte die Firma also nicht mal ganz 57 Mrd. $ auszuschütten.
Wie viel Umsatz das erforderte? Schwer zu sagen. Aber die Gewinnmarge ist ja per Naturdekret auf mindestens ein Drittel des Umsatzes festgeschrieben - netto, versteht sich. Rechnen wir damit und unterstellen, dass die Firma 2033 die Hälfte des Gewinns ausschüttet, dann müsste sie in 30 Jahren gerade mal 340 Mrd. $ umsetzen - lediglich 10,6 Mal mehr als im laufenden Geschäftsjahr. Dazu reicht schon ein mittleres Wachstum von kläglichen 8,2 Prozent, für die Xbox, MSN et cetera ja zweifellos sorgen werden.
Völlig unhaltbare Rechnung? Ja, schon gut. Ist ja nur ein Zahlenspielchen. Es stimmt natürlich, dass Microsoft die Dividenden viel schneller steigern könnte. Wenn die Firma 80 Prozent ihres laufenden Jahresgewinns von 1,9 $ je Aktie ausschüttete, bräuchten die Zahlungen künftig nur um lächerliche fünf Prozent jährlich zu wachsen, um der Aktie einen Wert von rund 50 $ zu verleihen.
Nur wäre eine Ausschüttungsquote von 80 Prozent selbst für Microsoft durchaus happig, obwohl Capex (Anlageinvestitionen) in Redmond fast ein Fremdwort zu sein scheint. Löblicherweise und freiwillig gibt Microsoft seit einiger Zeit quartalsmäßig die Kosten an, die entstünden, falls Mitarbeiteroptionen als ordentliches Gehalt verbucht würden. In den vergangenen zwölf Monaten hätte die Firma in diesem Fall netto statt 9,5 "nur" 6,9 Mrd. $ verdient, also ein gutes Viertel weniger. Und zur Erinnerung: Allein in den letzten dreieinhalb Geschäftsjahren hat Microsoft per saldo immerhin für 15,2 Mrd. $ eigene Aktien zurückgekauft. Bezogen auf den heutigen Marktwert sind das mehr als fünf Prozent. Zu dumm nur, dass die Zahl der tatsächlich umlaufenden Aktien in dieser Zeit dennoch um 4,9 Prozent gestiegen ist.
Auch was die überragenden Mittelzuflüsse betrifft, gibt es ja übrigens einen kleinen Wermutstropfen. Indem Microsoft langjährige Lizenzverträge schließt, die zum Teil erst mit der Zeit als Umsatz verbucht werden, scheffelt die Firma so genannte "unearned revenues". Obwohl die Kunden also schon gezahlt haben, kommt das in der Erfolgsrechnung erst in den Folgeperioden zum Ausdruck. Das bedeutet, dass die Mittelzuflüsse im Verhältnis zu den in der G+V verbuchten Erlösen überproportional hoch sind. Wie war das noch mit der Schwerkraft?
Egal. Eingedenk der offenherzigen Informationen und der Dividende muss einem Microsoft fast sympathisch werden - sofern das bei einer Firma möglich ist, die ihre Kunden derart schröpft, als ob ihre Manager außer der Monopoltheorie nichts auf der Uni gelernt hätten. Bei Kursen von so 30 $ je Aktie wäre man glatt versucht, mal ernsthaft ein Diskontierungsmodell zu rechnen.
Ebay
Ohne Worte
Ebay macht sich. Die Firma mit einem der, vielleicht sogar dem besten Geschäftsmodell im Internet, hat im vierten Quartal gerade noch 12,4 Prozent neue Aktien gedruckt. Seit 1997 ist der tatsächliche Aktienumlauf durchschnittlich noch um 42,5 Prozent jährlich gewachsen. Und immerhin: Gemessen an den eigenen Erwartungen kostet die Firma gerade den knapp 12fachen 2003er Umsatz von 1,9 Mrd. $ und den 59fachen Gewinn - den Pro-forma-Gewinn, versteht sich.
Geht es nach den Analysten, die Ebays Zahlen schlucken wie nichts, muss man für 2004 sogar nur noch den 44fachen Gewinn hinlegen. Und vermutlich werden die Schätzungen alsbald steigen. Doch machen wir unsere eigene Rechnung. In den ersten neun Monaten hätte Ebay nach US-GAAP knapp 163 Mio. $ verdient. Inklusive Mitarbeiteroptionen indes wären es 41,33 Mio. $ gewesen, also drei Viertel weniger. Schreibt man das auf das vierte Quartal fort, notierte die Firma mit dem 347fachen Gewinn von 2002.
Aber Schluss mit der Mäkelei. Der wahre Witz ist, dass die verrückte Bewertung sogar realistisch sein könnte. Da die Plattform steht, ist klar, dass die Rentabilität mit jedem Dollar steigt, den die Firma zusätzlich einnimmt. Und wenn man ihr noch für ein paar Jahre Wachstumsraten von 30 Prozent zutraut, wie die Analysten für 2004, dann geht mit der Zeit auch die Verzerrung durch Mitarbeiteroptionen zurück, während der freie Cash sprudelt. Im vierten Quartal war Letzterer so hoch wie der Bruttogewinn.
Nur wenn das Wörtchen wenn nicht wäre. Die Hauptzielgruppe jedenfalls (ver-)steigert längst. Dass Deutschland erneut so stark abschnitt, deutet zudem darauf hin, dass Ebay in der Krise auch vom Aldi-Effekt profitiert.
kapital@ftd.de
© 2003 Financial Times Deutschland