Abgeschossen

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vega2000:

Abgeschossen

 
08.08.01 11:26
Harte Zeiten für Investmentbanker: Nach Ende des Börsenbooms rollen an der Wall Street Köpfe. Die einst gehätschelten Stars der Finanzwelt werden scharenweise gefeuert.

Harte Zeiten für Investmentbanker
 
Sie führten ein Leben auf der Überholspur: Nach der Arbeit ließen sich die Herren von New York ins rund 200 Kilometer entfernte Spielerparadies Atlantic City fahren und zockten auf Kosten der Firma. Der Chauffeur wartete derweil stundenlang vor dem Casino. Sie stiegen im Hotel Vier Jahreszeiten ab, wo sie den Zimmerservice so häufig benutzen durften, wie sie wollten. Abwerbeversuche fanden zumeist in Stripclubs und teuren Restaurants statt.

"So hatte ich mir Investmentbanking immer vorgestellt. Steaks, Wein, Zigarren, nackte Frauen und reiche Typen", schreibt Peter Troob in dem Buch "Monkey Business - swinging through the Wall Street Jungle" über seine ersten Erfahrungen als Börsenexperte bei Donaldson, Lufkin & Jenrette (DLJ). Er habe sich genauso gefühlt, "wie sich Investmentbanker fühlen sollten, wie Superstars".

Bonus im Blick

Zwischendurch arbeiteten er und seine Kollegen wie die Besessenen - für den Bonus, den sie am Jahresende, abhängig von ihrer Leistung, erhielten. "Der Bonus was alles, worüber wir nachdachten, sprachen und was uns interessierte."

Das ist inzwischen anders. Seit an der Börse die Kurse purzeln, regiert an der Wall Street nicht mehr die Sucht nach Geld, sondern die blanke Angst. "Dort macht sich heute keiner mehr Gedanken darüber, wie hoch sein Bonus ausfallen wird", sagt Morgan Stanley’s Wall-Street-Analyst Henry McVey. Sie seien froh, wenn sie an einem Deal arbeiten könnten, der ihren Job sichert.

In der Tat werden die viel umworbenen Superstars der vergangenen Jahre seit Wochen scharenweise gefeuert. Merrill Lynch hat weltweit 3800 Stellen gestrichen, 150 Investmentbanker mussten gehen. Weitere Entlassungen sollen folgen, kündigte das renommierte Geldhaus Mitte Juli an.

Auch anderswo wird kräftig geholzt: Bei Morgan Stanley müssen sich 1500 Mitarbeiter, rund vier Prozent der Belegschaft, einen neuen Job suchen. UBS Warburg hat seine 1100 Köpfe starke Investmentbanker-Truppe um sechs Prozent eingedampft. Die Deutsche Bank spart in New York eine bislang nicht spezifizierte Anzahl an Stellen ein.

An der Wall Street brennt es an allen Ecken und Enden: Das Geschäft mit Wertpapieren ist drastisch zurückgegangen, kaum jemand hat noch Lust auf Aktien, das Handelsvolumen an den Börsen dümpelt, die Ausgabe neuer Papiere ist fast zum Erliegen gekommen. So brachen die Einnahmen, die den Investmentbanken durch Börsengänge zufließen, im ersten Halbjahr nach Angaben der Marktforschungsagentur Thomson Financial Securities Data gegenüber dem Vorjahr um 42 Prozent ein.

Zudem leiden die Hätschelkinder der Finanzwelt unter den enttäuschenden Einkünften aus Übernahmen und Fusionen. Die Liste lukrativer Geschäfte hat sich gefährlich ausgedünnt, vor allem seit die Europäischen Wettbewerbshüter die 42 Mrd. $ schwere Übernahme des Mischkonzerns Honeywell durch General Electric platzen ließen.

Die Kündigungswelle kommt zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Im Zuge des Fusionsreigen vom vergangenen Jahr muss die Wall Street ohnehin gerade Massenentlassungen verdauen. Chase Manhattan hatte den Branchenkollegen JP Morgan geschluckt, Credit Suisse First Boston (CSFB) den Rivalen DLJ gekauft. "Diese Fusionen haben viele Banker auf den Arbeitsmarkt gebracht, als die Nachfrage gerade drastisch zurückging", sagt Cynthia Remec, Präsidentin der Headhunter-Agentur Cynthia Remec Associates.

Mindestens 1500 Investmenbanker wurden dieses Jahr bereits gefeuert. Die erfolgsverwöhnten Finanzhäuser versuchen die Misere zu vertuschen, indem sie die Jobkürzungen kleckerweise bekannt geben.

Kein Ende abzusehen

Branchenkenner prophezeien, dass sich die Lage zuspitzen wird: "Da wird noch einiges folgen", sagt Alan Johnson, Managing Director der Personalberatung Alan Johnson Associates.

Guy Moszkowski, Wall-Street-Analyst bei Salomon Smith Barney, rechnet nach der Sommerpause branchenweit mit weiteren Entlassungen. "Einige Firmen werden bis dahin warten, um zu sehen, ob sich die Situation an den Finanzmärkten verbessert hat." Doch selbst ranghohe Investmentbanker geben hinter vorgehaltener Hand zu, mit einer Erholung sei frühestens 2002 zu rechnen.

An eine Wiederkehr der goldenen 90er Jahre glaubt allerdings niemand. Das Hightech-Fieber der vergangenen Jahre hatte einen einzigartigen Boom bei der Suche nach Aktienexperten ausgelöst: Seit 1992 explodierte die Zahl der Arbeitsplätze in der Finanzbranche um 72 Prozent auf den Rekordstand von 772.000.

Durch dem Absturz der New Economy sind viele der jüngst noch überbelasteten Banker plötzlich unterbeschäftigt. Konnten sie sich früher vor Jobangeboten kaum retten, bleiben viele der heute Entlassenen erst einmal arbeitslos. Diejenigen, die eine neue Stelle finden, müssen sich auf kräftige finanzielle Abstriche einstellen. Millionen-Gehälter sind mittlerweile die Ausnahme.

Der Absturz trifft viele unvorbereitet. Die meisten Investmentbanker sind seit weniger als zehn Jahren im Geschäft und kennen nur den Glamour eines Bullen-Marktes. Nicht wenige haben ihr hart verdientes Geld durch einen protzigen Lebensstil gleich wieder aus dem Fenster geblasen. "Viele haben sich eine Dreizimmerwohnung an der 5th Avenue für ein paar Millionen Dollar gekauft, besitzen ein Sommerdomizil am Strand und müssen die Privatschule für ihre Kinder zahlen", sagt John Rolfe, Co-Autor von "Monkey Business", der heute als Partner eines Hedge Funds arbeitet. "Die haben jetzt tatsächlich Probleme, das Geld für ihre laufenden Rechnungen zu berappen."

Sparen

In diesem Sommer blieben einige der sonst heiß umkämpften Ferienhäuser im den feinen Hamptons, Wochenend-Badeziel der Banker, unvermietet. Exklusive Restaurants wie das Wall Street 14 klagen über ein schleppendes Geschäft.

Alle Investmenthäuser sparen. Dabei knausern die Banken nicht nur bei den Personalausgaben. Insider berichten von Plänen bei JP Morgan Chase & Co., die Unternehmenszentrale zu verkaufen. So wolle die Investmentbank ihrem Ziel näher kommen, bis zum kommenden Jahr 2 Mrd. $ einzusparen. Es wäre der Rückzug der letzten Investmentbank von ihrer prestigeträchtigen, aber teuren Adresse an der Wall Street.

In den Eingangskörben der Mitarbeiter stapeln sich die Aufforderungen der Konzernspitze, Kosten zu reduzieren. So wurden die Investmentbanker bei Schroder Salomon Smith Barney angeblich angewiesen, für die Vorbereitung ihrer Präsentations-Folien keine Agenturen mehr anzuheuern - der Service kostete das Geldhaus im vergangenen Jahr rund 2,7 Mio. $.

Morgan Stanley strich die Geburtstagstorte für seine verwöhnten New Yorker Banker und spart auf diese Weise 38.000 $. Bei Goldman Sachs wurden die Früchtekörbe abgeschafft, aus denen sich die Mitarbeiter umsonst bedienen konnten. Das drückt die Ausgaben um 2,4 Mio. $.

"Solche Kürzungen haben einen rein symbolischen Charakter", sagt Daniel Levine, bis vor kurzem Chef der Kult-Webseite Disgruntled.com, "sie sollen signalisieren, dass jeder nervös sein muss."

Das scheinen auch die großen Fische der Branche zu merken. Insider berichten, dass einigen Topleuten bei Goldman Sachs per E-Mail angekündigt worden sei, sie würden in diesem Jahr keinen Bonus erhalten.

Nachverhandlung

Selbst Frank Quattrone, der bestbezahlte Investmentbanker an der Wall Street, soll vom neuen CSFB-Chef John Mack zu einer Nachverhandlung seines Vertrags geladen worden sein. Nach Schätzungen ehemaliger Kollegen hat Quattrone, der die Hightech-Gruppe leitet, bis zu 100 Mio. $ im Jahr kassiert.

Die Bereitschaft, ihrem ehemaligen Vorzeigebanker weiterhin ein derart fürstliches Gehalt zu zahlen, dürfte bei CSFB gesunken sein. Die US-Aufsichtsbehörden ermitteln seit Monaten gegen mehrere Mitarbeiter der Quattrone-Truppe. Ihnen wird vorgeworfen, bei der Organisation von Börsengängen kräftig in die eigene Tasche gewirtschaftet zu haben: Danach sollen sie Fondsmanagern gegen Provision größere Mengen neuer Aktien zugeschanzt haben.

Derartige Skandale können sich Investmentbanken momentan kaum leisten. Der Wettbewerb hat sich verschärft. Dabei greifen die Rivalen zu Methoden, die in der Vergangenheit tabu waren. So galt es bislang als Gentlemen’s Agreement, sich das lukrative Geschäft nicht durch gegenseitiges Unterbieten bei den Gebühren zu ruinieren.

Mittlerweile ist es durchaus üblich, sich die Gunst des Kunden zu erkaufen. Beispiel Kraft Foods: CSFB bekam den Zuschlag, als Konsortialführer den Börsengang der Philip Morris-Tochter zu begleiten - und stach damit Goldman Sachs und Merrill Lynch aus. Zuvor hatte die CSFB für Philip Morris einen günstigen Kredit über 9 Mrd. $ arrangiert. Die Zeiten, in denen Investmentbanker solche Deals ablehnen konnten, sind vorbei. Wer im Geschäft bleiben will, muss sich den neuen Zeiten anpassen.

Quelle:Financial Times Deutschland

Da bleib ich doch lieber bei den Tipps vom Ariva-Board, -die kosten fast nix & sind meistens besser !

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