Attraktive Aktien in einer hässlichen Alten Welt
Von Carol Matlack
Unternehmen mit starker Marktstellung
02. Januar 2009 Die führenden Aktienindizes des europäischen Kontinents sind in diesem Jahr um mehr als 40 Prozent eingebrochen, und die Unternehmen in der Alten Welt - von den Stahlproduzenten bis hin zu den Lieferanten von Luxusartikeln - werden zu Kursen gehandelt, die es seit Beginn der 80er Jahre nicht mehr gegeben hat.
Es stellt sich die Frage, ob man jetzt kaufen oder lieber abwarten soll, bis die Kurse noch weiter sinken. Vorsicht scheint angebracht: Der Himmel über der Unternehmenswelt Europas verfinstert sich, da die Rezession ihre Schlingen immer enger zieht. „Im Laufe der vergangenen Wochen wurden Aktienaufträge kurzfristig storniert“, meint Jean-Pierre Clamadieu, Chief Executive Officer des Chemiekonzerns Rhodia mit Sitz in Paris, der am 8. Dezember eine Gewinnwarnung herausgab.
Kreditknappheit schränkt den Handlungsspielraum der Unternehmen ein
Sogar Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern sind durch die Kreditknappheit die Hände gebunden. „Allein die mangelnde Liquidität könnte Unternehmen in den Ruin treiben“, befürchtet Wendelin Wiedeking, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG. Seiner Aussage nach bezahlt der Autohersteller derzeit einige Zulieferer im Voraus, da diese keine Kredite bekommen können. Da verwundert es nicht, dass sich viele Anleger eher mit Aktien von Versorgern, Pharmakonzernen, Lebensmittelherstellern und sonstigen Unternehmen eindecken, die einen zuverlässigen Cashflow bieten.
Die meisten Analysten halten es für unwahrscheinlich, dass sich die Börsen der Alten Welt vor der zweiten Jahreshälfte 2009 erholen. Dennoch können risikohungrigere Anleger - die außerdem bereit sind, sich intensiv mit Bilanzen auseinander zu setzen - sogar bei konjunkturabhängigen Unternehmen wie etwa in der Produktion einige gute Werte finden. Die trüben Gewinnprognosen sind bereits in viele Aktienkurse eingeflossen. Außerdem, so Philip Isherwood, Chefstratege für europäische Aktien bei der Investmentbank Dresdner Kleinwort in London, werden die Manager mancher Unternehmen derzeit „realistischer“, korrigieren ihre Prognosen nach unten und ergreifen aggressivere Maßnahmen, um Kosten zu senken.
Solche Unternehmen dürften selbst in einem schlechten Wirtschaftsumfeld besser als ihre Konkurrenz abschneiden und sind für den nächsten Aufschwung gewappnet. Ein Beispiel: Stahlproduzent Arcelor-Mittal, der einem Zusammenbruch der Nachfrage von Automobilherstellern und anderen Großkunden ins Auge sieht. Er hat straffe Maßnahmen zur Kostensenkung angekündigt, darunter auch einen Plan zur Einsparung von 1 Milliarde Dollar durch Streichung von rund 9.000 Arbeitsplätzen. Mit seinem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 2, basierend auf Prognosen für 2009, erscheint er nun auf der Kaufliste der Analysten.
Starke Marktstellung führt zu starken Cashflows
Unternehmen, die ihre Branchen beherrschen, können ebenfalls ein guter Tipp sein, da sie ihre Märkte nach dem Abschwung stärker im Griff haben. „In harten Zeiten sind Akteure, die stärker sind und investieren können, besser gestellt als die schwächeren Konkurrenten“, sagt Olli-Pekka Kallasvuo, Chief Executive Officer von Nokia. Der Nokia-Konzern, der 38 Prozent des globalen Handymarktes hält, hat seine Umsatzprognose für 2008 zweimal nach unten korrigiert, weist jedoch solide Bilanzen auf und hat im Laufe des dritten Quartals einen Cashflow im Wert von über 1,6 Milliarden Dollar generiert. Mit Aktien, die im diesjährigen Chaos an den Märkten zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt haben, scheint Nokia ein guter Kauf zu sein, glauben die Manager.
Auch Währungsschwankungen könnten einige Gewinner hervorbringen. Die Aktien des Luxusgüterriesen LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton sind seit September um rund 30 Prozent eingebrochen, da wichtige Märkte wie Russland und China ins Straucheln gerieten. Obgleich das Umsatzwachstum von LVMH im Jahre 2009 nur rund 3 Prozent betragen wird, werden nach Aussage der HSBC die Gewinne um 6 Prozent zulegen, da LVMH etwa die Hälfte seiner Umsätze in Dollar und Yen verbucht, die gegenüber dem Euro stark gestiegen sind.
Trotz der guten Chancen auf schnell verdientes Geld ist Geduld ein Muss. Das European Equities Team von Morgan Stanley prognostiziert für das kommende Jahr einen Rückgang der Unternehmensgewinne um 33 Prozent, nachdem diese 2008 um 14 Prozent eingebrochen waren. Es rät seinen Kunden, ihre Liquiditätslage zu stärken und bevorzugt defensive Aktien zu kaufen, mit einigen sorgfältig ausgewählten zyklischen Werten „on top“.
Matlack ist Leiterin des Pariser Büros der BusinessWeek.
Text: BusinessWeek Online
Bildmaterial: FAZ.NET, REUTERS
Von Carol Matlack
Unternehmen mit starker Marktstellung
02. Januar 2009 Die führenden Aktienindizes des europäischen Kontinents sind in diesem Jahr um mehr als 40 Prozent eingebrochen, und die Unternehmen in der Alten Welt - von den Stahlproduzenten bis hin zu den Lieferanten von Luxusartikeln - werden zu Kursen gehandelt, die es seit Beginn der 80er Jahre nicht mehr gegeben hat.
Es stellt sich die Frage, ob man jetzt kaufen oder lieber abwarten soll, bis die Kurse noch weiter sinken. Vorsicht scheint angebracht: Der Himmel über der Unternehmenswelt Europas verfinstert sich, da die Rezession ihre Schlingen immer enger zieht. „Im Laufe der vergangenen Wochen wurden Aktienaufträge kurzfristig storniert“, meint Jean-Pierre Clamadieu, Chief Executive Officer des Chemiekonzerns Rhodia mit Sitz in Paris, der am 8. Dezember eine Gewinnwarnung herausgab.
Kreditknappheit schränkt den Handlungsspielraum der Unternehmen ein
Sogar Unternehmen mit vollen Auftragsbüchern sind durch die Kreditknappheit die Hände gebunden. „Allein die mangelnde Liquidität könnte Unternehmen in den Ruin treiben“, befürchtet Wendelin Wiedeking, Vorstandsvorsitzender der Porsche AG. Seiner Aussage nach bezahlt der Autohersteller derzeit einige Zulieferer im Voraus, da diese keine Kredite bekommen können. Da verwundert es nicht, dass sich viele Anleger eher mit Aktien von Versorgern, Pharmakonzernen, Lebensmittelherstellern und sonstigen Unternehmen eindecken, die einen zuverlässigen Cashflow bieten.
Die meisten Analysten halten es für unwahrscheinlich, dass sich die Börsen der Alten Welt vor der zweiten Jahreshälfte 2009 erholen. Dennoch können risikohungrigere Anleger - die außerdem bereit sind, sich intensiv mit Bilanzen auseinander zu setzen - sogar bei konjunkturabhängigen Unternehmen wie etwa in der Produktion einige gute Werte finden. Die trüben Gewinnprognosen sind bereits in viele Aktienkurse eingeflossen. Außerdem, so Philip Isherwood, Chefstratege für europäische Aktien bei der Investmentbank Dresdner Kleinwort in London, werden die Manager mancher Unternehmen derzeit „realistischer“, korrigieren ihre Prognosen nach unten und ergreifen aggressivere Maßnahmen, um Kosten zu senken.
Solche Unternehmen dürften selbst in einem schlechten Wirtschaftsumfeld besser als ihre Konkurrenz abschneiden und sind für den nächsten Aufschwung gewappnet. Ein Beispiel: Stahlproduzent Arcelor-Mittal, der einem Zusammenbruch der Nachfrage von Automobilherstellern und anderen Großkunden ins Auge sieht. Er hat straffe Maßnahmen zur Kostensenkung angekündigt, darunter auch einen Plan zur Einsparung von 1 Milliarde Dollar durch Streichung von rund 9.000 Arbeitsplätzen. Mit seinem niedrigen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 2, basierend auf Prognosen für 2009, erscheint er nun auf der Kaufliste der Analysten.
Starke Marktstellung führt zu starken Cashflows
Unternehmen, die ihre Branchen beherrschen, können ebenfalls ein guter Tipp sein, da sie ihre Märkte nach dem Abschwung stärker im Griff haben. „In harten Zeiten sind Akteure, die stärker sind und investieren können, besser gestellt als die schwächeren Konkurrenten“, sagt Olli-Pekka Kallasvuo, Chief Executive Officer von Nokia. Der Nokia-Konzern, der 38 Prozent des globalen Handymarktes hält, hat seine Umsatzprognose für 2008 zweimal nach unten korrigiert, weist jedoch solide Bilanzen auf und hat im Laufe des dritten Quartals einen Cashflow im Wert von über 1,6 Milliarden Dollar generiert. Mit Aktien, die im diesjährigen Chaos an den Märkten zwei Drittel ihres Wertes eingebüßt haben, scheint Nokia ein guter Kauf zu sein, glauben die Manager.
Auch Währungsschwankungen könnten einige Gewinner hervorbringen. Die Aktien des Luxusgüterriesen LVMH Moët Hennessy Louis Vuitton sind seit September um rund 30 Prozent eingebrochen, da wichtige Märkte wie Russland und China ins Straucheln gerieten. Obgleich das Umsatzwachstum von LVMH im Jahre 2009 nur rund 3 Prozent betragen wird, werden nach Aussage der HSBC die Gewinne um 6 Prozent zulegen, da LVMH etwa die Hälfte seiner Umsätze in Dollar und Yen verbucht, die gegenüber dem Euro stark gestiegen sind.
Trotz der guten Chancen auf schnell verdientes Geld ist Geduld ein Muss. Das European Equities Team von Morgan Stanley prognostiziert für das kommende Jahr einen Rückgang der Unternehmensgewinne um 33 Prozent, nachdem diese 2008 um 14 Prozent eingebrochen waren. Es rät seinen Kunden, ihre Liquiditätslage zu stärken und bevorzugt defensive Aktien zu kaufen, mit einigen sorgfältig ausgewählten zyklischen Werten „on top“.
Matlack ist Leiterin des Pariser Büros der BusinessWeek.
Text: BusinessWeek Online
Bildmaterial: FAZ.NET, REUTERS