Der Aufstieg von Scout24: Kleine Größe, große Wirkung
Heute den 22. September 2025, ist es so weit: Die Scout24 SE, Betreiberin der Plattform Immoscout24, wird offizieller Bestandteil des deutschen Leitindex DAX. Damit verdrängt das Unternehmen mit einem Börsenwert von rund 8,4 Milliarden Euro und einem Jahresumsatz von knapp 570 Millionen Euro sogar Traditionsmarken wie Porsche SE aus dem Index. Jedoch nicht etwa durch schiere Größe, sondern durch hohe Profitabilität, Wachstumsdynamik und nahezu vollständigen Streubesitz der Aktien.
Mit einem Kursplus von über 50 % binnen zwölf Monaten und einem EBITDA-Anteil von 61,5 % im Geschäftsjahr 2024 zählt Scout24 (Scout24 Aktie) zu den effizientesten Digitalunternehmen Deutschlands. Der Fokus auf das Immobiliensegment, strategisch begleitete Akquisitionen und der Ausbau datengetriebener Services stützen das operative Wachstum.
Bilanz des ersten Halbjahres 2025: Starkes Wachstum und angehobene Prognose
Scout24 konnte im ersten Halbjahr 2025 ein Umsatzwachstum von 15,5 % auf 318,2 Mio. Euro verzeichnen. Der Nettogewinn legte um mehr als 20 % auf 89 Mio. Euro zu. Entsprechend hat das Unternehmen seine Jahresprognose angehoben: Für das Gesamtjahr erwartet das Management nun ein Umsatzplus von 14–15 % (bisher: 12–14 %) und eine Steigerung der EBITDA-Marge um 0,7 Prozentpunkte.
Analysten rechnen laut Bloomberg mit einem Jahresnettogewinn von 216 Mio. Euro, was ein Zuwachs von knapp 35 % gegenüber 2024 entspricht. Damit wird Scout24 zur Ausnahmeerscheinung im digitalen Plattformgeschäft: Hohe Skalierbarkeit, geringe Kapitalbindung und ein krisenresistentes Geschäftsmodell verschaffen dem Unternehmen operative Stabilität.
Stabiles Geschäftsmodell: Abonnements als Umsatzanker
Ein Erfolgsfaktor liegt im auf Abonnements basierenden Erlösmodell. Während das transaktionsabhängige Geschäft (z. B. Immobilienverkäufe) durch hohe Zinsen gebremst wird, sorgt das abonnementgestützte Angebot für stabile Einnahmen. 73 % der Umsätze stammen aus gewerblichen Kunden, etwa Maklerbüros, die Inserate und Zusatzleistungen wie Premium-Platzierungen abonnieren. Auch private Kunden nutzen zunehmend kostenpflichtige Angebote, beispielsweise um frühzeitig Zugang zu neuen Inseraten zu erhalten.
Die wiederkehrenden Umsätze aus Abo-Modellen stellen besonders in konjunkturell unsicheren Zeiten eine wertvolle kalkulierbare Grundlage dar. Gleichzeitig ermöglicht die hohe Marktabdeckung Skaleneffekte, die sich in der außergewöhnlich hohen Nettogewinnmarge von über 30 % niederschlagen.
Marktmacht in Deutschland: Immoscout vor Immowelt und Kleinanzeigen.de
In Deutschland dominiert Scout24 den Online-Immobilienmarkt deutlich. Laut einer Auswertung von Similarweb hatte Immoscout24 zwischen Juni und August 2025 monatlich 11,2 Millionen Unique Visitors. Das sind mehr als doppelt so viele wie bei Immowelt mit 4,5 Millionen. Auch Kleinanzeigen.de, das durch kostenlose Inserate in der privaten Vermietung punktet, hat bislang keine signifikante Gefahr für die Marktführerschaft darstellen können.
Analysten wie Alexander Zienkowicz (MWB-Research) sehen die Eintrittsbarrieren für Wettbewerber als hoch an: „Größe, Netzwerkeffekte und proprietäre Daten sichern die Stellung von Immoscout nachhaltig ab.“
Profitables Kerngeschäft durch technologische Fokussierung
Ralf Weitz, seit März 2025 CEO von Scout24, kennt das Unternehmen aus langjähriger Führungsperspektive. Als früherer Chief Product & Technology Officer trieb er maßgeblich die digitale Transformation voran. Die Konzentration auf das Immobiliensegment seit der Trennung von Autoscout24 und Financescout24 im Jahr 2020 erweist sich rückblickend als richtig.
Das aktuelle Motto „Raising the Bar“ unterstreicht den Anspruch, nicht nur Marktführer zu bleiben, sondern auch technologisch Maßstäbe zu setzen. Ein Schwerpunkt liegt dabei auf Künstlicher Intelligenz (KI): Sie wird genutzt, um Inhalte zu personalisieren, Inserate zu optimieren und gewerblichen Kunden Tools wie automatische Video- und Bildbearbeitung zu bieten.
Internationalisierung durch Zukäufe: Spanien im Fokus
Der jüngste Expansionsschritt führt Scout24 nach Spanien: Für rund 153 Mio. Euro übernimmt das Unternehmen die Plattformen Fotocasa und Habitaclia vom Finanzinvestor EQT. Beide Marken bleiben bestehen und sollen 2025 rund 60 Mio. Euro Umsatz sowie ein EBITDA von etwa 11 Mio. Euro erzielen. Zusammen zählen sie rund 8 Millionen aktive Nutzer monatlich und rund 14.000 gewerbliche Kunden.
Die Finanzierung erfolgt aus Barmitteln und bestehenden Kreditlinien – ohne Auswirkungen auf das laufende Aktienrückkaufprogramm. Die Transaktion bedarf noch der regulatorischen Zustimmung, der Abschluss wird innerhalb der nächsten sechs Monate erwartet.
Daten als strategisches Asset: Akquisition von Bulwiengesa und Neubau Kompass
Zwei weitere Übernahmen stärken das technologische Rückgrat des Unternehmens: Mit Bulwiengesa AG und Neubau Kompass AG sichert sich Scout24 nicht nur Know-how, sondern auch wertvolle Immobiliendaten. Besonders Bulwiengesa, Betreiber der renommierten Riwis-Datenbank mit Datensätzen seit 1990, bringt einen strategischen Vorteil für die KI-gestützte Plattformentwicklung.
Diese Datenbasis soll den Wandel von einer klassischen Anzeigenplattform hin zu einem vernetzten Immobilien-Ökosystem beschleunigen was ein zentrales Ziel von CEO Weitz ist.
Internationale Wettbewerbsanalyse: Zwischen Hemnet und Zillow
Im Vergleich zu internationalen Wettbewerbern bewegt sich Scout24 auf Augenhöhe mit Plattformen wie Hemnet (Schweden) und der REA Group (Australien). Operativ ist die EBITDA-Marge wettbewerbsfähig, wenngleich beim Nettogewinn noch Potenzial besteht. Der US-Anbieter Zillow fiel 2024 durch Sonderbelastungen negativ auf. Die ist ein Ausreißer im sonst profitablen Umfeld der digitalen Immobilienvermittler.
Die klare Positionierung im Heimatmarkt, gezielte internationale Expansion sowie datenbasierte Wertschöpfung machen Scout24 zu einem der robustesten digitalen Geschäftsmodelle im DAX.
Fazit: Kleine Größe, starke Marge, klare Vision
Scout24 ist ein Paradebeispiel dafür, wie digitale Plattformmodelle auch mit vergleichsweise geringem Umsatz, dank hoher Margen, einem resilienten Geschäftsmodell und klarer strategischer Ausrichtung in die erste Börsenliga aufsteigen können. Die Rolle als führender Anbieter von Immobiliendaten in Deutschland wird durch KI-Anwendungen und Zukäufe weiter ausgebaut.
Mit der Aufnahme in den DAX erhält das Unternehmen nicht nur mehr Sichtbarkeit, sondern auch Zugang zu neuen Investorengruppen. Die starke Performance der Aktie mit Daten, Plattformtechnologie und Skaleneffekten als zentralen Treibern reflektiert das Vertrauen in die langfristige Wachstumsstrategie.