US- Präsident George W. Bush und sein demokratischer Herausforderer John Kerry sind nicht nur außenpolitisch unterschiedlicher Meinung. Auch die künftige Steuerung der heimischen Wirtschaft – von der noch immer ein erheblicher Teil der gesamten Weltwirtschaft abhängt – ist im Wahljahr 2004 zur Gretchenfrage geworden.
Der Amtsinhaber setzt auf eine Verlängerung von Steuersenkungs- und Rückerstattungsprogrammen. Nur auf diese Weise könne sich die US-Wirtschaft weiter erholen und zu dem kontinuierlichen Wachstum früherer Jahre zurückfinden. Zudem, so Bush, sollen die nicht langfristig festgelegten gesetzlichen Ausgaben auf maximal vier Prozent begrenzt werden, um so das Defizit bis 2008 zu halbieren.
Herausforderer Kerry will die von Bush initiierte Senkung der Steuer auf Einkommen über 200 000 Dollar/Jahr aufheben, Schlupflöcher schließen und das Führen ausländischer Konten verbieten. Dadurch hofft er seinerseits, das Haushaltsdefizit bis 2008 zu halbieren. Ferner will er versuchen, das weitere Abwandern amerikanischer Firmen ins Ausland und so den „Export" von Arbeitsplätzen zu verhindern.
Wachstumsfaktor Private Konsumausgaben
Während die Kontrahenten um die bessere fiskalische Wirtschaftssteuerung konkurrieren, ist die US-Konjunktur bereits in der Stabilisierung begriffen. Schon im vergangenen Jahr bewirkten die Nachfrage nach Rüstungs- und Investitionsgütern sowie der private Wohnungsbau Wachstumsraten zwischen drei und vier Prozent. Vor allem ein Faktor ist in den USA aber immer wieder entscheidend für das Überwinden einer Rezession: die privaten Konsumausgaben.
„Die Verschuldungsrate der amerikanischen Haushalte mit durchschnittlich über 100 Prozent des verfügbaren Jahres-Nettohaushaltseinkommens ist in der Tat sehr hoch“, erklärt Raiffeisen Investment-Experte Helge Rechberger. „Auch das Leistungsbilanzdefizit hat im ersten Quartal mit 145 Mrd. Dollar oder 5,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein Rekordniveau erreicht. Dennoch, so Rechberger, sei diese Entwicklung eher historisch bedingt und in den USA so selbstverständlich wie hierzulande die hohe Sparrate. Deshalb führe dies auch nicht direkt zu Problemen.
Deutlich skeptischer sind Experten angesichts der Preisentwicklung. Ihrer Meinung nach ist die jüngste Inflationsentwicklung in den USA kein Strohfeuer und auch nicht ausschließlich von den hohen Ölpreisen getrieben. Vielmehr seien die Preissteigerungs-Tendenzen auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt zurückzuführen. Die gestiegene Beschäftigung und die damit einhergehend steigenden Lohnstückkosten schlügen sich in den gestiegenen Produzentenpreisen nieder. Diese wiederum würden dann in zunehmendem Maße an die Verbraucher weiter gegeben.
Keine Alternative zu einer Zinserhöhung
Im Mai lag die Teuerungsrate im Jahresvergleich bei 5,5 Prozent. Auch ohne die Ölpreis getriebene Inflation ergibt sich noch immer eine Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel) von 3,3 Prozent. „Deshalb konnte es auch keine Diskussionen darüber geben, ob die Fed die Leitzinsen senkt, sondern nur darüber, in welchem Umfang sie das tut“.
Die Fed selbst geht davon aus, dass der Anstieg der Inflation „vom unerklärlich niedrigen Niveau im vergangenen Jahr“, 2004 zu einem großen Teil von den gestiegenen Rohstoffpreisen und dem schwachen Dollar verursacht wurde. Schließlich sei der jüngste Aufschwung in den USA größtenteils durch den privaten Konsum getragen. Dieser sei wiederum nur durch das niedrige Zinsniveau möglich gewesen (Trotz der wirtschaftlichen Krise konnten private Haushalten etwa ihre Hypotheken-Kredite bei niedrigen Zinsen umschulden und den Konsum so auf hohem Niveau aufrecht erhalten). Eine rasche Zinsanhebung in großen Schritten, so die Fed, würde den Konjunkturmotor Konsum abrupt abwürgen.
Deshalb versucht die Notenbank, die Leitzinsen langsam und in kleinen Schritten anzuheben. Denn: Zwischen Februar 1994 und Februar 1995 hatte die Fed die Zinsen in sieben Schritten von drei auf 5,5 Prozent angehoben. Die Preissteigerung war zwar gebannt, doch der Aktienmarkt brach um über zwei Prozent ein und erholte sich monatelang nicht. Damals handelte sich Notenbank-Präsident Alan Greenspan den Vorwurf einer „Inflations-Paranoia“ ein; tatsächlich hatte die Situation am Aktienmarkt gravierende wirtschaftliche Auswirkungen.
"USA schaffen die Balance..."
Gefahren für das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft sehen die meisten Experten nicht. „Ich gehe davon aus, dass die USA im kommenden Jahr wieder eine Balance zwischen Konsum und Defizitabbau erreichen wird. Mit einer Wachstumsrate für 2004 von 4,6 Prozent sind die Vorzeichen dafür gut". Ein BIP-Plus von 4,6 Prozent würde zugleich das stärkste Wachstum seit 20 Jahren bedeuten. Deshalb sind viele Analysten auch nicht ganz überzeugt von den offiziellen Äußerungen der Fed. Sie unterstellen der Notenbank, dass sie sehr wohl kurzfristig weitere Zinsschritte einleiten wird, die Aktienmärkte darüber aber möglichst im Unklaren lassen will.
Auch der Geldmarkt habe bereits Zinsanhebungen von 125 Basispunkten bis zum Jahresende eingepreist. Ein Effekt, der den US-Dollar trotz des weiter gestiegenen Leistungsbilanzdefizits auf dem Niveau von knapp über 1,20 zum Euro hält. Ein Niveau, mit dem die USA derzeit sehr gut leben können. Helfe dies doch, das Rekord-Leistungsbilanzdefizit abzubauen.
Bedeutung für Investoren
"Der Anleger wird sich in diesem Umfeld vor allem auf sinkende Anleihenkurse einstellen müssen". Renditeanstiege sind - aufgrund des reziproken Zusammenhangs mit dem Preis von Anleihen - mit Kursverlusten verbunden. Je länger die Laufzeit einer Anleihe, desto höher ist der Kursverlust bei einem gegebenen Renditeanstieg. Ein Renditeanstieg von 20 Basispunkten innerhalb eines Tages verursacht bei der aktuellen zehnjährigen Benchmarkanleihe eine Wertminderung von etwa 1,6%, der Kursverlust der zweijährigen beträgt dagegen unter 0,4%.
Somit sei insbesondere bei Anleihen mit längerer Laufzeit mit spürbaren Kursverlusten zu rechnen. Der Anleger werde sich überlegen müssen, ob er diese langfristig "aussitzen" oder vorübergehend vermehrt in andere Veranlagungsklassen (Geldmarkt, Aktien) umschichten wolle.
xpfuture
Der Amtsinhaber setzt auf eine Verlängerung von Steuersenkungs- und Rückerstattungsprogrammen. Nur auf diese Weise könne sich die US-Wirtschaft weiter erholen und zu dem kontinuierlichen Wachstum früherer Jahre zurückfinden. Zudem, so Bush, sollen die nicht langfristig festgelegten gesetzlichen Ausgaben auf maximal vier Prozent begrenzt werden, um so das Defizit bis 2008 zu halbieren.
Herausforderer Kerry will die von Bush initiierte Senkung der Steuer auf Einkommen über 200 000 Dollar/Jahr aufheben, Schlupflöcher schließen und das Führen ausländischer Konten verbieten. Dadurch hofft er seinerseits, das Haushaltsdefizit bis 2008 zu halbieren. Ferner will er versuchen, das weitere Abwandern amerikanischer Firmen ins Ausland und so den „Export" von Arbeitsplätzen zu verhindern.
Wachstumsfaktor Private Konsumausgaben
Während die Kontrahenten um die bessere fiskalische Wirtschaftssteuerung konkurrieren, ist die US-Konjunktur bereits in der Stabilisierung begriffen. Schon im vergangenen Jahr bewirkten die Nachfrage nach Rüstungs- und Investitionsgütern sowie der private Wohnungsbau Wachstumsraten zwischen drei und vier Prozent. Vor allem ein Faktor ist in den USA aber immer wieder entscheidend für das Überwinden einer Rezession: die privaten Konsumausgaben.
„Die Verschuldungsrate der amerikanischen Haushalte mit durchschnittlich über 100 Prozent des verfügbaren Jahres-Nettohaushaltseinkommens ist in der Tat sehr hoch“, erklärt Raiffeisen Investment-Experte Helge Rechberger. „Auch das Leistungsbilanzdefizit hat im ersten Quartal mit 145 Mrd. Dollar oder 5,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts ein Rekordniveau erreicht. Dennoch, so Rechberger, sei diese Entwicklung eher historisch bedingt und in den USA so selbstverständlich wie hierzulande die hohe Sparrate. Deshalb führe dies auch nicht direkt zu Problemen.
Deutlich skeptischer sind Experten angesichts der Preisentwicklung. Ihrer Meinung nach ist die jüngste Inflationsentwicklung in den USA kein Strohfeuer und auch nicht ausschließlich von den hohen Ölpreisen getrieben. Vielmehr seien die Preissteigerungs-Tendenzen auf die Entwicklung am Arbeitsmarkt zurückzuführen. Die gestiegene Beschäftigung und die damit einhergehend steigenden Lohnstückkosten schlügen sich in den gestiegenen Produzentenpreisen nieder. Diese wiederum würden dann in zunehmendem Maße an die Verbraucher weiter gegeben.
Keine Alternative zu einer Zinserhöhung
Im Mai lag die Teuerungsrate im Jahresvergleich bei 5,5 Prozent. Auch ohne die Ölpreis getriebene Inflation ergibt sich noch immer eine Kernrate (ohne Energie und Lebensmittel) von 3,3 Prozent. „Deshalb konnte es auch keine Diskussionen darüber geben, ob die Fed die Leitzinsen senkt, sondern nur darüber, in welchem Umfang sie das tut“.
Die Fed selbst geht davon aus, dass der Anstieg der Inflation „vom unerklärlich niedrigen Niveau im vergangenen Jahr“, 2004 zu einem großen Teil von den gestiegenen Rohstoffpreisen und dem schwachen Dollar verursacht wurde. Schließlich sei der jüngste Aufschwung in den USA größtenteils durch den privaten Konsum getragen. Dieser sei wiederum nur durch das niedrige Zinsniveau möglich gewesen (Trotz der wirtschaftlichen Krise konnten private Haushalten etwa ihre Hypotheken-Kredite bei niedrigen Zinsen umschulden und den Konsum so auf hohem Niveau aufrecht erhalten). Eine rasche Zinsanhebung in großen Schritten, so die Fed, würde den Konjunkturmotor Konsum abrupt abwürgen.
Deshalb versucht die Notenbank, die Leitzinsen langsam und in kleinen Schritten anzuheben. Denn: Zwischen Februar 1994 und Februar 1995 hatte die Fed die Zinsen in sieben Schritten von drei auf 5,5 Prozent angehoben. Die Preissteigerung war zwar gebannt, doch der Aktienmarkt brach um über zwei Prozent ein und erholte sich monatelang nicht. Damals handelte sich Notenbank-Präsident Alan Greenspan den Vorwurf einer „Inflations-Paranoia“ ein; tatsächlich hatte die Situation am Aktienmarkt gravierende wirtschaftliche Auswirkungen.
"USA schaffen die Balance..."
Gefahren für das Wachstum der amerikanischen Wirtschaft sehen die meisten Experten nicht. „Ich gehe davon aus, dass die USA im kommenden Jahr wieder eine Balance zwischen Konsum und Defizitabbau erreichen wird. Mit einer Wachstumsrate für 2004 von 4,6 Prozent sind die Vorzeichen dafür gut". Ein BIP-Plus von 4,6 Prozent würde zugleich das stärkste Wachstum seit 20 Jahren bedeuten. Deshalb sind viele Analysten auch nicht ganz überzeugt von den offiziellen Äußerungen der Fed. Sie unterstellen der Notenbank, dass sie sehr wohl kurzfristig weitere Zinsschritte einleiten wird, die Aktienmärkte darüber aber möglichst im Unklaren lassen will.
Auch der Geldmarkt habe bereits Zinsanhebungen von 125 Basispunkten bis zum Jahresende eingepreist. Ein Effekt, der den US-Dollar trotz des weiter gestiegenen Leistungsbilanzdefizits auf dem Niveau von knapp über 1,20 zum Euro hält. Ein Niveau, mit dem die USA derzeit sehr gut leben können. Helfe dies doch, das Rekord-Leistungsbilanzdefizit abzubauen.
Bedeutung für Investoren
"Der Anleger wird sich in diesem Umfeld vor allem auf sinkende Anleihenkurse einstellen müssen". Renditeanstiege sind - aufgrund des reziproken Zusammenhangs mit dem Preis von Anleihen - mit Kursverlusten verbunden. Je länger die Laufzeit einer Anleihe, desto höher ist der Kursverlust bei einem gegebenen Renditeanstieg. Ein Renditeanstieg von 20 Basispunkten innerhalb eines Tages verursacht bei der aktuellen zehnjährigen Benchmarkanleihe eine Wertminderung von etwa 1,6%, der Kursverlust der zweijährigen beträgt dagegen unter 0,4%.
Somit sei insbesondere bei Anleihen mit längerer Laufzeit mit spürbaren Kursverlusten zu rechnen. Der Anleger werde sich überlegen müssen, ob er diese langfristig "aussitzen" oder vorübergehend vermehrt in andere Veranlagungsklassen (Geldmarkt, Aktien) umschichten wolle.
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