WOCHENAUSBLICK: Gelassenheit trotz Anschlägen - Experte sieht DAX gestärkt
FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Schock nach den Anschlägen in London dürfte in der neuen Handelswoche an den Börsen kaum mehr zu spüren sein. Zum Wochenende blieben die Folgen an den Märkten kurz und begrenzt. Zwar hatte der DAX am Donnerstag, dem Tag der Anschläge, um bis zu vier Prozent nachgegeben, erholte sich aber im weiteren Tagesverlauf deutlich. Bereits am Freitag glich der deutsche Leitindex die Verluste beinahe aus.
"Die Situation ist nicht vergleichbar mit den Anschlägen von Madrid im März 2004", erklärten die Marktexperten der Commerzbank mit Blick auf den letzten, vergleichbar schweren Terrorakt in Europa. Damals war der DAX innerhalb von zehn Handelstagen um acht Prozent gefallen und brauchte anschließend acht Tage, um die Verluste wieder aufzuholen.
DAX NACH 'EXTERNEM SCHOCK' CHARTTECHNISCH GESTÄRKT
Mehrere Faktoren stützen derzeit die Stimmung. Das fundamentale Umfeld der Börsen bleibt intakt, Gewinnwarnungen sind die Ausnahme und positive Überraschungen bei Unternehmenszahlen werden zahlreicher. Am Donnerstag half zudem eine besonnene Reaktion der Wall Street, wo die Kurse gegen Sitzungsende sogar leicht im Plus lagen.
Chartanalyst Volker Bien von HVB Equity Research lobte überdies durch das schwere Fahrwasser gestärkte Unterstützungslinien: "Die technischen Marken wurden in einem volatilen Umfeld bestätigt", hieß es in seiner Studie. Das habe der Donnerstagshandel mit seinen hohen Umsätzen hervorgebracht. "So makaber es klingen mag - dieser externe Schock hatte auch eine gewisse technische Bereinigungsfunktion."
Marktstratege Thorsten Gindera von der WestLB in Düsseldorf rechnete jedenfalls nicht mit steigender Terrorangst - ein Faktor, dessen alleinige Nennung vor einigen Monaten noch Kurseinbrüche ausgelöst hätte. "Wir gehen davon aus, dass nächste Woche ganz schnell andere Faktoren eine Rolle spielen werden", sagte Gindera. Er nannte die Vorstellung des CDU-Wahlkampfprogramms am Montag oder auch den unverändert hohen Ölpreis.
KEINE WICHTIGEN BILANZVORLAGEN
Von Seiten der Unternehmen bleibt die kommende Woche vergleichsweise ruhig. So legt die Deutsche Lufthansa am Montag ihre Juni-Verkehrszahlen vor. Am Mittwoch werden die Passagierzahlen des MDAX-Unternehmens Fraport veröffentlicht. Am Freitag präsentiert dann Südzucker die Zahlen zum ersten Quartal.
In den USA hatte die Berichtssaison für das dritte Quartal in der abgelaufenen Woche traditionell mit der Vorlage der Zahlen des Aluminiumherstellers Alcoa begonnen. An diesem Mittwoch veröffentlicht der Computerhersteller Apple seine Quartalszahlen. Am Freitag legt dann der weltgrößte Mischkonzern General Electric (GE) seine Quartalsbilanz vor. Von Bedeutung für die Devisenmärkte dürften die Konjunkturdaten aus den USA sein. Am Mittwoch kommt die Handelsbilanz für den Monat Mai zur Vorlage.
ÖLPREIS ALS ACHILLESFERSE DER AKTIENMÄRKTE
Stützend für die Aktienmärkte wirkt nach Einschätzung der Bankgesellschaft Berlin das Bild, das die jüngsten Konjunkturzahlen von der Weltwirtschaft zeichnen: "Nach dem Anstieg verschiedener Stimmungsindikatoren verzeichneten die Auftragseingänge im Mai einen beachtlichen Zuwachs. Die Gefahr, dass die wirtschaftliche Erholung vollends ins Stocken gerät - mit negativen Folgen für die Ertragsentwicklung - ist damit zumindest kleiner geworden", hieß es.
Allerdings erreichten die Ölpreise auch dank besserer Konjunkturzahlen einen neuen Rekordstand, so dass dieser Unsicherheitsfaktor wieder zugenommen hat. "Die Ölpreise bleiben die Achillesferse der Aktienmärkte", sagten die Berliner Experten./mnr/tw/sbi
--- Von Martin Reinert, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-AFX